Heroic Bloodshed
Geschichten, die sich um Ehre, ungewöhnliche Freundschaften, Verrat und Rache drehen. Schusswechsel, die wie ein Ballett choreografiert mit sorgsam in Szene gesetzten Zeitlupen kleine Kunstwerke darstellen. Jede Kugel, jeder Einschlag, jede Explosion ist ein kleiner Mosaikstein in einem Action-Stakkato, das weit mehr ist als eine Materialschlacht. Jeder in absoluter Genauigkeit und schonungsloser Offenheit gezeigte Treffer ist nicht Sinnbild für Gewalt, sondern Ausdruck einer Freundschaft bis zum bitteren Ende. Einer Freundschaft, die keine Kompromisse kennt.
Mit diesen Stilelementen wurde das Hong Kong-Kino Mitte/Ende der 80er Jahre aus einem Dornröschenschlaf geweckt. Dachte man bis dahin, dass aus der ehemaligen britischen Kolonie nur Kung Fu-Filme aus den Studios der Shaw Brothers und Jackie Chan stammen, wuchs die Fangemeinde des modernen Hong Kong-Kinos bis heute stetig an und beeinflusste auch das amerikanische Kino von Stirb Langsam bis hin zur Matrix-Trilogie.
Vorreiter der neuen Epoche waren Regisseure wie Ringo Lam, Tsui Hark oder John Woo. Filme wie die A Better Tomorrow-Trilogie, The Killer, City on Fire oder Bullet in the Head machten nicht nur die Männer hinter der Kamera weltberühmt und ebneten ihnen den Weg nach Hollywood. Auch Schauspieler wie Leslie Cheung, Danny Lee oder Chow Yun-Fat wurden über den Hong Kong´schen Tellerrand hinaus bekannt.
Allerdings kommt der Partnerschaft zwischen John Woo und Chow Yun-Fat eine besondere Bedeutung zu. Ähnlich wie das kongeniale Duo Johnny Depp und Tim Burton haben sich die beiden über nahezu eine ganze Dekade zu gegenseitigen Höchstleistungen angespornt. Die letzte Zusammenarbeit liegt mit dem Film HardBoiled im Jahr 1992.
Doch jetzt sind die zwei wieder vereint. Allerdings nur in virtueller Form – in Stranglehold leiht Chow Yun-Fat der Figur Inspektor Yuen (besser bekannt als Tequila) aus der letzten gemeinsamen Arbeit mit Woo nicht nur die Stimme, sondern auch sein Gesicht.
Und John Woo sorgt mit seiner Firma Tiger Hill Productions für die cineastische Umsetzung der Zwischensequenzen, die adäquate Fortsetzung der Geschichte um den kompromisslosen Inspektor sowie grundlegenden kreativen Input, wenn es darum geht, Heroic Bloodshed auf 360, PS3 und PC zu bringen.
Wer fliegt denn da? Die Stunt- und Interaktionsmöglichkeiten sind ebenso intensiv inszeniert wie in den Filmen von John Woo!
Dass Stranglehold es nicht ganz einfach haben wird, im dichten Action-Dschungel neue Impulse zu setzen, war von Anfang an klar. Denn immerhin muss ein Spiel, das so sehr auf die Namen John Woo und Chow Yun-Fat baut, beweisen, dass Titel wie Max Payne, die sich mit Bullet Time und cooler Story ebenfalls auf das stützen, was John Woo geschaffen hat, nur der Anfang waren. Und wie uns einer der Entwickler vor einigen Monaten im Interview versicherte, sei man sich der Verantwortung bewusst und wolle noch eine Schippe drauflegen.
Und bereits der erste von insgesamt sieben umfangreichen Abschnitten zeigt, dass es das Team von Midway Chicago (Psi-Ops) ernst meint: Massen von Gegnern warten in den verwinkelten Gassen Hong Kongs auf Inspektor Tequila, der Jagd auf einen Copkiller macht.
Doch der sich außerhalb jeder Richtlinien bewegende Polizist hat nicht nur ein umfangreiches Arsenal an Waffen (zwei können gleichzeitig mitgeführt werden) zur Verfügung, um den bösen Buben den Garaus zu machen. In bester Woo-Manier kann Tequila über Tische hechten, an Geländern rauf- und runterlaufen sowie viele weitere Möglichkeiten nutzen, um mit der diesbezüglich clever gestalteten Umgebung zu interagieren – wahlweise sogar mit automatischem Einsatz von Zeitlupe, die es durchaus versteht, ein cineastisches Gefühl zu entfachen und sich immer dann einschaltet, wenn ihr während der Umgebungs-Interaktion einen oder mehrere Gegner ins Visier bekommt.