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We Love Katamari (Geschicklichkeit) – We Love Katamari

Ende letzten Jahres ließ euch Namco mit einer kleinen Kugel auf die virtuelle Menschheit los: Eure Aufgabe war es, mit dem so genannten Katamari alles aufzurollen, was euch an Gegenständen und Lebewesen in den Weg kam. Der höchst eigenwillige Stil sowie das mutige, neuartige Konzept gewannen weltweit viele Anhänger, so dass dieser Tage ein Nachfolger ins Haus steht. Ein Pflichtkauf für Fans abgefahrener Ideen?

© Namco / Electronic Arts

Wiederholungsroller

Jeder einzelne Aspekt der Präsentation hat seinen eigenen Charme – sei es das überzogene Melodramatische der Zwischensequenzen, die wunderbar hanebüchenen Sprechblasen-Texte oder die alberne Story. Erinnert ihr euch? Im Vorgänger musstet ihr Katamaris rollen, um diese als Sterne in den Himmel zu schießen. Diesmal startet das Abenteuer ungleich banaler: Die Fans des König vom gesamten Kosmos’ (allesamt mit bescheidenem Intellekt gesegnet) fanden das erste Spiel einfach klasse und wollen deshalb noch mehr Sterne sehen. Punkt. Dass We Love Katamari damit ganz nebenbei eine

Breitseite auf den Fortsetzungswahn der Videospiel-Branche feuert, sorgt einmal mehr für ein breites Grinsen.

Weniger erfreulich werden Kenner des Erstlings allerdings registrieren, dass sich Teil zwei bis auf unbedeutende

Hier rollt ihr das Gerümpel im Klassenzimmer auf. Außerdem natürlich die Schüler. Und die Lehrer. Sowie den gesamten Rest des Gebäudes.

Details nicht von Katamari Damacy unterscheidet. Als ähnlich ernüchternd stellt sich heraus, dass sich die Levels schnell wiederholen: Schon nach wenigen Stunden seid ihr damit beschäftigt, erneut in einem bereits gesehenen Gebiet anzurollen. Von diesem Zeitpunkt an macht ihr nur noch sporadisch die Bekanntschaft mit frischen Ideen wie dem Ansammeln von Wolken oder einer Rennstrecke, auf der ihr mit Karacho

über die Piste fegt und sämtliche Kontrahenten überrollt. Einziger Trost: Die Katamaris werden beim zweiten und dritten Durchlauf meist größer als zuvor, so dass ihr buchstäblich eine neue Sicht auf das Szenario entwickelt.

Von fliegenden Walen…

Innerhalb der Levels weckt der verrückte Stil Erinnerungen an Playmobil-Zeiten: Kantige Formen und farblicher Einklang beherrschen das Bild und wenn ihr euch Lego-Figuren in Bewegung vorstellt, bekommt ihr einen guten Eindruck von den Animationen. Richtig skurril wird es in der von Keita Takahashi geschaffenen Welt aber erst, wenn apathisch zappelnde Menschen und Tiere am Katamari kleben und ihr fliegende Wale sowie Godzilla oder Dinosaurier aufrollt.

Ob das alles die PS2 ausreizt? Mit Sicherheit nicht. Der Stil ist dafür einzigartig und die Tatsache, dass eure Sicht mit größer werdender Kugel immer weiter in Richtung Stratosphäre rückt, so dass ihr später die ganze Welt einsehen könnt, entschädigt aber für die minimalistische Darstellung. Mich jedenfalls. Denn die Motivation packt längst nicht jeden: Jörg warf das Gamepad nach drei Minuten wieder aus der Hand, Mathias hat es immerhin auf ganze zwei Versuche ankommen lassen. Ihr tut gut daran, vor dem Kauf einen ausführlichen Blick auf We Love Katamari zu werfen!

Das „Tim Burton der Videospiele“

Aber wo liegt jetzt eigentlich der Reiz darin, in einem bewusst hässlichen Menü zu navigieren, schwachsinnige Texte zu lesen und immer wieder von klein auf eine Murmel zum Monsterball zu rollen? Tatsächlich ist es die Faszination am Absurden selbst, denn so sehr die Präsentation viele Spieler abstößt, so witzig empfinde ich die Parodie des Geschmacklosen und gleichzeitige Hommage an einfältige Designverbrechen. We Love Katamari

Einer der Höhepunkte ist die Märchenwelt von Hänsel und Gretel.

ist wie ein guter Tim Burton-Film: Skurril und trotzdem liebenswert. Liebenswert deshalb, weil das Spiel mit seinem naiven Charme Sympathien einheimst. Sei es das verträumte Trällern des Soundtracks, das Sammeln von Mohrrübe und Vollbart für meine Charaktere oder die erfrischende Idee des Aufrollens. Vor allem aber ist es das Letztere, was mich an den Monitor fesselt.

Im Grunde handelt es sich um nichts anderes als eine riesige Zerstörungsorgie mit alternativen Waffen. Statt eines dicken Bosses sorgt hier der Drang, große Kisten abzuschleppen, für Motivationsschübe. Später sind es Fahrräder, Elefanten, Autos, Häuser, Schiffe, Berge, Seeungeheuer – die Sammelwut wird wahrhaftig in höchste Höhen getrieben. Und spätestens, wenn ihr das Pfefferkuchenhaus samt Ofen und Hexe auseinander nehmt, nur um anschließend Hänsel und Gretel aufrollen zu können, wisst ihr eines ganz genau: Entweder liebt ihr Katamari oder ihr hasst es.