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TrackMania (2010) (Rennspiel) – TrackMania (2010)

Zu Zeiten der industriellen Evolution galt Glasgow als der Ruhrpott Schottlands. Obwohl ein Großteil der Schwerindustrie schon vor langer Zeit verschwand, gibt es immer noch Dinge, die an den Geist der einstigen Arbeiterstadt erinnern: Zum Beispiel die kunstvoll verzierten Fabriken, die noch heute in der Stadt zu besichtigen sind – oder der Entwickler Firebrand. Das kleines Team produziert wie am Fließband Rennspiele für den DS. Nach zwei Trackmania-Ablegern wagen sie sich jetzt an ihr erstes Spiel für eine stationäre Konsole.

© Firebrand Games / Focus Home Interactive / dtp Entertainment

Qualitätsware vom Fließband

Auch ein nationales Klischee bedienen die Entwickler von der Insel, nämlich das des sparsamen Schotten. Die hauseigene Engine „Octane“ erwies sich als äußerst ressourcenschonend – sowohl was die Hardware-Ausnutzung der schwachen Handheld-Technik als auch den Arbeitsaufwand betrifft.

Der Klassiker: Im Stadion warten wie immer jede Menge Rampen, Loopings und Steilkurven darauf, bezwungen zu werden.

Ein Blick in die Anleitung verrät, dass das eingespielte DS-Team auch hinter der Wii-Version von Trackmania steckt; zusätzlich sind aber ein paar neue Namen dazu gekommen. Ein Teil der mittlerweile 40 Mitarbeiter arbeitet im neuen »USA-Studio« in Kalifornien.

Wie zu erwarten, orientiert sich das Wii-Debut eher an den überschaubaren DS-Teilen und nicht am Umfang-Monster vom PC mit seiner gelungenen Community-Einbindung. Serienkenner bekommen hier bei weitem kein vollständiges Trackmania für ihre Wii. Was Firemint aber sehr wohl übertragen hat, ist die spielerische Grundformel der Serie, denn die dreht sich nach wie vor um unkomplizierten Arcade-Spaß mit halsbrecherischen Stunts und einem Streckeneditor.

Höhenkoller

Wie gehabt heize ich in einer Hand voll Umgebungen durch Loopings, Steilkurven und über idyllische Feldwege. Das berühmteste Szenario ist das Stadion. Hier erwarten mich die abenteurlichsten Konstruktionen des Spiels: Nachdem ich die Steilkurve erklommen habe, fliege ich mit einem schwungvollen Satz durch die Luft und hinüber bis auf die nächste Plattform. Da der vorgegebene Ghost mir wieder und wieder ein paar ärgerliche Zehntel voraus ist, mache ich von der praktischsten Funktion in Trackmania Gebrauch: Das sofortige Zurücksetzen an die Startlinie oder den letzten Checkpoint. Da ich selbstverständlich den Rekord brechen will, beame ich mich wieder an den Start.

Diesmal hat es geklappt – ich fliege ein ganzes Stückchen vor dem Rekordhalter und meinem eigenen Ghost von einer Rampe, bevor es wieder bergab in eine Reihe scharfer Kurven geht. Sie führen mich schließlich auf den Stadionrasen, wo ich zunächst einmal verwirrt nach Anschluss suche. Wo zum Kuckuck geht es weiter? Schließlich habe ich den Weg gefunden. Bei meiner zweiten Runde nehme ich den direkten Weg und erwische die Ideallinie so gut, dass ich den Ghost erstaunlich weit hinter mir lasse. Zur Belohnung gibt es nicht nur das wohlig kribbelnde Gefühl von Coolness und Überlegenheit, welches nur ein Arcade-Spiel wie Trackmania mit seinen sekündlichen Erfolgserlebnissen hervorrufen kann. Zusätzlich werde ich auch materiell belohnt: Mit den verdienten „Coppers“ kaufe ich ein paar neue Strecken, lackiere meinem Wagen mit einem dicken roten Streifen, 

der dem des A-Team-Tracks zum Verwechseln ähnlich sieht und lege mir ein paar neue Teile für den Streckeneditor zu

Wie romantisch: Detailreiche Texturen oder Environment-Mapping gibt es zwar nicht zu bewundern – wohl aber idyllische Landhäuser im Sonnenuntergang. 
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Arcade-Idyll

In dem Baukasten erwarten mich die gleichen Szenarien wie im Einzelspieler-Rennen: Stadion, Wüste, Schnee, Rally, Küste und Insel. Jede Umgebung besitzt darauf zugeschnittene Fahrzeuge. Die Handhabung gestaltet sich trotz leichter Unterschiede stets sehr einsteigerfreundlich. Ihr könnt also ruhig eurer Freundin einen Controller in die Hand drücken, ohne dass sie ihn gleich wieder gefrustet auf’s Sofa pfeffert. Die Kulissen können natürlich nicht mit technischen Rennspielhighlights konkurrieren, doch wenn man berücksichtigt, dass sie allesamt nur aus sich ähnelnden Editor-Bausteinen gebastelt wurden, hinterlassen sie einen hübschen Eindruck.

Besonders schön wirken die romantisch vom Abendrot illuminierten Serpentinen an der Steilküste. Oder auch die breiten Straßen, welche in den geräumigen Insel-Arealen an Flughäfen und gewaltigen Spaße-Shuttle-Bahnhöfen vorbei führen. Lobenswert auch, dass all das in flüssigen 60 Bildern pro Sekunde dargestellt wird. Ab und zu kommt die Engine zwar ins Stottern, doch glücklicherweise bleibt das leichte Zuckeln die Ausnahme. Schade, dass Firebrand sich bei der Vertonung nicht ähnlich stark ins Zeug gelegt hat: Statt einem frischen Soundtrack wurden wieder einmal viele alte Tracks recycelt – das aufgedrehte Gefidel der Disco-House-Stücke geht mir mittlerweile gewaltig auf den Wecker.