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Wolfenstein 2: The New Colossus (Shooter) – Terror-Billy kämpft gegen das Regime

BJ Blazkowicz ist zurück – und wie! In seinem zweiten Abenteuer ballert und meuchelt sich der Albtraum des Regimes (deutsche Version) durch die besetzten Vereinigten Staaten. Neben furiosen Feuergefechten punktet Wolfenstein 2: The New Colossus mit charismatischen Charakteren und einer imposant inszenierten Geschichte voller Überraschungen und Emotionen. Machine Games und Bethesda gelingt ein toller Ego-Shooter, der nur auf den Einzelspieler-Modus mit Story setzt und weder mit Mikrotransaktionen, Beutekisten oder einem überflüssigen Multiplayer vollgestopft ist. Doch wo ist der Haken?

© Machine Games / Bethesda Softworks

Mach’s noch einmal Blazko

Mithilfe des Kommandopults auf der Hammerfaust können abgeschlossene Levels erneut besucht werden, die sich dann in leicht veränderter Form präsentieren (unterschiedliche Gegner, andere Lichtstimmung etc.). Dort kann BJ zusätzlich auf Kopfgeldjagd gehen und bestimmte Kommandanten ausschalten. Für diese Missionen benötigt man Enigma-Codes, die man bei getöteten Offizieren findet. Diese lassen sich mit der Enigma-Maschine in einem kleinen Minispiel decodieren. Diese Einsätze sind völlig optional sowie kaum abwechslungsreich, aber strecken natürlich die Spielzeit – nur der letzte Killauftrag ist etwas Besonderes.

Lässt man die optionalen Aufgaben beiseite und stürmt zügig die Levels, kann Wolfenstein 2: The New Colossus in sieben oder acht Stunden durchgespielt werden. Nimmt man sich Zeit, setzt auf unterschiedliche Vorgehensweisen, versucht höhere Schwierigkeitsgrade, lässt sich auf die Geschichte und die Charaktere ein, macht nicht nur stumpf die Storymissionen und spielt die Geschichte mit einem anderen Überlebenden (Fergus oder Wyatt) erneut, steigt die Spielzeit logischerweise enorm an. Zudem verpasst man einiges, wenn man nur der Hauptgeschichte folgt. Bei mir lag die Spielzeit auf dem vierten Schwierigkeitsgrad bei ungefähr 12 Stunden.

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Zwischen den Missionen verbringt man die Zeit an Bord der Hammerfaust. © 4P/Screenshot

Weite Schlauchigkeit

In Sachen Level-Design und Abwechslung hätte Machine Games noch eine Schippe drauflegen können, da man sehr häufig zwischen Beton und Metall unterwegs ist. Die meisten Levels können zudem ihren Schlauch-Charakter nicht verbergen, außer das detailliert zerstörte Manhattan. Da trotzdem mehrere Wege oder Vorgehensweisen ermöglicht werden und man somit einen „erweiterten“ Schlauch durchschreitet, ist dieses Manko zu verschmerzen. Allerdings können auch die Erkundungsareale ihre Schlauchigkeit nicht verbergen, wobei es in einem Atomschutzbunker, einem U-Boot, einer Forschungsanlage oder einem Flugschiff nun mal eng ist. Es fehlt aber an einem wirklich besonderen Schauplatz, wie es z.B. der Mond bei The New Order war. Lediglich der Panzerhundritt, der Raketenzug oder das fliegende Haus in The New Colossus sind ähnlich nachhaltig beeindruckend wie die Areale in der Radioaktivität bzw. Hitze. Wenig spektakulär sind die – zum Glück seltenen – Arenagefechte auf einer Hochhausspitze oder in einem Gerichtssaal, die mit unnötigen Spitzen beim Schwierigkeitsgrad garniert sind. Fans von Bosskämpfen werden bei Wolfenstein übrigens nicht auf ihre Kosten kommen.

Grafische Wucht

Optisch ist Wolfenstein 2: The New Colossus erste Sahne. Die grundlegende idTech 6 Engine punktet mit extrem starken Lichteffekten, die in Kombination mit dem volumetrischen Nebel sogar dafür sorgen können, dass man die Gegner vor lauter Nebel gar nicht mehr sieht.

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Ausführliche und lange Zwischensequenzen lockern die Action immer wieder auf. © 4P/Screenshot

Hinzu kommen beeindruckend aussehende Metalloberflächen und Rüstungen, sehr schicke Partikeleffekte beim Laserkraftwerk, tolle Tiefenschärfeeffekte, viele Details in Innenräumen und sogar die Bewegungsunschärfe stört kaum (dass ich das mal schreiben werde, hätte ich nie gedacht). Nur die Weitsicht über das eigentliche Level hinaus (Skybox und Co.) könnte etwas schicker ausfallen. Obgleich das Spiel auf dem PC mit NVIDIA-Grafikkarten aufgrund der Vulkan-API (nicht DirectX) leichte Macken hat, ließen Performance und Bildqualität auf einem Rechner mit GeForce GTX 1080 mit maximalen Grafikdetails praktisch keine Wünsche offen. Auf Konsolen läuft der Shooter fast durchgehend butterweich – zwischen 50 und 60 Bilder pro Sekunde (PS4: 1080p; PS4 Pro: 1440p; Xbox One: 810p).

Gut, aber mit Potenzial nach oben, gibt sich die Soundkulisse: Die musikalische Untermalung geht mit vielen dumpfen, metallenen Klängen beinahe mit den Umgebungsgeräuschen eine Symbiose ein und gibt sich sonst eher ungewöhnlich. Die Soundeffekte, gerade bei den Waffen, könnten etwas mehr Wumms vertragen und lassen sich räumlich nicht so verorten wie bei anderen Shootern.