Manchmal hält der Job als Spiele-Redakteur schöne Überraschungen bereit – z.B., wenn in der Vollversion plötzlich all das besser klappt, was noch im Preview störte. Nanu, die Krachmacher-Granaten zur Ablenkung landen ja plötzlich genau dort, wo ich sie hinwerfen wollte! Und wenn ich mit der schallgedämpften Pistole eine Leuchte oder ein Radio ausschieße, geht die Wache neuerdings zielstrebiger zum verdächtigen Ort, statt mich schon beim Schuss zu entdecken und voreilig Alarm zu schlagen. In Sichtweite wirkt die KI wirkt zwar nach wie vor etwas kurzsichtig bzw. gutgläubig, kann mittlerweile aber insgesamt überzeugen (vor allem im Vergleich zum enttäuschenden Espire 1: VR Operative). Es wirkt beinahe so, als hätten die Entwickler meinen Bericht gelesen – oder den von ähnlich denkenden Testspielern.
Sogar die Wasseroberfläche kräuselt sich in der aufpolierten PC-Fassung aufwändiger, während sich die Suchscheinwerfer realistisch zwischen Algen und Wasserpflanzen brechen. Mit der Detailverliebtheit eines Half-Life: Alyx kann die Kulisse nicht mithalten. Neuerdings wird aber auf dem PC nicht mehr so schnell deutlich, dass von Anfang an auch eine Quest-Fassung im Fokus der Entwicklung stand. Zusammen mit Rogan: The Thief in the Castle gehört Phantom: Covert Ops zu den grafisch aufwändigsten VR-Schleichspielen.
Immer im Kajak
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Allgemein verströmt die Präsentation mit ihrem wabernden Synthie- und Orchester-Soundtrack eine angenehme Actionfilm-Stimmung alter Schule – irgendwo zwischen James Bond und Michael Dudikoff. In einer zerbombten Basis des kalten Krieges scheint sich im Jahr 1991 eine Blacksite abtrünniger Militärs und Terroristen zusammenzurotten. Da niemand den Kreml nervös machen und weltweite Spannungen provozieren will, kommt nur eine verdeckte Mission in Frage, um den unberechenbaren General Zhurov mit seinem vermutlich bunten Arsenal aus ABC-Waffen auszuschalten.
Die verlässlich umgesetzte Fortbewegung im Kajak bringt ein erfrischendes Spielgefühl mit sich: Einfach mit den Bewegungscontrollern nach dem Ruder greifen und schon gleite ich als namenloser Agent mit typischen Paddel-Bewegungen zielsicher durch die größtenteils linearen Kanal-Levels. Kleine Schlupflöcher und Abzweigungen sind in stark bewachten Arealen natürlich das Salz in der Algensuppe. Manchmal mogle ich mich einfach ohne Waffen von einer Schilfrohr-Deckung zur nächsten – oder verstecke mich unter den Stegen der Wachen. Anderswo werden mit Hebeln Wehre geöffnet, Munitionskästen geplündert, zur Ablenkung Feuerlöscher oder Lichtquellen abgeschossen oder Kameras deaktiviert. Das händische Herausrupfen von Sicherungen schafft zwar Immersion. Etwas mehr Anspruch (z.B. durch Minispiele) hätte die Sache aber noch spannender gestaltet, statt z.B. lediglich mit einer Lötlampe Bolzen abzukokeln. Positiv ist dabei aber, dass die Entwickler oft ein paar alternative Wege offen lassen, mit wie viel Gewalt oder geschickten Handgriffen ich etwa einige Server lahmlege.
Pssst!
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Ich konnte allerdings immer nur häppchenweise spielen, um keine echten Häppchen zu Tage zu fördern. Mein Magen verträgt nämlich gleitende Drehbewegungen in VR allgemein nicht sonderlich gut (all die schönen Weltraumspiele!). Zur Linderung des Problems werden immerhin einige Komfort-Optionen angeboten. Wer möchte, kann zudem am Rand Zahlensender „sammeln“ oder versuchen, die Missionen erneut mit Bestpunktzahl abzuschließen, um sich in den weltweiten Bestenlisten zu verewigen. Die Wertung am Ende eines Levels belohnt tatsächlich auf motivierende Weise unentdecktes, gewaltarmes Vorgehen sowie das Ausschalten gesuchter Terroristen mit dem Scharfschützengewehr. Quest-Besitzer müssen natürlich mit einigen grafischen Einschnitten wie fehlenden Wasseranimationen leben. Für einen Mobiltitel wirkt die Kulisse aber trotzdem sehr hübsch und glaubwürdig, zumal Glanzeffekte auf der Oberfläche mit cleveren Tricks imitiert werden. Schade allerdings, dass in aufwändigen Szenen Soundaussetzer und leichte Ruckler stören. In der dunklen Kulisse strapaziert zudem das allgemein gröber wirkende Bild die Augen etwas mehr als am PC.