Die alte, alte Zeit
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Ah, das gute schreiende Dutzend: Die Zahl der Gegner, die ständig auf Sam einstürzt, ist auch heute noch bemerkenswert hoch. |
Acht Jahre sind eine lange Zeit, eine laaaaaange Zeit. 2001, da gab es Shooter wie Star Trek: Elite Force, Clive Barker’s Undying oder Half-Life: Blue Shift. Allen gemein ist, dass man sie in guter Erinnerung hat, aber diese sehr unsanft in die Realität zurückgeholt wird, wenn man die ollen Kamellen aus der rosa Wolke des Gedächtnisses in die Bling- und Shader-verwöhnte Gegenwart installiert – das sieht heute nicht mehr gut aus. Bestenfalls okay, aber gut? Nä! Serious Sam ist da nicht anders: Auch ein Kind des Jahrgangs 2001, war der rotzfreche Shooter der Kroaten von Croteam seinerzeit Klassenprimus in den Fächern »Grafik«, »Koop-Action« und »Einfach mal hirnlos herumballern«. Acht Jahre gingen ins Land, Serious Sam hatte zwei weitere, grafisch jeweils immer bessere Auftritte, der erste Teil geriet zu Recht in Vergessenheit. Bis einer bei den Entwicklern auf die Idee kam, dass man die olle Kamelle doch einfach mal durch den Compiler der brandneuen Serious Engine 3 jagen können – wollen doch mal sehen, was dabei so rauskommt. Ganz einfach: Das gleiche Spiel, nur etwas hübscher.
Wohlgemerkt »etwas hübscher als früher«, nicht »hübsch nach heutigen Maßstäben«: Was das neue 3D-System kann, bekommt man hier nicht zu sehen. Es gibt gefälligere Lichteffekte, die Waffen und Gegner glänzen etwas aufwändiger, die Texturen sind zum Teil ganz ordentlich aufgelöst, außerdem wurden die Gegner neu modelliert – was man aber kaum zu sehen
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Fette Kaliber gegen fette Bossmonster – Serious Sam ist auch in der HD-Version kein Spiel der falschen Bescheidenheiten. |
bekommt, lösen sie sich doch im Normalfall in Sekundenbruchteilen in rote Bröckchen auf. Okay, die Grünlevels sind zugegebenermaßen ansehnlich; die dortigen Wasserfälle gut animiert, der Grasbewuchs am Boden angenehm dicht. In der Wüste wird von vorbeirasenden Bullen volumetrischer Sand aufgewirbelt, die gigantischen Bossgegner sind beeindruckend wie einst, die weitläufigen Arenen teilweise wirklich extrem weitläufig. Trotzdem: Hübsch ist anders. Serious Sam HD ist nur ein kosmetisches Update des Originals, keine Konkurrenz für heutige Grafik-Generationen.
Kopflose Kamikazeschreier voraus!
Serious Sam HD bleibt dem Nicht-HD-Original in jeder Hinsicht treu. Das ist eigentlich eine gute Nachricht, gibt es doch bis heute nur sehr wenige Shooter, die es wagen, derart konsequent geradlinig und hirnlos zu sein. Gegner-KI gibt es de facto keine, dafür aber irre viele von den gefährlichen Trotteln. Nur selten tummeln sich weniger als ein Dutzend Feinde gleichzeitig auf dem Schirm, teilweise sind es sogar mehrere davon, die immer nur einen Weg kennen: Geradeaus auf Sam und seinen gigantischen Munitionsvorrat zu. Es gibt Schrotflinten, eine Laserwumme, eine gigantische Schiffskanone, die nuklear angeheizte Eisenkugeln verschießt oder auch eine Minigun, die den so riesig geglaubten Vorrat von maximal 999 Schuss Munition in viel zu wenigen Sekunden verpulvert – aber dabei auch eine Schneise der brachialen Verwüstung durch die schneller als Elfjährige beim Tokio Hotel-Konzert fallenden Feindesreihen zieht. Das Spiel weicht dabei so gut wie nie von seiner Linie ab: Man betritt eine Arena, sammelt ein Extra (Waffe, Lebensenergie, sonstiges Item) auf, es macht »Gjauuuuuuummmmm!« und der Rabatz geht los. Mehrere Minuten lang, Welle für Welle, Gegnerdutzend für Gegnerdutzend. Dann öffnet sich eine Tür, die zur nächsten Arena führt. Das geht ein paar Mal so, dann kommt ein Bossgegner. Eine Abwechslung davon gibt es eigentlich nur, wenn man irgendwelche Items finden oder Hebel-»Puzzles« lösen muss – beides so simpel, dass es kaum eine Erwähnung wert ist.
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Der Koop-Modus funktioniert problemlos und macht eine Menge Spaß – allerdings ist die Zahl der Bildschirmmeldungen erdrückend. |
Klingt behämmert und veraltet? Ist es auch. Macht trotzdem Spaß, besonders im Koop-Modus: Bis zu 16 Spieler können online gemeinsam Jagd auf die Feindesbrut machen, wobei sich Anzahl und Stärke der Gegner je nach Anzahl der Teilnehmer heben und senken lassen. Man kann jederzeit in laufende Partien einsteigen, alle Items sind immer für alle da, der Zugang funktioniert ebenso problemlos wie die Spielgeschwindigkeit im Allgemeinen – der Netzcode ist stabil und unverwüstlich wie die Pyramiden von Gizeh. Allerdings ist der Bildschirm bei der maximalen Teilnehmerzahl derart mit Anzeigen zugemüllt, dass man vom eigentlichen Spiel ziemlich wenig zu sehen bekommt. Außerdem ist sehr ärgerlich, dass es vom Koop abgesehen keinerlei Mehrspielermodi gibt – kein Deathmatch, kein gar nix. Außerdem waren die Entwickler bei den Multiplayer-Spielermodellen etwas faul: Einige Figuren wurden neu designt, einige unverändert vom Original übernommen – und sehen entsprechend hässlich aus. Von der grafischen Aufmotzung abgesehen gibt es keinerlei Erweiterungen im Vergleich zum Original: Keine neuen Levels, keine frischen Spielmodi – und der Editor des Originals fehlt.