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The Town of Light (Adventure) – Gefangen in der Toskana

Ende Februar 20016 erschien The Town of Light bereits digital für PC. Damals ist uns das historisch inspirierte Horror-Adventure aus Italien leider durch die Lappen gerutscht. Seit dem 6. Juni ist es allerdings technisch und spielerisch erweitert als Boxversion für PC, Xbox One und PlayStation 4 erhältlich. Ob sich die Reise in eine toskanische Psychiatrie der 30er-Jahre lohnt, verrät der Test.

© LKA / LKA / Wired Productions / THQ Nordic

Stimmen im Kopf

Im grellen Licht der Toskana des Jahres 2016 beginnt für eine alte Frau die Reise in eine schreckliche Vergangenheit. In der Nähe der Stadt Volterra besucht sie eine ehemalige Psychiatrie, die mittlerweile als menschenleere Ruine zu verfallen droht. Doch spätestens als Renée über die Flure spaziert, ist sie nicht mehr allein. Da melden sich Stimmen in ihrem Kopf und mit ihnen öffnen sich immer wieder für kurze Momente oder längere Passagen die Pforten in die späten 30er Jahre, als sie hier als junges Mädchen und angeblich Geisteskranke über Jahre misshandelt wurde.

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Man erkundet in Egosicht eine verlassene Psychiatrie in der Toskana. © 4P/Screenshot

Wieso kam sie damals in diese Anstalt? Was haben ihre Eltern gesagt? Und was ist genau passiert? Schritt für Schritt erkundet man das mehrstöckige Gebäude samt Garten in Egosicht. Zunächst wirkt die Kulisse mit den irre bemalten Wänden, ausgedienten Apparaten und vor allem den chirurgischen Zeichnungen, die explizite Schnitte inklusive geöffneter Hautlappen zeigen, sehr bedrückend – man fühlt sich in der ersten Stunde fast an das überall schwelende Grauen aus Silent Hill erinnert, wenn man die versifften Räume betritt, in denen Menschen gequält wurden.

Dokumentarische Sicherheit


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Was hat es mit der Puppe auf sich? Leider beschränkt sich die Interaktion auf weitgehend simple Aufgaben. Alle spielerischen Änderungen der Konsolenversion bekommen Besitzer des digitalen PC-Originals gratis als Update. © 4P/Screenshot

Aber das Unheimliche verschwindet aufgrund des pseudo-dokumentarischen Ansatzes, der Stilbrüche in der Präsentation sowie der eintönigen Spielmechanik recht schnell. Warum Pseudo-historisch? Weil man bis auf ein paar Archivbilder kaum etwas über diese Psychiatrie, ihre Ärzte und Insassen erfährt – man kann nicht in anderen Patientenakten stöbern oder etwas mehr über die Geschichte der Anlage erfahren. Gerade das hätte es aber für ein wirklich authentisches Gefühl zwingend geben müssen.

Das Problem ist auch, dass das Geheimnis um Ort und Protagonistin zu schnell gelüftet ist – man kann sich vieles sehr schnell denken, weil die Regie nichts zurückhält. Wenn es gleich zu Beginn heißt „Im Reich des Lichtes gab es weder Verständnis noch Mitleid“, man die Folterinstrumente sieht und die faschistische Zeit des Zweiten Weltkriegs berücksichtigt, weiß man natürlich ganz genau, dass diese Psychiatrie eine Hölle gewesen sein muss.

Immerhin motiviert die Regie damit, dass sie in den Multiple-Choice-Fragen die gespaltene Persönlichkeit abbildet: So wird Renées Unsicherheit bezüglich der Vergangenheit deutlich. Das beginnt mit einfachen Fragen, ob man etwa Briefe aus der Anstalt lesen darf oder nicht, weil man dann bestraft wird – hier melden sich die Angst und Schuldgefühle von damals. War sie etwa ein „böses“ Mädchen? Hat sie diese Behandlungen vielleicht sogar verdient? Je nachdem, wie man hier antwortet, verändert sich die psychische Stabilität der alten Frau und damit Teile der folgenden Geschichte. Aber wer einigermaßen zwischen den Zeilen lesen kann, wird wissen, in welcher Antwort die Aufklärung steckt.