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Tearaway (Plattformer) – Tearaway

Ich weiß nicht, wie Media Molecule, die Entwickler von Tearaway, das gemacht haben. Ich weiß nicht, wie sie hunderte Papierkulissen in den Bildschirm der Vita gequetscht haben. Hier ist ja nichts digital! Grashalme sind auf den Boden geklebte und nach oben geknickte Papierschnipsel. Wenn die aufgebauschte Brandung auf einen Leuchtturm trifft, dann rollen sich zackige Papierstreifen erst über den Boden, dann nach oben und wieder zurück. Könnte diese knisternde und raschelnde Bühne etwa ein kleines kreatives Meisterwerk sein?

© Media Molecule / Sony

So etwas geht natürlich nur an vorgesehenen Stellen – trotzdem macht mich Tearaway auf eine Weise zum aktiven Teil des Abenteuers, wie ich es auch auf Nintendos Handhelds noch nicht erlebt habe. Es sind Kleinigkeiten wie das Herunterdrücken vieler nicht fest auf den Boden geklebter Papierstücke, wenn ich dort auf den Bildschirm tippe. Sogar in den Menüs drehe und schiebe ich so selbstverständlich auf dem Touchscreen, dass sich der Handheld im besten Sinne wie ein reales Werkzeug anfühlt. Als erstes Spiel zeigt es in

Zeichnen, ausschneiden und das nächste Blatt: Der Basteltisch ist der kreative Mittelpunkt.
Zeichnen, ausschneiden und das nächste Blatt: Der Basteltisch ist kreativer Mittelpunkt. © 4P/Screenshot

umfassender Art und Weise, wozu die Vita eigentlich in der Lage ist!

Weil es geht!

Und es hört nicht bei den kleinen Rätseln und kniffligen Geschicklichkeitstests auf, denn ich darf auch basteln, muss sogar. Schließlich öffnen sich manche Türen erst, wenn ich einem König eine Krone ausgeschnitten oder ein Schwein mit Aufklebern verziert habe. Auch Atoi darf ich neue Augen verpassen, die Nase auf den Rücken pappen, ein Röckchen an den Rucksack heften und was mir sonst noch einfällt. Tearaway lädt mich zum albern ein – weil es geht und weil es Laune macht.

Ich klebe ja nicht nur, ich greife auch selbst zur Schere. Auf ein kleines Reißbrett ziehe ich dafür Papier einer beliebigen Farbe, schneide eine Form zurecht, schiebe die Reste zur Seite, fertig. Jetzt könnte ich andere Farben nehmen, um den Grundriss mir Accessoires zu veredeln… Die Anzahl der Schnitte sowie die überschaubaren Papiere schränken die Kreativität zwar ein und das genaue Markieren einer Schnittlinie ist mit der relativ dicken Fingerkuppe oft ein Glücksspiel. Aber klebt die Kreation erst einmal in der Spielwelt, wiegt sie die Mühe meist auf.

Nur für den Augenblick

Mitunter muss ich zum Vorankommen außerdem Schnappschüsse von mir, von der Umgebung oder von Atoi schießen, wofür ich etliche Linsen und Filter kaufen darf.

Auf dem Weg zum Du trifft der Botschafter neue Freunde.
Auf dem Weg zum Du trifft der heldenhafte Botschafter neue Freunde. © 4P/Screenshot

Hierfür benötige ich das oft in Kisten versteckte Konfetti: Es dient als Währung für den Zubehör sowie für Dutzende Aufkleber. Knipse ich farblose Figuren oder farblose Gegenstände, erhalte ich außerdem ein Papiermodell, das ich auf einer mit meinem Profil verbundenen Webseite herunterladen kann. Dort finde ich auch Fotos, die ich im Spiel hochgeladen habe – ein sympathischer Bonus. Dafür lohnt sich sogar die Rückkehr in frühe Spielabschnitte: Mit später erlernten Fähigkeiten gelangt Atoi an Konfetti, an das sie zuvor nicht herankam oder das ich übersehen hatte. Und ich darf meine Bastelarbeiten jederzeit verwerfen, verändern und vielleicht verbessern.

Einen kleinen Haken hat das Kreativsein aber: Ich darf nur an dafür vorgesehenen Punkten zu Schere und Kleber greifen. Atoi kann ich zwar bekleben, wie und wann ich will. Alle anderen Basteleien sind jedoch vorgegebene Aufgaben, ohne die es zunächst kein Weiterkommen gibt. Einen anderen Zweck erfüllen meine Werke nicht und irgendwann habe ich deshalb die Lust daran verloren, schon wieder irgendeinen Kürbis oder ein Herz auszuschneiden.