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Not Tonight (Adventure) – Die Brexit-Dystopie

Der Brexit ist Geschichte. Seit dem 31. Januar 2020 ist Großbritannien nicht mehr Teil EU – nach dem vermutlich peinlichsten politischen Tauziehen in der Geschichte der Europäischen Union. Im bereits 2018 für den PC erschienenen Not Tonight war der Austritt nicht das Problem, sondern seine Folgen. Jetzt ist die Brexit-Dystopie auch für Switch erschienen.

© PanicBarn / No More Robots

„Den Ausweis bitte!“

 Spielerisch ist Not Tonight ein Klon des ebenso düsteren wie sozialkritischen Papers, Please von Lucas Pope aus dem Jahr 2013. Doch während man damals in monochromer 8-Bit-Optik an der Grenze einer sozialistischen Diktatur Stempel in Pässe drückte, steht man bei Not Tonight vor schicken Pixel-Hintergründen an der Tür diverser britischer Pubs und Clubs und sortiert nach den Vorgaben seiner Vorgesetzten aus. Unter 18, irische Abstammung oder ein abgelaufener Ausweis? So kommt ihr mir hier aber nicht rein Freunde!

Ich schlüpfe dabei in die Rolle von #112, einer ausreisepflichtigen „Euro“-Abstämmigen, die nach dem Brexit in einer heruntergekommenen Wohnung in einem der Sammel-Komplexe für Zuwanderer der ersten oder zweiten Generation eingepfercht wird. Die Regierung aus Konservativen und den fiktiven „Albion First“ (eine faschistische Variante der rechtsnationalistischen UKIP) sortiert die Bevölkerung nämlich ab sofort nach Herkunftsland – und Brite ist man erst in der dritten Generation, ganz egal ob man in UK geboren wurde. Die Türsteher-Jobs kommen über die Bouncr-App direkt aufs Smartphone und der fiese Polizei-Aufseher Jupp kommt immer mal wieder mit Spezialaufträgen um die Ecke. Und jetzt gilt es ranzuklotzen, denn für die nächste befristete Aufenthaltsgenehmigung, das Ziel des ersten von drei Kapiteln, müssen 2500 Pfund Sterling erwirtschaftet werden.

Arbeit ohne Ende

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Auch auf der Switch werden Ausweise kontrolliert und Karten abgerissen – allerdings ohne die direkte Bedienung per Maus oder Touchscreen. © 4P/Screenshot

Ähnlich wie bei Papers, Please ist der unheimlich monotone Spielablauf ein stilistisches Mittel: Das Abgleichen von Alter, Gültigkeitsdauer, Passfoto, Herkunft, später auch von Tickets, Visa und der Einsatz von Metalldetektoren wird zwar immer komplexer und erfordert zusammen mit Gästelisten-Warteschlangen sowie ungeduldigen VIPs auch Multitasking unter Zeitdruck, der grundsätzliche Ablauf bleibt aber immer derselbe. Das strengt oftmals eher an als dass es Spaß macht, zumal kaum Entscheidungen getroffen werden müssen. Stattdessen fliegt jeder Fehler (egal ob absichtlich oder nicht) automatisch auf, sodass ich auch Regeln wie das Aussortieren von Nationalitäten rigoros durchziehen muss, wenn ich weiterkommen möchte.

Das hat spielerische Methode, denn immerhin stelle ich nur ein kleines Rädchen im menschenfeindlichen Post-Brexit-System dar. Zwar gibt es Bestechungsversuche oder man lässt vielleicht mal jemanden aus Mitleid vorbei, insgesamt lohnt es sich aber immer mehr, nach den Regeln zu spielen. Das lässt die stressige Türsteher-Routine jedoch schnell zu einem repetitiven Geduldsspiel werden, das für mich einfach nicht so zünden will wie die Grenzkontrolle des großen Vorbilds.

  1. Carrington hat geschrieben: 09.02.2020 00:28
    Balla-Balla hat geschrieben: 07.02.2020 14:41 Blöd nur, dass die Schwarzmalerei so gar nicht mehr funktioniert. Die Wirtschaft GBs steht besser da als in jedem anderen europäischen Land und BJ als tumben, ausländerhassenden Fascho zu verkaufen, ist auch irgendwie sooo 2018. Wer also, außer eingefleischten Polit-Fanatikern, sollte sowas heute noch spielen wollen?
    Vielleicht sollte man den Plot fürs europäische Mainland umschreiben...
    Die sind ja auch noch im Binnenmarkt. Der Spaß geht erst nächstes Jahr los. Vielleicht sollte man mit der Beurteilung der Folgen des Brexit abwarten, bis er auch tatsächlich und nicht nur rechtlich vollzogen wurde?
    Manche Kommentatoren hier sollten wirklich noch einmal die Schulbank drücken. Danke für die Korrektur dieses Balla-Balla.

  2. Balla-Balla hat geschrieben: 07.02.2020 14:41 Blöd nur, dass die Schwarzmalerei so gar nicht mehr funktioniert. Die Wirtschaft GBs steht besser da als in jedem anderen europäischen Land und BJ als tumben, ausländerhassenden Fascho zu verkaufen, ist auch irgendwie sooo 2018. Wer also, außer eingefleischten Polit-Fanatikern, sollte sowas heute noch spielen wollen?
    Vielleicht sollte man den Plot fürs europäische Mainland umschreiben...
    Die sind ja auch noch im Binnenmarkt. Der Spaß geht erst nächstes Jahr los. Vielleicht sollte man mit der Beurteilung der Folgen des Brexit abwarten, bis er auch tatsächlich und nicht nur rechtlich vollzogen wurde?

  3. Sheepwars3 hat geschrieben: 08.02.2020 18:28
    Grunz Grunz hat geschrieben: 08.02.2020 09:17 Das perfekte Spiel zum bundesdeutschen Fetisch- und Propagandathema. Die EU als virtuelle Wichsvorlage, der Austritt aus ihr als Dystopie. Arme, irre Briten, jetzt werdet Ihr untergehen. Oder so.
    So ein neurechtes Geblubber. Echt jetzt? Bissl gepennt im Unterricht, was?
    Es ist schon erstaunlich was man heute in Gamesforen so ließt. Letztens habs eine News auf GameStar zu Microsoft und den Energiekosten der XBox, und da drunter standen 100+ Comments von Klimawandelleugnern denen Krass einer abging.

  4. Grunz Grunz hat geschrieben: 08.02.2020 09:17 Das perfekte Spiel zum bundesdeutschen Fetisch- und Propagandathema. Die EU als virtuelle Wichsvorlage, der Austritt aus ihr als Dystopie. Arme, irre Briten, jetzt werdet Ihr untergehen. Oder so.
    So ein neurechtes Geblubber. Echt jetzt? Bissl gepennt im Unterricht, was?

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