Der Fremdgänger
Echte Überraschungen sind selten in der Welt der Videospiele. Doch als Irem (immerhin der Entwickler des originalen R-Type) den Namen seiner Neuauflage bekannt gab, raunte genau wie zu Rockstars Tischtennis-Zeiten ein ungläubiges „Was zum Henker?!“ durch die 4Players-Hallen. „Tactics“ lautet der Untertitel des Ablegers und der bringt es auf den Punkt: Anstatt euren R-Type-Flieger an wild ballernden Bydo-Bösewichten vorbei zu manövrieren, kommandiert ihr einen Trupp unterschiedlicher Raumschiffe im Kampf gegen die Bydo-Flotte. Das ist Rundentaktik im Reinform – so rein, dass unsere Retro-Koryphäe Paul seine UMD schon vor
dem ersten Gefecht aus dem Laufwerk gepfeffert hatte.Leider muss die PSP jede Kampfszene erst nachladen – stellt die Videos lieber gleich zu Beginn ab.
So entgeht ihm aber, dass Tactics seinen Namensvettern trotz des Genre-Sprungs erstaunlich treu bleibt. Das fängt bei dem in Sechsecke unterteilten Spielfeld an, das sich ausschließlich in der Breite erstreckt und deshalb visuell an die Shooterfamilie erinnert. Es geht bei Hintergründen weiter, die ebenfalls den gewohnten Ausblicken ähneln. Und es endet bei eigenen und feindlichen Raumschiffen, mit denen bzw. gegen die Veteranen-Piloten bereits gekämpft haben. Schön, dass ihr eure Flotte sogar gegen bekannte Monster wie den roten Dobkeratops des allerersten R-Type-Levels führen müsst – da werden Erinnerungen wach!
Nutze die Macht!
Dabei stehen euch nicht nur die bekannten Angriffsflieger zur Verfügung, sondern auch Großraumschiffe, die gleich mehrere Sechsecke einnehmen und deren Kanonen ihr wie separate Einheiten befehligen müsst. Weiterhin fügt Irem Bomber, Transportraumschiffe, Treibstoff- oder Munitionstransporter sowie Variationen verschiedener Schiffe hinzu – der Flugpark ist beachtlich und erlaubt zahlreiche Taktiken! Da ihr die Einheiten zudem zwischen den Gefechten aus gesammelten Ressourcen selbst fabrizieren müsst, dürft ihr die Strategie ganz nach euren Vorlieben auslegen.
Umfangreich wird es aber erst, weil auf jeder Einheit bis zu vier Waffensysteme mit unterschiedlicher Reichweite und Feuerkraft installiert sind und ihr den Schiffen auch Piloten zuweisen müsst. Letztere gewinnen dabei so lange an Erfahrung wie ihr Schiff intakt bleibt. Diese
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Natürlich erwartet euch auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten. |
Der Krieg im Notizbuch
Unter solchen Voraussetzungen verspricht R-Type Tactics also wunderbar forderndes Hexfeld-Verschieben…
… die es leider nur zum Teil erfüllen kann. Da ist z.B. der immer gleiche Aufbau des Spielfelds, auf dem auf auch jeweils unterschiedliche Hindernisse zu wenig Abwechslung schaffen. Es wäre besser gewesen, wenn sich die Entwickler weniger stoisch an die horizontalen Schablonen gehalten hätten. Abgesehen davon führt nicht nur ein technisch und erzählerisch öder Film in das Spiel ein; der anscheinend verzweifelte Kampf gegen das Bydo-Imperium kommt auch danach nie über das Drama eines Notizbuch-Eintrags hinaus. Tatsächlich wird die gesamte Story bis auf zwei weitere vorberechnete Szenen anhand von Tagebuch-Einträgen erzählt: Irgendein Veteran rettet da wohl die Menschheit – na, wird schon klappen.
Die Balance der Bomber
Noch schwerer wiegt die nüchterne Erzählweise bei der praktisch nicht
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So zahlreich die taktischen Möglichkeiten auch sind, so bieder werden sie leider präsentiert. |
Weil die Musik jedoch mit sehr wenigen, sehr langweiligen Synthie-Melodien eher an Esoterik-Lehrgang als an knackige Gefechte erinnert und nicht einmal gelegentlich bekannte Themen zitiert, und weil jede der (abschaltbaren) filmischen Kampfszenen erst nachgeladen wird, verschenkt Irem unterm Strich einfach zu viel Potential, als dass mich R-Type Tactics lange ans taktische Schaltpult fesseln könnte. Ich hätte mich auch über die Möglichkeit gefreut, übers Internet Schlachten zu schlagen – den WiFi-Duellen konnten wir mit nur einer UMD leider nicht auf den Zahn fühlen.