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PlayStation VR (Hardware) – Das VR-System für die Masse?

Oculus hat die neue VR-Ära mit seiner Kickstarter-Kampagne angestoßen. Valve und HTC haben das Konzept mit Vive durch freie Bewegungen im virtuellen Raum erweitert. Mit PlayStation VR öffnet jetzt Sony allen PS4-Besitzern das Tor zur Virtual Reality – und will der Technologie mit einem Kampfpreis von knapp 400 Euro zum Durchbruch auf dem Massenmarkt verhelfen. Kann das Erlebnis mit der deutlich teureren PC-Hardware mithalten? Oder hat Sony an den falschen Stellen gespart und der Konsole mangelt es an der nötigen Rechenleistung? Unser Hardware-Test klärt auf…

© Sony / Sony

Einfache Einrichtung und erste Einschränkungen

Plug & Play, also anstöpseln und fertig – das war immer eine der großen Stärken der Konsolen im Vergleich zum PC, wo die Einrichtung von Treibern und Geräten zumindest früher deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen konnte. Auch PlayStation VR ist in wenigen Schritten einsatzbereit: Mit Hilfe der Schnellanleitung verbindet man fix alle nötigen Kabel, die von Sony sogar mit Nummern versehen wurden, damit auch nichts schief gehen kann. Ein HDMI-Kabel führt vom Videoausgang der PS4 in die Prozessoreinheit, ein weiteres wieder raus zum Fernseher oder einem AV-Receiver, der das Signal anschließend an die Mattscheibe weiterreicht. Darüber hinaus muss die quadratische Box, die etwa 143 mm Breite/Länge und 36 mm Höhe aufweist, per USB-Kabel mit der Konsole und per Stromkabel mit einer Steckdose verbunden werden. Ärgerlich: Da die Prozessoreinheit keinen Netzschalter besitzt, kann sie nur in einen Standby-Modus versetzt werden und verbraucht dort weiter Energie. Zieht man den Stecker, wird auch das Videosignal nicht länger durchgeschliffen, wenn man die PS4 abseits von VR-Anwendungen nutzen möchte. Für noch größeren Unmut dürfte Sony aber bei Besitzern hochwertiger 4K-Fernseher mit HDR-Unterstützung sorgen, denn wie im Vorfeld bekannt wurde, ist die Prozessoreinheit nicht in der Lage, das HDR-Signal zu verarbeiten und ans TV durchzureichen. Die Folge: Möchte man Medien mit HDR-Darstellung über die PS4 konsumieren, muss man die HDMI-Kabel immer wieder umstecken, wenn man sowohl die VR-Brille als auch die HDR-Wiedergabe der Konsole nutzen möchte.

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Kabel, Kabel und noch mehr Kabel: Der Anschluss und die Einrichtung von Headset und Prozessoreinheit funktioniert trotzdem schnell und einfach. © 4P/Screenshot

Im letzten Schritt wird noch das dickere Kabel des VR-Headsets mit den beiden vorderen Anschlüssen der Prozessoreinheit verbunden – fertig! Mit einer Länge von etwa 4,5 Metern erlaubt es nicht nur den idealen Mindestabstand von 1,5 bis zwei Metern zur PS4-Kamera, sondern auch ein gewisses Maß an Bewegungsfreiheit innerhalb des Raums – sehr gut! Trotzdem: Wie schon bei den PC-Geräten hat man auch hier das Gefühl, von Kabeln regelrecht erschlagen zu werden! Beim Spielen stört es zwar meistens nicht, aber trotzdem wächst die Sehnsucht nach einer kabellosen Zukunft in kommenden VR-Hardwaregenerationen. Im Fall von PSVR müsste dann aber die kleine Steuerungseinheit am Kabelstrang mit ihren vier Knöpfen und dem 3,5mm-Klinkenanschluss für Kopfhörer neu positioniert werden: Hier schaltet man die VR-Brille ein und aus, aktiviert oder deaktiviert das eingebaute Mikrofon und regelt die Lautstärke, die über angeschlossene Kopfhörer ausgegeben werden soll. Da man unter der Brille bekanntlich wenig von der Außenwelt sieht und gerade am Anfang das Risiko besteht, aus Versehen den falschen Knopf zu drücken, kann man deren Unterschiede auch leicht ertasten. Die Knöpfe für Power und Mikrofon sind tiefer in den Plastikrahmen eingelassen, während die beiden Lautstärkeregler deutlich hervortreten und der Plus-Knopf mit einer zusätzlichen Mini-Auswölbung aufwarten kann. So hat man alles im wahrsten Sinne des Wortes im Griff. Als problematischer kann sich die externe Audio-Lösung erweisen, für die sich Sony entschieden hat: In-Ear-Kopfhörer, die sich übrigens auch im Lieferumfang befinden, lassen sich zwar ohne Schwierigkeiten verwenden, doch wer größere Over-Ear-Modelle bevorzugt, könnte angesichts der Plastikbügel des Headsets an seine Grenzen stoßen. Mit meinen Teufel Mute hatte ich Glück und auch ein anderes Paar von mir getesteter Over-Ear-Kopfhörer waren im grünen Bereich, doch Jan und Ben hatten mit ihren Modellen Pech – sie waren schlichtweg zu groß, um sich in Kombination mit PSVR ordentlich verwenden zu lassen.         

Hoher Tragekomfort

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Dank Rundum-Polsterung und einer hervorragenden Gewichtsverteilung wird ein hoher Tragekomfort geboten. © 4P/Screenshot

Schaltet man beide Geräte ein, wird die VR-Brille umgehend von der PS4 erkannt und man wird nach einem ersten Firmware-Update Schritt für Schritt durch die Einrichtung geführt, darunter die ideale Position von Kamera sowie Headset für eine optimale Erfassung und die Anleitung zum Aufsetzen des Geräts sowie zum Scharfstellen des Bildes. Während die ersten Anpassungen der PC-Headsets mit Klettverschlüssen etc. etwas fummelig sein können, zieht man bei PlayStation VR einfach den hinteren Bügel bei gedrücktem Knopf nach hinten und stülpt sich die Brille anschließend über den Kopf. Falls nötig lässt sich die Halterung mit einem Drehrad auf der Rückseite weiter stramm stellen – der Kopf wird quasi zwischen dem vorderen und hinteren Teil des Headsets eingespannt. Das wird nur dann unangenehm, wenn man das Band innerhalb der Bügel zu fest arretiert und dadurch einen zu großen Druck auf den Schädel ausübt. Ansonsten glänzt PlayStation VR mit dem höchsten Tragekomfort aller bisherigen VR-Brillen. Das Gewicht verteilt sich hervorragend über den gesamten Kopf und die Polster an Stirn, Seite und Hinterkopf des Gestells sorgen für ein angenehmes Gefühl. Selbst nach mehreren Stunden am Stück drückt oder zwickt da nichts – großartig! Das ist vor allem auch deshalb bemerkenswert, weil das VR-Headset mit seinem Gewicht von 610 Gramm (ohne Kabel) sogar mehr auf die Waage bringt ist als die Geräte von Oculus und HTC. Obwohl es überwiegend aus Plastik besteht, wirkt das gute Stück keineswegs billig. Und auch wenn man beim Tragen einer VR-Brille niemals wirklich cool aussieht, muss man Sony immerhin zugestehen, mit PlayStation VR das visuell ansprechendste und stylishste VR-Headset der letzten Jahre abgeliefert zu haben.  

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Spiele wie Robinson: The Journey zeigen mit ihrer ansprechenden Kulisse eindrucksvoll die Stärken des Displays. © 4P/Screenshot

Das vordere Gehäuse für den 5,7 Zoll großen OLED-Bildschirm lässt sich zudem bequem nach vorne und hinten schieben, wenn man einen Knopf auf den Unterseite gedrückt hält. So lässt sich die Position auf individuelle Bedürfnisse hinsichtlich Abstand und Bildschärfe anpassen – auch Brillenträger erhalten durch den gewählten Ansatz genügend Platz und damit die bisher beste Lösung bei VR-Brillen. Die elastische Gummischürze, die das Visier umrahmt und sich auch über die Nasenflügel legt, trägt zwar ebenfalls zum Komfort bei, kann das Eindringen von Licht allerdings nicht komplett verhindern. Daher empfiehlt es sich, PSVR vornehmlich in abgedunkelten Räumen zu nutzen, zumal die Erfassung dadurch nicht beeinträchtigt wird. Im Gegenteil: Der Kamera dürfte es bei Dunkelheit sogar etwas leichter fallen, die neun blau leuchtenden LED-Lämpchen zu erkennen, die sich auf Vorder- und Rückseite verteilen und für die Erfassung der Kopfbewegungen benötigt werden. Doch auch bei Tageslicht und in unserem Studio sogar mit hellen Scheinwerfern im Rücken hinterließ das Tracking des Headsets einen hervorragenden Eindruck. Sämtliche Positionsveränderungen werden flott und präzise ohne spürbare Verzögerungen erfasst.