
Die Fahrphysik hat Milestone leicht verbessert und so reagieren die Wagen etwas direkter auf die Lenkeingaben. Dadurch wirkt die Steuerung weniger schwammig und erlaubt präzisere Fahrmanöver. Insgesamt geht es auch hier wieder deutlich anspruchsvoller zu als in Codemasters‘ Dirt-Reihe. Trotzdem ist man von einer knallharten Simulation im Stil von Richard Burns Rally noch weit entfernt: Selbst wenn man sämtliche Hilfen wie die Automatik-Bremse oder Stabilitätskontrolle abschaltet, verfügen die Boliden noch über eine erstaunliche Traktion, was es relativ einfach macht, sie auf der Strecke zu halten und durch die Kurven zu dirigieren. Selbst auf nassen Pisten, wie etwa der Rallye in Großbritannien, merkt man im Gegensatz zu den verschiedenen Belägen wie Asphalt, Schotter und Eis kaum einen Unterschied zu trockenen Verhältnissen und hat die Fahrzeuge erstaunlich gut im Griff. Ein gefühlvoller Umgang mit dem Gaspedal ist meist gar nicht nötig, da das Heck eh kaum ausbricht. Trotzdem: Das Fahren mit den PS-Schleudern macht durch die verbesserte Steuerung durchaus Spaß und die Handbremsen-Drifts durch enge Haarnadelkurven gehen herrlich locker von der Hand. Allerdings ist die Rennerfahrung bei der Verwendung von Fanatecs CSR-Wheel enttäuschend: Trotz des Experimentierens mit Lenkrad- und Spieleinstellungen wollte sich auf der 360 nie ein echter Flow einstellen und das lasche Force Feedback konnte mir niemals ein Gefühl für das Grip-Niveau des Fahrzeugs vermitteln. Aber okay: Offiziell wird das Gerät von Milestone laut Angaben auf der Verpackung nicht unterstützt. Anders auf der PS3: Mit dem selben Lenkrad und identischen Einstellungen hinterlässt WRC 4 zwar keinen großartigen Eindruck, lässt sich aber immerhin gut steuern und erlaubt sogar eine 900-Grad-Lenkung; eine Option, die mir auf der 360 gar nicht erst angeboten wird.
Schadensmodell ohne gravierende Auswirkungen?

Sollte es einmal krachen und man nutzt nicht die eingeschränkte sowie optionale Rückspulfunktion, freut man sich auf den ersten Blick über ein vollwertiges Schadensmodell, das sich in drei Stufen einstellen lässt, aber erst in der höchsten WRC-Klasse halbwegs zur Geltung kommt. Hier kann schon die kleinste Berührung mit Hindernissen Folgen für den Zustand von Karosserie, Fahrwerk und den Motor haben. Aber leider spürt man die Auswirkungen kaum und man muss schon eine ganze Menge Mist bauen, bis der Motor beschädigt wird und die Leistung beeinträchtigt wird. Und obwohl praktisch alles in der Schadensanzeige schon rot aufblickte – Reifen inklusive – funktionierte die Lenkung noch einwandfrei. Zudem sind die Auswirkungen von Kollisionen nicht immer nachvollziehbar: Mal reicht ein leichtes Touchieren für eine Beschädigung aus, mal bleiben selbst heftige Einschläge ohne große Folgen. Immerhin: Selbst auf den recht guten, aber immer noch zu generischen Klang der Motoren wirken sich Schäden aus und es röhrt mitunter sehr ungesund aus den Lautsprechern. Allerdings werden viele potenzielle Unfälle alleine dadurch vermieden, weil man erneut sehr schnell (man könnte auch sagen vorschnell) automatisch auf die Strecke zurückgesetzt wird, falls man diese verlässt. Das kann sogar schon passieren, wenn man eine einladende Abkürzung nutzt, die auch jeder echte Rallye-Fahrer ohne Skrupel wahrnehmen würde.
Im Service-Bereich kümmert man sich nicht nur in der begrenzten Zeit um die Reparatur der Schäden, sondern schraubt auch am Setup des Boliden, das u.a. Einstellungen am Getriebe, dem Fahrwerk und der Lenkung erlaubt. Gab es im Vorgänger noch Setup-Vorschläge für jede Etappe, muss man hier selbst rumtüfteln und darf – je nach gewähltem Umfang der Rallye – erst nach zwei absolvierten Läufen wieder etwas am Auto verändern. Trotzdem werden auch hier Simulationsfetischisten die Nase rümpfen: Der Umfang an Einstellungen ist überschaubar und die Abstufungen wirken zu grob. Wer sich ein Schrauben bis ins kleinste Detail erhofft, ist hier falsch.