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Silence (Adventure) – Das spielbare Gemälde

Nach Jahren des Feintunings hat Daedalic endlich die anspruchsvolle Technik des Projection-Mappings gebändigt: Im mittlerweile nur noch „Silence“ genannten Nachfolger zu The Whispered World fühlt man sich wie in ein räumliches Gemälde versetzt. Im Test überprüfen wir, ob die Rätselreise auch inhaltlich verzaubert, wenn Noahs Schwester Renie nach einem Bombenangriff aus einem Bunker verschwindet und er sich in der Fantasiewelt Silence auf die Suche macht.

© Daedalic Entertainment / Daedalic Entertainment

Komfortables Knobeln

 
Beim Lösen von Rätseln hat man zwar nicht die freie Wahl zwischen den Figuren, wechselt aber immer wieder hin und her, damit sie sich gegenseitig aushelfen, während sie in benachbarten Schauplätzen feststecken. Dabei wird deutlich, wie intensiv und professionell Daedalic die Puzzles  mit der Hilfe von Testspielern poliert hat. Als zwei widerspenstige Jungen nicht das wuchtige Stadttor öffnen wollen, deuten sie zunächst nur vage an, womit sie sich bestechen lassen könnten. Da Renie in einem ähnlichen Alter ist, kann man einfach mit ihr Rücksprache über angesagte Spielzeuge halten. Wenn man nun noch ein wenig mit den beweglichen Gegenständen experimentiert, hat man das begehrte Objekt relativ schnell eingefangen.

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Eine Raupe eilt zur Rettung – hier in ihrer platten Form! © 4P/Screenshot

Oder man zeigt per Klick auf den Analogstick einen der (auf Wunsch deaktivierbaren) Hinweise an, die einem geschickt, aber nicht zu direkt auf die Sprünge helfen. In diesem Bereich könnte sich Crytek eine Menge für sein nächstes VR-Adventure abschauen. Die simpel gehaltene Steuerung geht sowohl per Controller als auch mit der Maus gut von der Hand: Meist entscheidet die Figur, ob sie einen Gegenstand nur betrachtet oder benutzt. Manchmal muss der Spieler allerdings entscheiden, in welche der Pfeilrichtungen er ihn bewegt. Oder man versucht sich an einem der ausgelagerten Minispiel-Puzzles, deren Qualität schwankt und die sich auch diesmal überspringen lassen.
 
Zahmere Dialoge
 
Ein wenig schade dabei ist aber, dass man sich durch die begrenzten Areale und das fehlende Inventar immer ein wenig eingeschränkt fühlt. Zeitweise erinnert das Knobeln also eher an Fire oder die Gobliiins. In Kombination mit den knapp sieben Stunden Spielzeit fühlt sich der Ausflug also weniger nach einer großen Abenteuerreise an als der Vorgänger oder Deponia Doomsday. Zudem bleiben die Nebencharaktere ungewohnt blass. Figuren wie der weise Janus, die sturköpfige Kriegerin Kyra oder der gutmütige Sam wirken zwar sympathisch und wurden ähnlich gut synchronisiert wie die Hauptfiguren. Meist bleiben sie aber lediglich Stichwortgeber für das wahre Heldentrio.
 

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Bewegung statt Inventar: Immer wieder muss man die Balance halten oder Objekte verschieben. © 4P/Screenshot

Allgemein fühlt man sich stärker wie in einem spielbaren Kinderbuch als im Vorgänger, als Zyniker Sadwick alles und jeden mit bissigen Sprüchen kommentiert hat. Anne von Vaszary besitzt zwar ebenfalls ein Gefühl fürs Timing ihrer Gags, z.B. wenn die übermütige Renie immer wieder komplizierte Begriffe falsch ausspricht. Clown Sadwick hat allerdings seinen Biss verloren, obwohl er immer mal wieder einen Gastauftritt bekommt, wenn Noah die Clownsmütze überstreift. Auch alte Bekannte bekommen ein paar schöne Cameos spendiert, z.B. die sich ewig zankenden Steinbrüder Ralph und Yngo. Zum Ende der Geschichte gibt es sogar noch ein paar bewegende und richtig schön inszenierte Momente, die passend von Pianoklängen untermalt werden. Lediglich die alternativen Enden ließen mich ein wenig ratlos zurück. Im Verlauf des Abenteuers gibt es immer wieder Gewissensentscheidungen, allerdings deutlich seltener als bei Telltale.