In Kanada weiß man, was Wildnis bedeutet, wie man einen Rucksack packt und Abenteuer unter widrigen Wetterbedingungen besteht. Umso passender, dass das Survival-Rollenspiel Outward in Quebec entwickelt wurde. Das kleine Team von Nine Dots will auf PC, Xbox One und PS4 in eine offene Fantasywelt entführen, die man alleine oder kooperativ erkunden kann, sowohl online als auch offline im Splitscreen. Dabei geht es um Kampf und Magie, aber in erster Linie um das Überleben auf der Reise zum nächsten Ziel. Wir sind losgezogen.
Hast du einen Trinkschlauch, Schlafsack und Bandagen eingepackt? Jup. Die Laterne am Rucksack befestigt? Jup. Was warmes zum Wechseln dabei? Jup. Schwert dabei? Nein, Kampfstab. Okay, also los, lass uns ein Abenteuer in der Wildnis erleben! Moment: Warum bewegst du dich wie eine Schnecke? Du bist ja komplett überladen! Schau mal auf dein Gewicht – so geht das nicht. Zeig mal, was du alles am Mann und im Rucksack hast: Wüsten- und Winterkleidung von Kopf bis Fuß, Spitzhacke, Pilze, Beeren, Tierhäute, Topf, Fackeln, Feuerstein, Hellebarde, Axt, Harpune, Schild, Holz, Eisen, Silbermünzen…oh je, du musst erstmal ausmisten. Pack das Überflüssige in unsere Truhe im alten Leuchtturm…
…den dürfen wir übrigens nur weiter bewohnen, weil wir in der ersten Quest so naiv waren, die 150 Silbermünzen für
irgendeine Blutschuld zu bezahlen, indem wir eine Höhle von Troglodyten säuberten und die Beute verkauften. Dabei hätten wir als Alternative auch eine Stammesgunst erwerben können, indem wir jemandem aus der Siedlung Cierzo helfen – leider haben wir den verwundeten Fischer erst später am Strand gefunden. Zwar öffnet sich die Welt dieses Survival-Rollenspiels jetzt so richtig, weil wir theoretisch drei Ziele verfolgen können: der unsympathischen Bürgermeisterin in einer anderen Stadt helfen, einer Lady mit coolem leuchtenden Schwert und ihrem heiligen Orden folgen oder in die weit entfernte Wüste reisen, um uns einem alten Kumpel mit mechanischem Arm anzuschließen. Der hat uns schließlich nach einem Schiffbruch gerettet!
Der Weg ist das Ziel
In diesem Abenteuer ist die Reise das Gefährliche, sind Gasthäuser erholsame Lichtblicke, weil sie einem Erholung und Auskunft über den weiteren Weg verschaffen. Einiges an der Konzeption ist durchaus charmant: Ich mag das Prinzips des sichtbaren Rucksacks, den es übrigens in mehreren Ausfertigungen samt daran baumelnder Laterne gibt. All das weckt die Neugier, zumal mich das Survival-Prinzip zu wohl überlegten Schritten auf dem Weg zum Ziel animiert: Schneller als man denkt, sinken die kreisrunde Lebensleiste sowie Ausdauer – wer zu lange rennt oder kämpft, bückt sich und keucht sichtbar. Man kann nicht nur unter Hitze oder Kälte leiden, so dass man Kleidung wechseln muss, sondern auch unter Durst, Hunger oder Krankheiten, so dass umgehend wichtige Statuswerte sinken – manchmal fühlt man sich beim Anblick all der roten Warnicons unter dem Charakter fast wie in einem Cockpit.
Nur dass man hier ohne Autopilot, sondern auf Sicht unterwegs ist: Es gibt zwar einen Kompass, aber keine Teleportationen oder eine Karte mit markierten Ziele, so dass man sich am Gelände oder den wenigen Schildern orientieren muss. Man sollte an einem sicheren Platz ein Lagerfeuer machen, kann aber nur Fleisch oder Fisch direkt braten und braucht für besseres Essen einen Topf darauf, natürlich auch Salz und andere Zutaten sowie die passenden Rezepte. Waffen nutzen sich zügig ab, aber lassen sich reparieren. Verletzungen heilt man u.a. mit Bandagen, aber auch das braucht seine Zeit; gegen Ausdauerverlust helfen Beeren. Noch besser ist eine Rast im Schlafsack, am besten in einem Zelt, doch da kann man angegriffen werden, also muss man Wachen einteilen.
Auch wenn all das interessant anmutet, wurden die Survival-Elemente, die man aus so vielen darauf spezialisierten Spielen von Don’t Starve bis Flame in the Flood kennt, nicht so konsequent sowie elegant umgesetzt wie im wesentlich stimmungsvolleren The Long Dark. Und was nach Abenteuer klingt, sorgt letztlich nicht für genug Anziehungskraft, weil es so viele Brüche in der Welt gibt – nicht nur auf technischer Ebene.