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Pillars of Eternity 2: Deadfire (Rollenspiel) – Konsolen-Lagerfeuer

Pillars of Eternity 2: Deadfire konnte im Mai 2018 unser Platin auf dem PC erobern. Obsidian Entertainment, mittlerweile von Microsoft gekauft und mit dem Action-Adventure Grounded beschäftigt, präsentierte ein klasse Rollenspiel alter Schule, das den Vorgänger in einigen Bereichen qualitativ übertraf, zumal es reifer inszeniert und besser erzählt wurde. Kann das Abenteuer mit seiner offenen Inselwelt, das als „Ultimate Edition“ mit allen Erweiterungen knapp über 21 Gigabyte zählt, auch auf der Konsole begeistern?

© Obsidian Entertainment / Red Cerberus / THQ Nordic / Versus Evil

Wie liest es sich?

Das Wichtigste bei einem Rollenspiel, das sich derart literarisch präsentiert und stellenweise an ein Abenteuer-Spielbuch erinnert, ist natürlich die Lesbarkeit. Pillars of Eternity 2: Deadfire inszeniert viele Kämpfe, viel Erkundung, aber lebt von lebendiger Party-Interaktion, politischen Intrigen, Entscheidungen zwischen Fraktionen sowie einer vielschichtigen Erzählführung mit tollen Dialogen. Die sind zwar alle auf Englisch eingesprochen, aber es gibt nichts Schlimmeres als winzig kleine Schrift, die man angestrengt entziffern muss – gerade auf der Konsole ist das häufig ein Problem. Umso schöner ist es, dass man die vorbildlich ins Deutsche übersetzten Texte super lesen und die Menüschrift manuell auf 130% vergrößern kann.

Ich empfehle einigermaßen erfahrenen Rollenspielern zum Start übrigens den vierten der fünf Schwierigkeitsgrade, also eine Stufe über „normal“ – dann sind die Kämpfe fordernder. Dazu den Expertenmodus aktivieren, der einige Hilfen abstellt, darunter visuelle Markierungen – z.B. auch die Hinweise auf die Talente, die man aufwerten soll. Schließlich würde ich vom reinen Rundenmodus abraten, weil er die Kämpfe nur künstlich verzögert, sondern mit pausierter Echtzeit loslegen. Die komplette Analyse dieses Rollenspiels findet ihr im ausführlichen PC-Test, hier geht es nur um die Unterschiede.

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Pillars of Eternity 2: Deadfire verströmt zwischendurch das Flair der Abenteuer-Spielbücher. © 4P/Screenshot

Für diese Konsolen-Umsetzung zeichnet übrigens nicht mehr Paradox Arctic wie noch beim Vorgänger, sondern Grip Digital verantwortlich. Das ist ein Studio aus Prag, das u.a. den Shooter Mothergunship entwickelte und Subnautica zusammen mit Panic Button für PS4 und Xbox One portierte. Auch wenn die Tschechen hinsichtlich der Lesbarkeit vorbildliche Arbeit geleistet haben, gibt es einige technische Defizite: Der Introtext zu Beginn scrollt leider nicht ganz mit, die Ladezeiten beim Wechsel von der Landschaft in einen Dungeon sind arg lang, es gibt keine wirklich nervenden, aber sporadische Ruckler, man sieht stellenweise Flackerschatten, außerdem hinterlassen die Figuren keine Fußspuren und Wasser spritzt beim Durchlaufen nicht auf.

Gute, aber nicht perfekte Portierung

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Die Kulisse kann sich sehen lassen – aber es gibt einige technische Defizite. © 4P/Screenshot
Trotzdem gehört die malerische Kulisse zu den schönsten dieser isometischen Rollenspielart, inklusive feiner Wetter- und überaus stimmungsvoller Lichteffekte. Die Kamera lässt sich zwar nicht drehen, aber zoomen; die Animationen der Figuren in den Kämpfen können sich auch en detail sehen lassen. An die Steuerung und Menüführung muss man sich – wie so oft bei Konsolenports von PC-Rollenspielen – erst gewöhnen: Die Tasten des Gamepads sind immerhin voll belegt (leider wird das Touchpad der PS4 nicht sinnvoll genutzt), ein Kreismenü erleichtert die Navigation zu Rucksack, Charaktermenü, Tagebuch & Co und kleine Tutorials helfen Einsteigern bei grundlegenden Funktionen von der Figurenauswahl bis hin zu Kampfbefehlen.

 

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Ihr könnt zig Optionen anpassen – natürlich auch den Schwierigkeitsgrad. © 4P/Screenshot
Hat man sich durch die mannigfaltigen Optionen gewühlt (nahezu alles an visuellen Hilfen ist deaktivierbar), die Steuerung angepasst und an die Belegung gewöhnt, entfaltet dieses Rollenspiel schnell seine gemütlichen Reize. Allerdings hat man etwas Wichtiges nicht ausreichend erklärt, so dass man selbst experimentieren muss: die Spezialfähigkeiten im Kampf werden nicht umgehend kurz beschrieben, wenn man sie auswählt, sondern man muss erst Dreieck drücken. Man sieht also über R2 erstmal nur die kleinen Icons für die Befehle des Waldläufers oder seines Begleiters und bekommt nicht auf Anhieb ein Popup oder Ähnliches, dass es sich um den „Verwundenden Schuss“ oder die „Markierte Beute“ handelt – und was er bewirkt. Dass man erst einen Knopfdruck braucht, hemmt ein wenig den Spielfluss, denn je weiter man in der Charakterentwicklung fortschreitet, je mehr Gefährten man in der Party hat, desto mehr Symbole gibt es.