Alljährlicher Terror
Seit 2004 sorgt die Saw-Serie für volle Kinosäle. Was in den ersten Teilen als subtiles Psycho-Spielchen beim Kampf ums Überleben begann, ist mittlerweile zu einem Gorefest mutiert, in dem die Tod bringenden Fallen stärker im Mittelpunkt stehen als Charaktere oder Story. Zum vorläufigen Abschluss der Filmreihe gibt es sogar noch den unausweichlich scheinenden Abstecher in die dreidimensionale Zelluloid-Welt.
Bei dem Erfolg der Streifen war es verwunderlich, dass sich lange Zeit niemand an ein Spiel um Jigsaw, seine Motive und
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Willkommen beim Überlebens-Kampf. Tobin Bell übernimmt auch in der Spielfortsetzung die Rolle von „Jigsaw“. |
Fallen gewagt hat. Konami hat schließlich mit den Zombie Studios das Projekt angefangen und letztes Jahr Saw veröffentlicht. Erzählerisch zwischen den ersten beiden Filmen angesiedelt, konnte man in der Rolle von Detective Tapp versuchen, Rätsel zu lösen, Opfer für Unschuldige zu bringen und das Spiel des gestörten Genies Jigsaw überleben. Trotz einiger interessanter Ansätze und einer dichten Atmosphäre kam der Survival-Horror allerdings nicht über das Mittelmaß hinaus. Die Kämpfe waren zu spröde, die Rätselelemente häufig zu leicht und redundant. Mit Saw 2 – Flesh & Blood (S2) meldet sich Tobin Bell in der Rolle von Jigsaw zurück – und die Zombie Studios haben die Chance, zu beweisen, dass sie im Gegensatz zu vielen Jigsaw-Opfern in der Lage sind, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen.
Jigsaw wäre zufrieden… oder nicht?
Die Methoden von Jigsaw sind sicherlich diskussionswürdig. Doch das Ziel dahinter, die Läuterung von Personen, die sich schwere Verfehlungen gegen ihre Mitmenschen geleistet haben, ist lobenswert. Doch wie würde der Meister-Einforderer von Opferbereitschaft mit den Jungs der Zombie Studios ins Gericht gehen, die sich mit Teil 1 einige Verfehlungen gegen das Spieldesign geleistet haben? Würden sie seinem Urteil standhalten können? Auf den ersten Blick ja! Denn zum einen haben sie sich hinsichtlich Mechanik und Inhalten nicht allzu weit vom Vorgänger entfernt. Zum anderen haben sie versucht, mit neuen Elementen einige Mankos auszumerzen.
Allerdings schaffen sie es immer noch nicht, einen Survival-Horror zu inszenieren, der dem Ruf und dem Erbe der Zelluloid-Sägen gerecht wird. Zumal sie sich bei S2 sogar hinsichtlich der Geschichte einige Schnitzer erlauben. Ob dies jetzt damit zu tun hat, dass aus der mutmaßlichen Idee, die Story zwischen den Filmen numero zwei und drei anzusiedeln, letztlich eine direkte Fortsetzung des ersten Spiels wurde, sei dahingestellt.
Doch abseits der Einstiegs-Sequenz, die dem zweiten Film entnommen ist und in der man mit einem Skalpell am Auge des Opfers herumschnippelt, um an einen dahinter versteckten Schlüssel zu kommen, der wiederum eine der berüchtigten Bärenfallen entschärft, bleibt man erzählerisch und dramaturgisch eher schwach. Die Geschichte um Detective Tapps Sohn,
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Düstere Umgebungen und passable Lichteffekte verströmen Film-Flair. Dennoch bietet Saw 2 visuell größtenteils biedere Durchschnittskost. |
der ein distanziertes Verhältnis zu seinem im ersten Spiel verstorbenen Vater pflegt und sich als Fotojournalist seinen Lebensunterhalt verdient, hat nur selten den charakterlichen Tiefgang, den man zumindest aus den ersten drei Filmen kennt.
Zwar wurde Tobin Bell als Jigsaw noch stärker in die Dramaturgie eingebunden und kann auch die besten Szenen für sich verbuchen, doch der Rest der Besetzung bleibt leider sehr blass. Das geht mitunter so weit, dass man sich wünscht, man müsse diese oder jene Person nicht aus den lebensbedrohlichen mitunter brutalen Fallen retten und freut sich vielleicht sogar heimlich, wenn sie das Zeitliche segnen. Leider hat man niemals die Wahl -wie so häufig, wenn man Jigsaws Spiel spielt- und muss sie retten. Abseits der verbesserungswürdigen schauspielerischen Leistung der meisten virtuellen Darsteller kann die Geschichte sogar mit der einen oder anderen Saw-typischen Wendung punkten. Doch unter dem Strich kann das Drehbuch weder mit dem Vorgänger und schon gar nicht mit den Filmen mithalten. Und wieso auch Tapp Junior wie sein alter Herr barfuß durch die Gegend stapfen muss und keine der Leichen, die er findet (oder für die er verantwortlich ist), Schuhe in seiner ungefähren Größe bereit hält, bleibt ein ungelöstes Geheimnis. In jedem Fall wirkt das spätestens nach dem vierten Toten mit Schuhen wie im Vorgänger unglaubwürdig.