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Wraith: The Oblivion – Afterlife (Adventure) – Gespenstisches Schleich-Abenteuer

Es wird ernst für Fast Travel Games: Nach dem surrealen Apex Construct und dem innovativen Schleichspiel Budget Cuts 2 versucht sich der VR-Entwickler an einer bekannten Marke im Universum von „World of Darkness“. Wraith: The Oblivion – Afterlife soll das Blut in den Adern gefrieren lassen – und zwar nicht mit platten Geisterbahn-Schocks, sondern einer vereinnahmenden Geschichte und coolen Gespensterfähigkeiten. Wir sind durch den Test für Quest und Rift gegeistert.

© Fast Travel Games / Fast Travel Games

Finstere Vorahnung

Für das Review haben wir übrigens mit der Rift S und der Quest 2 gespielt, ältere Headsets wie die Quest 1 werden aber ebenfalls unterstützt. Vorwissen über Titel wie Vampire: The Masquerade oder Werewolf: The Apocalypse sind nicht nötig, da die Geschichte im „World of Darkness“-Universum weitgehend für sich alleine steht. In einem verlassenen Anwesen in den Hollywood Hills muss der Spieler als „Wraith“-Gespenst hinter das Geheimnis einer blutigen Séance gelangen – immer auf der Flucht vor den Spectre-Geistern aus einer Schattenwelt. Es handelt sich schließlich um einen Mix aus Adventure und Schleichspiel. Auch der eigene Tod gibt dem Protagonisten und Fotografen Ed Miller selbstverständlich Rätsel auf.

Was genau ist passiert, als bei der sogar vom Medium belächelten Séance plötzlich tatsächlich ein Monstrum über dem Tisch erschien? Wohin könnten seine Frau Rachel und andere Überlebenden geflüchtet sein? Was genau wollte der exzentrische aber gebrechliche Filmproduzent Howard Barclay erreichen und welche Rolle spielen dabei die Intrigen unter Teilnehmern wie dem geldgierigen Galeriebesitzer Tom Shepard?

Zurück in die Erinnerung

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Nach dem Séance-Unfall wird Protagonist Ed zum „Todesalb“ – so der deutsche Fachbegriff. Die professionell klingende Vertonung gibt es übrigens lediglich auf Englisch, auf Wunsch mit deutschen Untertiteln (Quest 2). © 4P/Screenshot

Meist wird all das leider nur in leicht animierten Rückblicken weitererzählt, die sich mit einer magischen Kamera auslösen lassen. Und doch haben die Entwickler eine unterhaltsame Erzählstruktur gefunden, bei der Eds abgespaltenes, finsteres Alter-Ego eine Erzähler-Rolle einnimmt und gelegentlich Hinweise auf die kommenden Aufgaben gibt. Seine hallende Stimme scheint förmlich aus allen Richtungen durch den eigenen Kopf zu zischen schafft schon zu Beginn eine angenehm düstere Grundstimmung. Auch andere räumliche Soundeffekte und plötzliche orchestrale Spitzen wurden hier genial abgemischt! Poltert in heiklen Momenten lieber nicht zu schnell über die knatschenden Bohlen, um keine unnötige Aufmerksamkeit auf euch zu ziehen. Quest- und Rift-S-Besitzer sollten also unbedingt mit Kopfhörern spielen! Das Design des verwinkelten Anwesen vermittelt ebenfalls meist eine dichte Atmosphäre. Zudem wirken die okkulten Statuen und elitären Spielchen rund um Macht und Vermögen nicht so abgegriffen wie manch andere Horror-Themen.

Nach und nach erfährt man neue Details und lernt als Gespenst frische Fähigkeiten. Meist schaffen die Autoren es, dabei das Interesse aufrecht zu erhalten. Zu Beginn kann die Fülle an Namen, Verflechtungen und Galerie-Einträge der herumspukenden Gespenster etwas zu viel werden – zumal man relativ lange nur mit Kamera und Blitzlicht bewaffnet durchs Anwesen streift, um Erinnerungen zu finden und überwucherte Durchgänge zu öffnen. Achtet also möglichst oft auf den magisch glühenden Arm. Dieser agiert ähnlich wie eine Wünschelrute, ohne so viel vorwegzunehmen wie ein moderner Open-World-Marker. Er hilft etwa bei der Wegfindung und schlägt auch bei anderen interessanten Objekten wie Lebens- oder Blitzgerät-Energie an.

Ab durch die Wand!


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Jetzt wird es höchste Zeit für eine Flucht oder ein Ablenkungsmanöver per Blitzlicht (Quest 2)! © 4P/Screenshot

Sobald Fähigkeiten wie das Durch-die-Wand schlüpfen an vorgegebenen Punkten oder das In-die-Luft-Hieven entfernter Objekte hinzukommen, gewinnt das Spiel angenehm an Tempo. Plötzlich fühlt man sich in seiner vernarbten und gruselig verzierten Haut deutlich mächtiger! Das heißt allerdings nicht, dass man zwischendurch nicht auch mal gehörig zusammenzuckt! Fast Travel Games verzichtet zwar bewusst auf billige Schreckmomente; die durch die Flügel des Anwesens spukenden Gespenster bringen ihr Opfer unterm VR-Headset jedoch trotzdem oft und gerne zum Schreien. Ob nun eine gescheiterte Schauspielerin mit Haltungsschäden oder ein blutüberströmter Geschäftspartner Barklays mit Basketballer-Statur: Sie alle dienen für gelegentliche Schleich-Einlagen in abgegrenzten Arealen im Stil von Alien: Isolation oder Jurassic World: Aftermath.

Die Klasse des berüchtigten Xenomorphen erreicht die Inszenierung hier zwar nicht. Die unberechenbare KI sorgt trotzdem immer wieder für willkommene Spannung – vor allem, wenn man kurz zuvor vergessen hat, sich am manuellen Speicherpunkt abzusichern. Kleine Ablenkungsmanöver mit dem Equipment oder herumliegenden Gegenständen ergänzen die Stealth-Ausflüge. Sie wirken insgesamt zwar nur solide, aber spürbar professioneller umgesetzt als z.B. die ungelenk inszenierten Bosskämpfe im ersten Budget Cuts. Im Gegenzug war in dieser Serie aber das Schlüpfen durch die Wand cooler umgesetzt, da man vor dem Beamen durch ein Portal spicken konnte.