Einheitseinheiten
Das macht den Einstieg auf Konsole leichter, stört erfahrene PC-Generäle aber kaum. Zumal fast alle Parteien das gleiche Kriegsgefährt befehligen. Lediglich bei Auseinandersetzungen mit der EU ist Umdenken angesagt: Leopard II statt Abrahams und Tiger-Hubschrauber statt Apaches sorgen bei den Europäern für Zerstörung. Zum Großteil findet sich bekanntes militärisches Inventar, Ausnahmen reihen sich zugunsten des Szenarios in der nahen Zukunft ein. Schade nur, dass sich Entwickler PopTop nicht dazu durchringen konnte, das knifflige Schere-Stein-Papier-Prinzip bis in die letzte Konsequenz auszureizen: Viele Einheiten gleichen sich zu sehr, was für weniger Übersicht und längere Einarbeitungszeit sorgt. Richtig vermisst habe ich neben Seestreitkräften auch echte Aufklärer, denn die Wege der flinken Hummer oder Hubschrauber sind im Vergleich zu denen des
restlichen Gefährts so kurz, dass das eigentlich sinnvolle Vorrücken damit bestraft wird, dass ihr in den Klauen der KI landet.
Mangelware Abwechslung
Kritik ist auch beim Missionsdesign angesagt, denn leider zeigt sich schnell, dass es an Tiefgang mangelt und die anfängliche Freude von immer gleichen Kämpfen auf den stets gleichen Karten erdrückt wird. So müsst ihr mit dem Besetzen diverser Städte (oder dem Verhindern desselben) zwar Ziele erfüllen, es reicht aber auch, den Feind einfach zu plätten. Die KI spielt dabei hervorragend mit und greift euch direkt an, statt wichtige Punkte zu verteidigen. An diesen stehen dann oft nur ein paar Soldaten, die spurlos im Einschussloch eurer dicken Munition verschwinden.
Das ist besonders ärgerlich, da es kaum Abwechslung vom beschriebenen Missionsalltag gibt. Es wirkt einfach ernüchternd, wenn im Grunde jedes Mal die gleiche Schlacht geschlagen wird. Ich hätte mir z.B. sekundäre Ziele gewünscht, bei deren Erreichen sich der Geldbeutel schneller füllt oder mir taktische Vorteile zugesprochen werden. Letztere findet ihr lediglich in der Form russischer Pakete, die im Krisengebiet landen. Die Kisten bringen Begünstigungen für Fahrzeuge in der direkten Umgebung und stellen euch vor die knifflige Wahl: Zieht ihr mit einzelnen Einheiten Richtung Feind oder bleibt ihr lieber im sicheren Verband?
Über den Wolken…
Richtig gut gefällt mir dagegen der Einsatz von Flugzeugen, die mit traumwandlerischer Sicherheit nahezu jeden Gegner nach nur einem Angriff von der Karte fegen. Die Flieger befinden sich dabei auf dem Flugplatz, welchen ihr vor jedem Gefecht ähnlich den Einheiten platzieren müsst. Über ein separates Menü greift ihr auf die Bomber und Kampfjets zu und wählt ganz normal ein Ziel. Ist die Luftabwehr des Gegners ausgeschaltet, haben die Maschinen nicht viel zu befürchten und gehen radikal gegen Hubschrauber oder Bodentruppen vor. Ihr müsst nur darauf Acht geben, dass keine feindlichen Flugzeuge im Zielgebiet patrouillieren. Die Vorteile haben natürlich ihren buchstäblichen Preis: Ihr zahlt mehr als doppelt so viel für die Flieger wie euch die stärksten restlichen Einheiten kosten. Seltsam ist nur, dass die Kamera bei Bombardierungen statt des Angriffs ein Gebiet zeigt, in dem absolut gar nichts passiert.
Collateral Damage
Es ist übrigens Vorsicht geboten, wenn ihr euch dem Rausch des Krieges hingebt, da eure Angriffe auch Kollateralschaden verursachen. Auch wenn euch das bisher nie gestört hat, müsst ihr bei Shattered Union ein Auge auf die Anzeige am oberen Bildschirmrand werfen, denn je mehr sie sich rot füllt, desto weiter wandelt ihr auf dem „Pfad zur dunklen Seite der Macht“, wie es einer der Entwickler beschrieb. Aber welche Auswirkungen hat der Status auf euer Vorgehen? Ganz einfach: Ihr dürft im Abstand einiger Runden diverse Spezialkräfte einsetzen, mit denen ihr die Werte einzelner Truppen steigern oder Flächen deckende Giftgaswolken einsetzen könnt. Der Witz dabei: Je öfter ihr während der Kämpfe den roten Balken füllt, desto tiefer sinkt im Verlauf der Kampagne euer politisches Ansehen.
Klingt negativ? Ist es aber nicht! Im Gegenteil, denn ein mieser Ruf spendiert erst die wirklich mächtigen Waffen wie z.B: Atomschläge. Gutmenschenspieler bekommen Möglichkeiten wie das Lahmlegen feindlicher Einheiten oder die Beseitigung des Kriegsnebels spendiert. Zwar dürft ihr von Anfang an auf drei solcher Funktionen zurückgreifen, aber erst ein richtig gutes oder mieses Ansehen öffnet den Zugang zu anderen und vor allem wirkungsvollen Kräften. Einziger Nachteil: Die Partisanen,
welche sich auf den meisten Karten herumtreiben, entscheiden sich für das kleinere Übel und schließen sich der Partei mit dem besseren Ruf an.
Ein kurzes Vergnügen
Das klingt alles unterhaltsam und macht tatsächlich Spaß, ist aber auf Dauer zu eintönig und gleich bleibend, so dass Hardcorestrategen, die sich z.B. an Domination oder Advance Wars die Zähne ausgebissen haben, schnell langweilig wird. Shattered Union lässt außerdem einige Dinge vermissen, die ein erfahrener Feldherr einfach braucht, um glücklich zu werden. So hat weder das Klemmen von Einheiten Einfluss auf deren Werte, noch stört es, wenn eine Einheit aus dem letzten Loch pfeift – sie trifft weiterhin so gut, als hätte er eben erst die Fabrik verlassen. Auch dass die KI bis auf den geschickten Umgang mit „Schere, Stein, Papier“ keine taktischen Finessen kennt, zum größten Teil blindlings auf euch zustürmt und in höheren Schwierigkeitslevels lediglich mehr Truppen in den Kampf schickt, wirkt unausgegoren.
Im Multiplayermodus bietet sich ein ähnliches Bild: Für eine schnelle Runde am Abend ist der kurze Strategiesnack allemal gut, längere Partien tragt ihr aber besser bei der Konkurrenz aus. Zumal Gefechte über Internet bzw. Xbox Live schwer aufzutreiben sind; nur gelegentlich verirrt sich ein Hobbygeneral hierher. Dafür bietet Shattered Union vom E-Mail-Austausch über LAN-Verbindung und das abwechselnde Taktieren an einem Rechner technisch alles, was das Herz begehrt.