Denn ich klettere in The Climb nicht, um mich mit anderen zu messen, sondern um die Aussicht zu genießen, die mir Crytek hier in drei Gebieten Alpen, Bay (ein pazifisches Küstengebiet) sowie Canyon (amerikanischer Mittelwesten, evtl. Arizona oder Colorado) auftischt. Und in dieser Hinsicht ziehen die Grafikspezialisten alle Register. Nicht nur, dass die Höhen im Headset gut vermittelt werden und bei mir als Akrophobiker durchaus Vertigo hervorrufen. Lichtstimmungen werden ebenso überzeugend aufgebaut, während die detaillierten Felswände immer wieder mit kleinen Überraschungen wie Insekten aufwarten. Und lässt man sich Zeit und hat die Muße, sich immer wieder umzuschauen, kann man viele kleine Details in der weitläufigen Landschaft entdecken. Angefangen von Schmetterlingen, die einem vor dem Gesicht rumflattern über Adler, die ihre Kreise ziehen bis hin zu Helikoptern oder Wingsuit-Springern, die laut schreiend an einem vorbeizischen. In dieser Hinsicht zieht The Climb ein Spektakel sondergleichen auf, das wieder einmal die Stärken und Schwächen vieler Crytek-Spiele vor Augen führt: Während man schon verdammt lange suchen muss, um in der höchst ansehnlichen Kulisse mit ihren idyllischen Panoramen ein Haar in der Suppe zu finden, stößt man beim Spieldesign schnell an die unverrückbaren Grenzen. Okay: Gelegentlich kommt es zu Clipping-Problemen. Doch die sind leichter zu verdauen als die mitunter störrischen Hände, die sich in bestimmten, aber seltenen Situation partout nicht dazu bewegen lassen, die deutlich in Reichweite liegende Markierung zu greifen – hier wäre die Stickkontrolle eine probate Alternative gewesen, um den Frust zu minimieren.
Ergebnis-Kosmetik
![[GUI_STATICIMAGE(setid=79273,id=92517827)] [GUI_STATICIMAGE(setid=79273,id=92517827)]](https://dev.4p.de/wp-content/uploads/sites/13/2024/04/92517827-vollbild.jpg)
Die Kulisse ist Crytek-typisch von allererster Güte und bietet schicke Lichteffekte sowie beeindruckende Panoramen. © 4P/Screenshot
In höherstufigen Abschnitten wird als zusätzlicher Schwierigkeitsgrad das Klettern bei Nacht eingeführt. Hier steuert man mit seiner Bewegung nicht nur die Ausrichtung des nächsten Griff-Versuchs, sondern auch eine Kopflampe. Das Auffinden der nächsten Haltepunkte wird dadurch zwar anspruchsvoller, das eigentliche Spiel jedoch nicht. Zwar trifft man häufiger auf Vorsprünge, die einen verletzen oder die von leichtem Geröll freigeräumt werden müssen. Doch unter dem Strich schafft es Crytek nicht, dem visuell ansprechenden Klettern einen markanten Spieldesign-Stempel aufzudrücken. Ich klettere nicht, weil mich das Spiel oder die Spielwelt fordert, sondern um meinen inneren Schweinehund zu überwinden. Und damit ist The Climb mehr Stress als Vergnügen – zumal durch die noch fehlende Oculus-Touch-Unterstützung ein wichtiger Immersionsfaktor fehlt.
Das ist ungefähr so, als ob ich kritisiere, dass ich bei einem Fußball-Game die Arme der Spielfigur, beim Anlaufnehmen vor dem Freistoß, nicht mit den Schultertasten schwingen lassen kann, und dadurch der Lauf der Spielfigur eiert. Das ist ein Nebenkriegsschauplatz, wenn viel entscheidender ist, wie stark und zielsicher der Fußtritt auf den Ball wirkt und wie realistisch sich der Ballflug dann verhält.
Zu deiner Frage "wieso man so ein Spiel überhaupt braucht, wenn man es doch tatsächlich in echt tut."... die Fifa und PES Reihe müsstest du ja dann auch hinterfragen... Das sind allerdings Kassenschlager, weisst Bescheid?