Nachdem die letzten zwei Teile von Sniper Elite in erster Linie urbanen Häuserkampf zelebrierten, setzt das britische Rebellion-Team für den dritten Ableger auf einen neuen Schauplatz: Jetzt ist man unter glühender Sonne auf heißem Wüstensand in Nordafrika unterwegs, um den Panzern von General Rommel ein paar Steine in die Ketten zu werfen. Oder Hochgeschwindigkeitsgeschosse in diverse Körperpartien. Dabei kommt die Geschichte traditionell zu kurz – hier noch mehr als zuvor. Doch nicht nur, dass sie inhaltlich selbst die Stories der Chuck-Norris-Filme der 80er Jahre wie Hemingway-Bücher wirken lässt: Sie wird darüber hinaus vollkommen uninteressant inszeniert. Weder die künstlerisch angehauchten Gemälde der Zwischensequenzen noch die wenigen Szenen in Spielgrafik können für historisches Flair oder erzählerische Spannung sorgen. Letztlich muss man nur eines wissen: In Nordafrika warten haufenweise Soldaten der Achsenmächte, die ausgeschaltet werden müssen. Die Antagonisten werden nur unzureichend aufgebaut. Selbst der General, der den leitenden Offizieren in Hitlers Armee mit seiner brutalen Weltanschauung ein Dorn im Auge ist, bleibt blass.
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Interessiert irgendjemand, dass die Geschichte zeitlich vor den Geschehnissen aus Teil 2 angesiedelt ist? Nein? Wie sieht es denn mit dem Thema Gewalt aus? Habe ich jetzt die Aufmerksamkeit? Dann lasst uns doch noch einmal die Hochgeschwindigkeitsgeschosse aufgreifen, die aus einem Scharfschützengewehr abgefeuert die Knochen und Organe ihrer Ziele zerschmettern. Wie in den Vorläufern setzt auch Sniper Elite 3 auf eine explizite Gewaltdarstellung in Form der so genannten Röntgen-Kamera. Bei vielen Einschlägen sieht man in haarkleinem, anatomisch sowie chirurgisch vermutlich korrektem Detail die Auswirkungen: Schädelknochen bersten, Rippen zersplittern, Kniescheiben lösen sich in Luft auf, Augäpfel und innere Organe platzen, während die Kugel in Zeitlupe durch den Körper jagt. Doch im Gegensatz zu anderen Titeln, bei denen Gewalt in den Mittelpunkt gerückt wird, verpasst es Rebellion hier, all dem eine Message egal welcher Tonalität mitzugeben. Die Gewalt ist da, aber sie berührt einen nicht, da sie sehr klinisch, sehr sauber gezeigt wird. Und sie nutzt sich ab. Unter anderem weil die Grundfrequenz der Röntgen-Schüsse schlicht zu hoch ist und man nicht nur für wirklich außerordentliche Aktionen belohnt wird. Zwar kann man in den Optionen Abhilfe schaffen oder die Patronenverfolgung im Matrix-Stil per Knopfdruck unterbrechen. Dann jedoch muss man mit den mitunter stark übertriebenen Physikeinwirkungen der Einschüsse Vorlieb nehmen. Es kann durchaus passieren, dass die Opfer wie misshandelte Marionetten mehrere Meter durch die Luft fliegen und dabei die merkwürdigsten Verrenkungen zeigen. Durch diese eher an Slapstick erinnernden Flugeinlagen wird man immer wieder aus der Spielwelt gerissen. Zur Ehrenrettung muss allerdings auch gesagt werden, dass die Ragdoll-Physik über einen Großteil der Zeit ordentlich arbeitet.
Splinter Snake Sniper
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Ich begrüße es immer, wenn Entwickler sich überlegen, wie sie eine etablierte Serie verbessern können – so auch hier. In den Vorgängern gab es bereits Missionen in relativ großen Gebieten, doch die Vorgehensweise war zumeist linear. Für die Afrika-Ballereien bricht man mit diesen Gewohnheiten und öffnet alles. Und damit werden nicht nur die Karten ungleich größer. Zusätzlich hat man die Mechaniken darauf abgestimmt und gibt dem Spieler deutlich mehr Möglichkeiten in die Hand. Es gibt mehr (Um-)Wege, um an seine Ziele zu kommen und dabei möglichst wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Oder um seine Gegner in Fallen zu locken. Man kann außer den bekannten, aber hier beinahe bemerkenswert entwerteten Möglichkeiten (wie Minen, Stolperdrähte etc. zu legen), Ölfässer und Munitionsdepots in die Luft jagen, um die Feinde gleich in Gruppen auszuschalten. Und man kann (und sollte) schleichen, um nicht aufzufallen. Denn die Gegner haben nicht nur ein gutes Gehör, sondern normalerweise auch eine ordentliche Sicht. Und haben sie einmal die Jagd aufgenommen, muss man sein ganzes Geschick aufwenden, um dem nahenden Schlamassel zu entgehen – und darf sich auch nicht zu schade sein, um den Rückzug anzutreten.