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Pillars of Eternity (Rollenspiel) – Es knistert am Lagerfeuer

Wenn ein Schwarm von 74.000 Fans ein klassisches Rollenspiel unterstützt, dann stehen die Entwickler in der Bringschuld. Sie wollten immerhin ein Abenteuer erschaffen, das an die Qualitäten von Baldur’s Gate, Icewind Dale und Planescape Torment anknüpft. Man erwartet nicht nur eine Party aus Helden und malerische Kulissen, sondern epische Abenteuer in einer lebendigen Fantasywelt. Ob Obsidian Entertainment dem 4-Millionen-Dollar-Vertrauen gerecht werden konnte, verrät der Test.

© Obsidian Entertainment / Paradox Interactive / Versus Evil

Kinder ohne Seele, Fürsten ohne Gnade

Warum gibt es so viele „Hohlgeburten“, so viele Kinder ohne Seele? Ist das ein Fluch der Götter aus alten Tagen? Eine Strafe für Verfehlungen der aktuellen Herrscher? Sind die Frauen das Problem? Ohne Antworten auf diese Fragen wird reflexartig nach Schuldigen gesucht, nach Hexen und Ketzern. Und die werden zum Wohle des Volkes erstmal verbrannt, gehängt oder zumindest verbannt. Blöd ist nur, dass all das für Unruhe sowie politische Konflikte sorgt, für verzweifelte Flüchtlinge und natürlich verdammt viel Neugier.

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Das sieht doch so malerisch aus wie…richtig: Baldur’s Gate & Co! Obsidian inszeniert ein isometrisches Rollenspiel in malerischer Kulisse. © 4P/Screenshot

Die lodert vor allem im Helden, der eigentlich als Siedler ins beschauliche Goldtal reist. Fürst Raedric VII. hat dort mit seiner Art der Inquisition für viel Platz gesorgt und braucht frisches Blut. Allerdings wird die Reise jäh unterbrochen, als die Karawane überfallen, nahezu komplett aufgerieben und von einem seltsamen Sturm heimgesucht wird. Danach ist nichts mehr wie es war im Kopf des Helden: Er sieht plötzlich Tote, hört jenseitige Stimmen und kann in Lebenden auch Vergangenes lesen. Was ist mit ihm los? Eine schon am Baum verfaulende Zwergin nennt ihn einen „Wächter“. Und sie sagt ihm, wer ihm helfen kann. So beginnt ein episches Abenteuer über drei Akte.

Moderne Fantasywelt

Der Einstieg in dieses Rollenspiel ist unheimlich interessant. Man fühlt sich wie ein Verdammter, weiß nicht, wem man trauen kann und will natürlich herausfinden, was das alles zu bedeuten hat. Zur Rätselhaftigkeit trägt auch bei, dass die

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Soll man den verrückten Priester aufnehmen? Ja, denn er hat eine interessante Quest und ist im Kampf als Unterstützer sehr nützlich. Zuschlagen kann er auch mit seinem Stab. © 4P/Screenshot

Fantasywelt Eora eben nicht auf Dungeons & Dragons beruht – es könnte also mehr geben als Melfs Säurepfeil und Schwarzstabs Turm. Was hat es z.B. mit diesen glänzenden Steinen auf sich, die angeblich bis tief in die Erde reichen und die Seelenwanderung ermöglichen?

Das Szenario wirkt mit Elfen, Zwergen und Magie zwar auf den ersten Blick wie klassische Fantasy, aber es wurde um frische Akzente bereichert: Es gibt neben Schwertern und Bögen auch mal Pistolen oder Gewehre, neben Burgen und Tempeln auch seltsame Apparaturen und Maschinen. Aber all das nicht in dem Maße wie etwa in Arcanum, es geht also nicht um Magie versus Technik, sondern eher um verborgene Mächte und Kulturen. Obsidian Entertainment hat hier große kreative Arbeit geleistet, inklusive Wortneuschöpfungen wie „Biawac“ & Co. Über weite Strecken erlebt man allerdings klassische Fantasy, es gibt also auch noch Trolle, Skelette und Spinnen – nur dass die Goblins hier Xaurips heißen.