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Rage 2 (Shooter) – Wuchtiges Ballett im Ödland

Auf einen Gegner springen, während des Abschießens zweier Schrotladungen in der Luft stehen bleiben, um mit einem vernichtenden Faustschlag schließlich gen Boden zu krachen: Das ist Rage 2! Klingt nicht unbedingt nach einem Shooter von id Software, aber schon mit dem Vorgänger wollten die Doom-Macher ja eine ganz neue Zielgruppe erschließen. Ob ihnen das nun mit der Hilfe eines zweiten Studios gelingt, besprechen wir im Test. Auf ins Ödland!

© Avalanche Studios und id Software / Bethesda Softworks

Schützenhilfe

Und dieses zweite Studio, das kennt sich aus. Immerhin stammen sowohl Just Cause als auch Mad Max und Generation Zero aus der schwedischen Spieleschmiede Avalanche Studios. Mit anderen Worten: Offene Welten sind das Ding der Skandinavier. Kein Wunder also, dass id Software und Publisher Bethesda dort Unterstützung gesucht haben, denn Rage 2 soll als Open-World-Titel mit der Zeit gehen. Deshalb zeichnet Avalanche auch nicht nur als rechte Hand, sondern als federführendes Team verantwortlich. ID leistete lediglich Schützenhilfe – buchstäblich, denn die Shooter-Könner sorgten mit ihrem Know-how dafür, dass sich die Action trotzdem wie ein waschechtes id-Spiel anfühlt.

Wobei diese Frage ja noch nicht geklärt ist. Fühlt sich Rage 2 denn wirklich so fließend und direkt an wie aktuell Doom oder Quake Champions? Ich komme darauf zurück.

„Die Natur findet einen Weg.“

Zunächst mal: Worum geht‘s überhaupt? Im Gegensatz zu Teil eins ist man diesmal nämlich nicht in relativ großen Arealen unterwegs, die mehr schlecht als recht eine offene Welt darstellen. Stattdessen ist das Ödland, also die verdächtig an Borderlands erinnernde Postapokalypse, diesmal tatsächlich offen. Man erkundet also – wahlweise als weiblicher oder männlicher Ranger – meist felsige, relativ weitläufige Umgebungen und arbeitet dort so viele Aufgaben ab wie die Übersichtskarte Symbole darstellen kann.

Findet man im Süden des verfügbaren Gebiets dabei vor allem Felsen und Sand, bereist man weiter nördlich sogar einen saftigen Wald. Die Rage-Welt hat sich verändert; das Leben hat auch im Ödland einen Weg gefunden. Warum man diese Dünen und Grünflächen durchkämmt? Weil eine paramilitärische Gruppe namens Authority mit größenwahnsinniger Genetik experimentiert, die Basis der Heldin bzw. des Helden plattmacht und überhaupt irgendwas Gewaltiges plant, während so ganz

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Ein paar hübsche Postkarten-Motive entdeckt man allemal… © 4P/Screenshot

nebenbei eine Reihe durchgeknallter Banden und Mutanten ihr Unwesen treiben.

Es wird sonnig

Nun ist die Geschichte kaum der Rede wert. Alte und neue Bekannte reden sich den Mund fusselig – hauptsächlich auf der Suche nach Erklärungen, weshalb man diesen oder jenen Wegpunkt ansteuern muss. Also steuert man diesen und jenen Wegpunkt an, tötet ein paar Dutzend Bösewichte und kehrt zu den Gesprächspartnern zurück, um sich die nächste Erklärung anzuhören. Das Ganze ist in keiner Form spannend, witzig oder sonst irgendwie interessant, nur wenige Ausnahmen bestätigen diese Regel. Rage 2 befindet sich auf einem seltsam emotionslosen Mittelweg zwischen verrücktem Comic-Flair und einer gewissen Ernsthaftigkeit. Bewegende Momente sind hier jedenfalls so selten wie Regengüsse.

Apropos: Nicht einmal Sandstürme oder sonstige Wettererscheinungen gibt es. Ganz allgemein fehlen Rage 2 herausragende visuelle Reize. Auf eine routinierte Art hat Avalanche zwar einen sehr ansehnlichen Schauplatz kreiert. Ich vermisse allerdings prägende Felsformationen, interessante Architektur oder andere Besonderheiten. Ein paar alte Archen verschönern hier und da den Horizont, das war’s aber schon. Viele verfallene Städte sehen dafür erstaunlich hässlich aus – nicht auf postapokalyptische Art, sondern im Sinne von Hochhäusern, die gefühlt der PS2-Ära entstammen. Zu allem Überfluss wirkt das Ganze aus der Luft seltsam klein, beinahe wie Spielzeug, denn die eigene Figur ist relativ groß im Vergleich zu Bergen und Gebäuden.