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The Walking Dead 2 – Episode 5: No Going Back (Adventure) – Kein Weg zurück

Ich hatte nie ein Problem damit, dass die junge Clementine stärker im Mittelpunkt des Geschehens steht als es die Vernunft gebietet. Denn es war richtig ihre Geschichte zu erzählen, nachdem sie der emotionale Anker in diesem The Walking Dead wurde. In einer Welt, in der jeder Tag ein Test des Lebenswillens ist. Die mal zärtlich und mal so grausam ist, dass ein Teenager fluchen, schießen und töten muss. Davon erzählt die zweite Staffel, davon erzählt ganz besonders die vorerst letzte Episode: von den Bestien, die Clementine in dieser Welt bedrohen.

© Telltale / Telltale

Telltale muss sich vorsehen: Zwar stellten die Entwickler von Dontnod bislang nur eine Szene aus ihrem Life is Strange vor. Das Spiel, dem The Walking Dead als Inspirationsquelle diente, wirkte dabei allerdings schon spielerisch umfangreicher und auch dramaturgisch ebenbürtig.

Zerbrechliche Brücken

Das ist viel Kritik – hinterließ die zweite Staffel einen schlechten Eindruck? Mitnichten. Das Gegenteil ist der Fall. Denn so ärgerlich es ist, dass sich Breckon und Grant auf die bewährte Formel ihrer Vorgänger verlassen (Staffel eins entstammt den Federn von Garry Whitta, Sean Vanaman und Mark Darin), so sind die bekannten Versatzstücke noch immer hervorragende Stilmittel. Gut geschriebene Dialoge kommen ohne Plattitüden aus, die Figuren sind immer glaubwürdig. Ihre Motive sind nicht sofort durchschaubar, aber immer nachvollziehbar. Kleine Gesten schlagen emotionale Brücken und weil selbst zentrale Charaktere jederzeit sterben können, wohnt dem Spiel eine aufwühlende Unruhe inne: The Walking Dead spielt trotz Schwächen immer auf einem hohen Niveau.

Und es gibt Höhepunkte, die auch diesmal in Erinnerung bleiben: die Geiselnahme in der Berghütte etwa oder die knisternden zwischenmenschlichen Konflikte der dritten Episode. Am stärksten ist die Serie immer dann,
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Emotional zieht Telltale in „No Going Back“ noch einmal alle Register. © 4P/Screenshot
wenn erhitzte Gemüter aufeinander prallen. Sobald es um Leben und Tod geht umso mehr. Und das gelingt Telltale auch in der zweiten Staffel über weite Strecken richtig gut, stellenweise gar hervorragend.

Wohin führt der Weg?

Tatsächlich ist es gerade die letzte Folge, die mich mit Staffel zwei versöhnt hat. Denn hier zieht Telltale alle Register. Den brillanten Showdown und feinsinnigen Widersacher von vor zwei Jahren übertrifft das Studio zwar nicht. Dafür dreht sich „No Going Back“ ausschließlich um die Figuren: Schnörkellos ziehen Breckon und Grant die Fäden zusammen, die sie so bemüht ausgelegt haben und wie selbstverständlich fügen sich die Puzzleteile zu einem bewegenden Finale.

Wenn sich Kenny am Lagerfeuer zum ersten Mal öffnet und vom Verlust seines Jungen spricht, wenn Clementine im einem Traum in der Zeit zurück reist und wenn der Kampf gegen die Untoten auf einem zugefrorenen See etwas anders als in den zehn vorangegangenen Episoden, mitreißend persönlich inszeniert wird, dann findet The Walking Dead auf einmal zu alter Stärke. „No Going Back“ ist ein starker, logischer, warmherziger Abschied.

Und dann inszeniert Telltale ein Finale, das vielleicht die Frage nach der Bestie beantwortet. Und nach dem ich nicht mehr verzeihen konnte.