[GUI_PLAYER(ID=106863,width=400,text=Shadowrun Returns entführt in eine Cyberpunkwelt. Wie in Rollenspielen alter Schule wird das Abenteuer in isometrischer Perspektive mit rundenbasierten Kämpfen inszeniert.,align=right)]Sam Watts war ein unzuverlässiger Säufer. Aber er hat mir, einem griesgrämigen Zwerg, auch mal den Arsch gerettet. Und selbst wenn er nicht mein Freund war und überaus schlechte Witze erzählt hat, war er doch ein Kumpel. Also lässt es mich nicht ganz kalt, als er mir von seinem nahenden Tod berichtet: Wenn ich mehr erfahren will, soll ich seine Leiche über den „Locator Chip“ finden. Und weil es auch noch Geld dafür gibt, ist die anschließende Recherche im verkommenen Seattle des Jahres 2051 natürlich Ehrensache.
Recht schnell wird die Sache mysteriös: Warum wurde Sams Leber entfernt? Warum mit einem altmodischen Skalpell statt einem Laser? Die ersten Ermittlungen vor Ort lassen Erinnerungen an Jack the Ripper wach werden. Scheinbar war Sam das zweite von mittlerweile drei Opfern eines Serienmörders. Die Presse nennt ihn „Emerald City Ripper“. Das ebenso Seltsame wie Beunruhigende: Den anderen hat er auf dieselbe Art einmal das Herz und einmal die Milz heraus geschnitten. Also folge ich der blutigen Spur wie Sherlock Holmes, nur mit Kampfdrohnen sowie etwas höherem Bodycount.
Eine Frage der Etikette

Shadowrun Returns fühlt sich im Einstieg fast wie ein Krimi-Adventure an. Obwohl man eine Sprachausgabe ebenso vermisst wie animierte Portraits, entsteht aufgrund der sehr guten Texte eine stimmungsvolle Atmosphäre, die den frechen Ton der Cyberpunkromane trifft. Allerdings sollte man aufgrund von Slang, Klamauk und Fachjargon gut Englisch lesen können, sonst versteht man den Sarkasmus von Leichenbeschauer „Dresden“ vielleicht nicht. Schauplätze sowie Mimik und Gestik von Nebenfiguren werden in eckigen Klammern lebendig beschrieben und es gibt überraschend viele Dialoge mit Multiple-Choice-Antworten. Zwar erreicht das Ganze lange nicht die epische und verschachtelte Lektüre von Planescape Torment, aber man sollte sich Zeit zum Lesen nehmen.
Je nachdem, wie man den Charakter zu Beginn erschaffen hat und welche Fähigkeiten er besitzt, gibt es teilweise andere Bemerkungen auf die eigene Figur oder alternative Antworten in Gesprächen. Hat man z.B. einen Zwerg mit Kenntnissen von „Security“, kann man einfache Polizisten am Tatort z.B. davon überzeugen, dass man im Auftrag der Behörde die Leiche untersuchen soll – und schwups, ist der Weg zu den ersten Indizien frei. Im Laufe des Spiels kann man weitere der sieben Milieukenntnisse („Etiquette“) wie „Gang“ oder „Street“ erwerben, um zusätzliche Optionen in den Dialogen zu bekommen.