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Red Dead Redemption (Action-Adventure) – Red Dead Redemption

Ich habe Deutschland getötet! Es war einer jener Momente, die nicht anders hätten enden dürfen: Zu fünft saßen wir am Pokertisch und kaum hatte ich zwei Spiele für mich entschieden, schon bezichtigte er mich des Betrugs. Sein Akzent sagte mir, wo er herkam, also habe ich ihn »Germany« genannt. Und Germany wollte es unbedingt wissen. Keine Minute später floss sein Blut in das Rot des Sonnenuntergangs. Natürlich konnte er nicht so schnell ziehen wie mein Revolverheld. Natürlich ritt John Marston auch an diesem Abend weiter – als einer der letzten seiner Art.

© Rockstar San Diego / Take-Two

Der schönste Western!

Ich könnte Seiten damit füllen, was ich in Rockstars Grenzland gesehen habe: Vom Galopp in den Sonnenuntergang über den Staub unter meinen Füßen oder das nächtliche Lagerfeuer inmitten eines Konzerts der Grillen bis hin zu den dreckigen Pfützen unter einem blitzenden Gewitterhimmel – ihr wisst, wie Hollywood seinen Wilden Westen inszeniert? Nehmt die schönsten Momente der Filmgeschichte und ihr wisst auch, was in Rockstars Wildem Westen auf euch wartet.

Ich sauge nach

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Video: Willkommen in New Austin – der Starttrailer öffnet das Fenster in den Wilden Westen.

einigen Dutzend Stunden noch immer jeden Ausblick in mich auf, ich genieße nach mehreren Tagen noch immer diese unglaubliche Weite. Ich verweigere mich heute noch dem komfortablen Schnellreisesystem, weil ich jeden Moment in dieser einmaligen Welt genießen will. Jedes knorrige Holzhaus der frühen Siedlungen ist einzigartig, jede Lehmmauer in Mexiko wie aus einer Postkarte geschnitten: Red Dead Redemption ist nicht nur der schönste Spielewestern aller Zeiten. Es ist eine der eindrucksvollsten virtuellen Welten überhaupt!

Der Zahme Westen

Nur eins ist der Westen dieses Amerika nicht: Er ist längst nicht mehr so wild wie ihn Protagonist John Marston im Gedächtnis hat. Motorisierte Vierräder erobern die asphaltierten Straßen, vornehme Sonntagskleider den Alltag. Im Jahre 1911 steht nicht nur der erste Weltkrieg kurz bevor; die Moderne verdrängt auch die fast unberührte Wildnis der amerikanischen Steppe. Marston versteht nicht alles, was aus dem Osten des Landes in seine Welt vordringt. Die ersten Menschen erheben sich in den Himmel? Für ihn unvorstellbar!

Dabei ist der alte Revolverheld selbst ein Symbol der neuen Zeit – unbewusst natürlich. Aber weil er sich von seinem Leben als Gesetzloser verabschiedet und eine Familie gegründet hat, steht auch Marston für den Wandel. Und um seine Familie geht es schließlich, wenn er noch einmal seinen Pistolengürtel anlegt, um die Mitglieder seiner alten Bande zur Strecke zu bringen. Freiwillig zieht er nicht in die Prärie; die Regierung hält seine Familie gefangen. Und als er so in dem kleinen Örtchen Armadillo ankommt, tritt er deshalb in die erzählerischen Fußstapfen von Niko Bellic, der als seelisch verwundeter Kämpfer ebenfalls ein neues Leben beginnen wollte.

Charakterköpfe

Rockstars große Stärke ist dabei erneut ein hervorragendes Ensemble, welches die Sprache und die Klischees des Spaghetti-Westerns so originalgetreu einfängt, dass wohl selbst Sergio Leone den Hut ziehen würde. Gesichtszüge sind zwar meist starr, Mimiken beschränken sich auf das Hochziehen eines Mundwinkels oder einer Augenbraue – die Entwickler arbeiten meist mit unterschiedlichen Aufsätzen für relativ starre Gesichter. Die erstklassige Arbeit der Sprecher sowie das treffsichere Gespür des Regisseurs für die wichtigen kleinen Gesten sind allerdings ein Beispiel für

Von der Großstadt in den Wilden Westen: Hey ho Silver, auf geht’s!

ausgezeichnete Schauspielkunst.

Ich mache also meine ersten Schritte im Grenzland, schließe erste Freundschaften und lerne Johns trockenen, oft nicht einmal beabsichtigten Humor kennen. Marston ist kein Intellektueller – er ist ein einfaches Raubein, das viel erlebt hat. Nachdem er die Begegnung mit dem ersten seiner ehemaligen Partner, Bill Williamson, nur mit Mühe überlebt hat, kommt er zunächst in der Nähe Armadillos, auf Bonnies Farm unter. Als Ausgleich für die Arztkosten, mit denen ihm die kecke Ranger-Dame das Leben gerettet hat, schiebt John eine Zeit lang auf ihrer Farm Wache, verdingt sich als Kuhtreiber, reitet Pferde für sie ein und begleitet sie bei Besorgungen. Zwischendurch trifft er aber auch auf den Sheriff Armadillos und hilft ihm beim Beseitigen lästiger Störenfriede. Warum sich der ehemalige Bandit auf die Seite des Gesetzeshüters schlägt? Weil der ihm im Gegenzug auf der Jagd nach Williamson helfen will. Und so lerne ich, wie John schon vom Pferd oder von Kutschen aus schießen kann, wie er per Knopfdruck in Deckung rutscht und wie er seine Ziele per Zeitlupe ins Visier nehmen kann. Letzteres, das so genannte Dead Eye, ist ein Überbleibsel aus dem Vorgänger, der abgesehen davon und einer gelungenen Anspielung nichts mit Red Dead Redemption zu tun hat. Später markiert John im zeitlich begrenzten Dead Eye mehrere Ziele automatisch, wenn ich mit der Zielmarkierung darauf zeige. Noch später darf ich die genaue Trefferzone manuell festlegen, bevor er schneller als sein Schatten auf die Markierungen feuert.