Beim Vormarsch merkt man, dass es etwas anderes ist, auf feindlichem Gebiet zu agieren:
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Wer sich ins Feindesland wagt, muss mit Verlusten rechnen. Die meisten Musketiere sterben nicht durch den Feind, sondern an Entkräftung. |
Da man nicht alle Gebiete einnehmen kann, weil das zu viel Zeit kostet, leidet die Versorgung der Soldaten mit Nahrung, Munition und Leuten. Je tiefer man eindringt, desto mehr ist die Kampfkraft der Musketiere, Kanoniere oder Husaren in Gefahr. Auf einer Kartenansicht sind die Nachschubwege eingezeichnet, die unter Kriegshandlungen viel weniger funktionieren. Dafür lassen sich in eigenen Provinzen Lager bauen, was allerdings nur Generäle können – das ist übrigens das Einzige, was man im gesamten Spiel bauen kann. Allerdings gibt es verschiedene Ausbaustufen, so dass eine nicht reicht, etwa um die riesige Elbarmee mit zigtausend Mann zu versorgen.
Wenn man eine Großstadt einnimmt, bekommt man zwar Nachschub. Aber jede Eroberung erfordert ein genaues Vorgehen, so muss etwa auch die Befehlskette stimmen: Jedem Offizier kann nur eine gewisse Anzahl Einheiten als Bataillon zugeordnet werden, was auch wegen der Bedienung, bei der man mehrere Knöpfe zugleich drücken muss, nicht einfach ist. Zudem braucht man einen fähigen Anführer wie etwa Friedrich den Großen. Aber er ist eigentlich auf die Offensive spezialisiert und kann eben nicht alles managen, weshalb man auch schlechtere Generäle mit der Führung einer Armee betraut. Haben sie zu viele Einheiten unter sich, bekommen sie einen Malus, was sich auch bemerkbar macht. Die Kunst ist es, das ins richtige Verhältnis zu bringen, da man immer mehr Soldaten als Offiziere hat.
Schlachttaktik light
Friedrich II. liebte seine Schiefe Schlachtordnung, die er immer wieder einsetzte. Dabei wird eine Flanke der Armee
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Die Schlachten sind was für Zocker, da man nie genau weiß, was einen erwartet. Zudem ist die Ansicht wenig prickelnd. |
verstärkt, die so einen Durchbruch in der feindlichen Linie erzwingen soll. Zwar hat der Hohenzoller auch im Spiel spezielle Eigenschaften, die sich auf Offiziere und Mannschaften übergehen, die dann besser kämpfen, aber eine richtige Taktik ist nicht möglich. Zwar spielen Gelände, Witterung und Art der Truppen eine Rolle, aber man kann der Schlacht keine entscheidende Wendung geben. Wie bei Europa Universalis ist man stattdessen darauf angewiesen, alles im Voraus richtig zu machen, was in dem Datenwust fast unmöglich ist. Daher ist es unerlässlich, den Landstrich mit Kavallerie aufzuklären, damit man wenigstens weiß, wer anrückt – sonst läuft man irgendwann in eine Falle, aus der es kein Entrinnen gibt.
Der Ablauf der Schlachten ist zudem fest vorgegeben und kann nur grob abgeändert werden: Man kann seiner Armee vorher sagen, ob sie Feinde ignorieren, sich offensiv verhalten oder zum Sturm übergehen soll. Ansonsten ist es nicht möglich, wie etwa bei Empire: Total War, direkt im Getümmel dabei zu sein und ins Geschehen einzugreifen. Es gibt noch nicht mal die Möglichkeit zum Rückzug, wenn der Kampf läuft, was nach jeder Runde passiert. Die Schlachtdarstellung beschränkt sich trotz zeitgenössischer Truppen aufs Nötigste, denn hier ist nur ein Balken zu sehen, der sich neigt. Immerhin gibt es nach dem Gemetzel die genaue Auflistung der Verluste sowie das Ergebnis. Zu Beginn siegt man noch oft mit den Preußen, da sie besser geführt werden, was sich im Verlauf des Spiels allmählich ändert.
Kaum zu bändigen
Solche taktischen „Strategiemonster“ neigen zur Unübersichtlichkeit,
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Unterhändler können Däumchen drehen, denn die diplomatische „Ansicht“ ist die einzige, die übersichtlich ausfällt. |
was leider auch für Rise of Prussia gilt. Trotz aller Tutorials ist fast nichts einfach zugänglich, alles muss man sich erst erarbeiten. Dass das Spiel teils nur englische Texte bietet, macht es nicht gerade einfacher, da so ein Wirrwarr aus englischen Begriffen, deutschen Einheitennamen, Kleinstaaten und Adeligen entsteht. Für Leute, die keine Geduld haben, ist das also nichts. Aber wer sich gern ins 18. Jahrhundert reinknien möchte, bekommt hier einen historischen Geheimtipp, bei dem es viel abseits der Schlachten zu entdecken gibt. Zudem ist es das einzige Spiel, das Friedrichs Einsatz im Siebenjährigen Krieg derzeit so dezidiert behandelt. So lohnt sich schon deshalb der Download bei GamersGate.
Trotzdem könnte die trockene, aber wichtige Auflistung der Einheiten, Generäle und Ziele besser visualisiert sein, denn hier findet man im Wust manchmal gar nichts mehr. Und das, obwohl Diplomatie nur auf dem Papier besteht, da der Ordner dafür immer leer ist. Auch die Erforschung der Einheiten läuft im Gegensatz zu Hearts of Iron eher spartanisch, da diese nur verbessert werden können. Auch in Sachen Verhandlung, Technik und Bauoptionen könnte das Spiel noch deutlich zulegen. Und der Seekrieg spielt bis auf ein paar Boote auf der Elbe kaum eine Rolle, was aber in Ordnung ist, da weder Preußen noch Österreich große Seemächte waren.