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Virtua Tennis 2009 (Sport) – Virtua Tennis 2009

Spiel, Satz und Sieg hieß es im März 2007 vor allem auf der Xbox 360: Das spannende Arcade-Tennis von Sega war nur auf Microsofts Konsole online spielbar und eroberte gleich Platin. Auf der PlayStation 3 reichte es offline immerhin für Gold, weil das Revival des Klassikers auch zu zweit an einem Bildschirm so richtig Laune machte. Jetzt schickt Entwickler Sumo Digital die nächste Generation auf den Platz. Können die Briten erneut begeistern?

© Sega / Sega

Schwache Präsentation

Jetzt die erste schlechte Nachricht: Für ein neues Spiel wirkt die Präsentation von Virtua Tennis veraltet. Ja, die Matches sehen immer noch gut aus: Egal ob Volley, Schmetterball oder Topspin – alles flüssig und natürlich; frustrierte Profis treten schon mal um sich, wenn sie einen Fehler machen oder recken die Faust in die Höhe. Außerdem kann man endlich bewegte Kameramännern und Fotografen sehen. Aber grafisch und vor allem akustisch war mehr drin!



Der Centrecourt zeigt sich zwar auf den ersten Blick etwas verschönert, zumal selbst Wolkenschatten in Wimbledon über den Rasen wandern. Aber auf den zweiten Blick gibt es noch zu viele Schönheitsfehler für ein Spiel, das mehr als eine Erweiterung sein will: Die Profis wirken viel zu wachsig, die Schweißbildung hinkt aktuellen Sportspielen hinterher, die Balljungen sind scheinbar alle geklont, in Paris weht kaum Staub auf dem Sandplatz und so mancher architektonische Hintergrund wurde nur lieblos texturiert.

Auch die hektischen Kamerafahrten ohne manuelle Zeitlupenfunktion schwächen die Präsentation. Hinzu kommt die dilettantische akustische Seite: Mal abgesehen davon, dass die (abschaltbare) Musik mal wieder aus einem Fahrstuhlstudio kommt und dass der deutsche Sprecher schon im Hauptmenü (aber dann ist er ja ruhig) für Aggressionen sorgt, enttäuscht das Publikum auf ganzer Linie. Und das, obwohl Sumo Digital die künstlich hallenden Schlaggeräusche des Vorgängers gegen sanfte Aufprallsounds eingetauscht und mit dem Fokus auf eine Steigerung des Raunens theoretisch den richtigen Weg eingeschlagen hat. Das ist auch alles hörbar. Man hat jedoch nie das Gefühl, dass sich die Spannung eines Spiels bei einem heißen Ballwechsel wirklich dynamisch auf die Fans überträgt. Es ist eher so, als würde willkürlich irgendwann mal ein Raunen durch die Menge gehen oder irgendwo anders Begeisterung aufkommen – hier hat Sumo Digital viel an Atmosphäre verschenkt. Und wer hat denn bitte die lächerlichen männlichen (!) Profigeräusche aufgenommen, die wie eine gestöhnte Vokalleiter der Marke Aaah-Uuuhh-Oohh erschallen?

Schwache Karriere

Jetzt die zweite schlechte Nachricht: Die Karriere ist strunzlangweilig – vor allem Kenner des Vorgängers werden beim Aufstieg von Platz 100 einschlafen. Nicht nur, weil die Computergegner zu Beginn wirklich so grottenschlecht sind, dass man
Auch Frauen sind dabei – nur mit den Partikeleffekten hat man gegeizt: Warum sieht man kaum Staub auf Sandplätzen?
nicht mal seine Ausrüstung oder Technik verbessern muss, um sie zu besiegen, sondern weil das Spielprinzip der Welt-Tour trotz hübscherer Globusansicht einfach nicht mehr zieht. Ja, es gibt fünf neue Minispiele. Ja, es gibt einen erweiterten Editor inkl. Gesichtsbehaarungswahl, Haltung und Statur. Ja, man verbessert seinen Jungstar. Und ja, es gibt über 800 Objekte von der Shorts bis zur Mütze.

Aber all das wirkt so schrecklich altbacken und steril! Warum kann Sumo Digital nicht mal eine Karriere anbieten, die lebendiger, emotionaler und persönlicher ist? Mit Zeitungsinterviews, mit Rivalen, mit Trainer, mit Manager. Seit Jahren wird derselbe bunte, aber letztlich seelenlose Kram aufgetischt. Wen sollen denn Kanonenkugeln in Minispielen vom Hocker hauen? Warum jubelt ein Publikum lauthals nach einem unwichtigen Match auf einem Trainingsplatz, obwohl es auch gar nicht anwesend ist? Und wieso stehen eigentlich zwei Kameramänner samt Fotograf bei einem schnöden Training in der Karriere auf dem Platz?

Lichtblick: Schulterkamera

Es fehlt der Präsentation an einer leichten Steigerung der Spannung und Inszenierung – also an Dramaturgie. Das geht vielen Sportspielen ähnlich, man denke aktuell an UFC 2009, aber das ist keine Entschuldigung. Immerhin wirken sich auch hier zu viele Trainingsspiele und Turniere auf die Kondition aus, die man per Urlaub oder Drink auffrischen muss. Außerdem kann man seinen Spielstil an der Akademie verbessern bzw. erweitern, wenn man Aufträge zu einzelnen Schlagvarianten erfüllt. Das Problem ist nur: So unterschiedlich fühlen sich die Profis nicht an, selbst wenn sie „Allrounder“, „Big Hitter“ oder „Fast Runner“ sind. Man spürt da eher Feinheiten als taktisch wirkungsvolle Merkmale.

Die Jubelgesten wurden aufgestockt, aber der Karriere fehlt es an Dramaturgie und Spannung.

Der einzige wirkliche Fortschritt, der für mehr Mittendringefühl in der Karriere sorgt, ist die Schulterkamera, die sich tief auf den Platz senkt und sogar eine leicht wackelnde Sicht auf den Platz zeigt – das ist wirklich gelungen! Hier fühlt man sich nah dran am Geschehen und kann das Gras fast reichen. Aber bis man in der Karriere die ersten ernst zu nehmenden Gegner trifft, vergehen auch so Stunden der Langeweile und Monotonie der Marke 2:0, 2:0, 2:0. Dabei steigert sich die KI ja durchaus und wer als Kenner der Serie gefordert werden will, der sollte mal in Schaukämpfen oder Turnieren den Schwierigkeitsgrad auf die höchste Stufe stellen – da sieht man kaum noch Land und wird richtig gefordert. Oder spielt mal gegen den freigeschalteten Boris Becker

Alte und neue Stars

Wen trifft man überhaupt in den Matches und wen kann man spielen? Wir haben zwar zunächst nur 360- und PS3-Version getestet, aber man wird auch auf PC und Wii neue männliche und weibliche Profis wie Ana Ivanovic finden. Im etwa 20 Spieler starken Kader befinden sich natürlich die Spitzenreiter der jeweiligen Weltrangliste wie Nadal oder Federer sowie klassische Größen der Marke Venus Williams oder Maria Sharapova. Neu dabei sind u.a. der Brite Murray sowie die beiden Serben Djokovic und seine Kollegin Ivanovic. Die Fragezeichen im Menü deuten zudem auf ein halbes Dutzend freispielbarer Charaktere, darunter auch „Legenden“ wie Edberg oder Becker – unterm Strich wird man so auf acht neue Spieler kommen.