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Nioh 2 (Rollenspiel) – Die Dämonen sind los

Zwar spielt Nioh 2 als Prequel zum Vorgänger auch im alten Japan des 16. Jahrhunderts, aber das ist kein „historisch korrektes“ Samurai-Abenteuer. Ganz im Stile von Dark Souls inszenieren Team Ninja und Koei Tecmo eine düstere Welt voller monströser Fabelwesen und tückischer Magie. Dabei steht ein Held im Mittelpunkt, der selbst von den dämonischen Yokai abstammt, die es in fulminanten Kämpfen zu besiegen gilt.

© Team Ninja / Koei Tecmo

Die Fratze des Krieges

Was passiert, wenn ein Land für so viele Jahre im blutigen Bürgerkrieg versinkt wie Japan zur Zeit der Streitenden Reiche? Die Grenzen zwischen der Welt der Menschen und jener der Dämonen verschwinden um das Jahr 1555. Zwischen all den Leichen und der Verwüstung schleichen plötzlich Monster umher, die ganze Areale mit einem rußartigen Schleier verunreinigen. Diese so genannten Yokai gibt es in vielerlei Gestalt, vom kleinen Kobold bis zum riesigen Ungetüm. Sie sind fast alle aggressiv und überaus bösartig, aber es gibt auch hilfsbereite und putzige Wesen, mit denen ihr sogar interagieren könnt – begrüßt sie mal oder schenkt ihnen etwas. Nioh 2 bildet das zwiespältige Wesen der japanischen Mythologie jedenfalls gut ab, zumal der Held selbst ein halber Yokai mit einem überaus prominenten Namen ist.

Toyotomi Hideyoshi (1537-1598) war als Samurai, Fürst und General einer der drei japanischen Reichseiniger und wurde später als Shinto-Gottheit verehrt. Er ist das Vorbild für den Helden in Nioh 2, der als Söldner und halber Yokai startet. Mehr zur Mythologie im alten Japan in unserem Video-Special. © 4P/Screenshot
Musste man in Nioh noch mit dem vorgefertigten Charakter William Adams losziehen, der als englischer Samurai berühmt wurde, darf man jetzt seine eigene Figur erstellen – zumindest äußerlich. Denn laut Story ist man nicht als anonymer Held, sondern in der Rolle von „Toyotomi Hideyoshi“ als Söldner unterwegs. Der Name dürfte Geschichtsinteressierten bekannt sein, schließlich hieß so ein berühmter Feldherr der japanischen Sengoku-Periode, dessen Weg man hier quasi mit allen fiktiven Freiheiten nachspielt; siehe dazu den linken Infokasten.

Schnitz dir deinen Samurai

Bei der Gestaltung lässt Team Ninja keine Wünsche offen: Egal ob Mann oder Frau, Statur, Gesicht, Frisur, Stimme oder Bewegungen – nahezu alles kann man in zig Facetten anpassen; dazu gehört auch die Wahl sowie die individuelle Behornung eines Schutzgeistes. So bestimmt man, in welchen der drei Yokai-Typen man sich zum Start verwandeln will; später kommen andere hinzu. Sie alle haben andere Attacken: Wildlinge (Feral) bevorzugen eher das Ausweichen und Zuschlagen, Rohlinge (Brute) setzen auf starke Nahkampfhiebe mit schweren Waffen und Phantome greifen vornehmlich mit Projektilen aus der Distanz an.

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In Nioh 2 könnt ihr einen männlichen oder weiblichen Helden selbst erstellen. © 4P/Screenshot
Wichtiger als die äußere Erscheinung sind allerdings die inneren Werte, zumal sie sich auf vieles andere statistisch auswirken. Ähnlich wie im Vorgänger oder Dark Souls 3 kann eine Erhöhung von z.B. Stärke, Mut oder Geschicklichkeit umgehend sowohl die Lebenspunkte als auch Traglast, Widerstände gegen Elemente oder den Schaden einer Waffe beeinflussen.

Freie Kampf- und Charakterentwicklung

Und davon gibt es reichlich, zwei mehr als noch in Nioh: Vom Katana in mehreren Varianten, der Tonfa als Schlagstock im Doppel bis über den Speer, die exotische Kugarisama der Ninja, die als Sichelkette mit Gewicht geschwungen wird oder die neue Axt samt nützlicher Wurffunktion sowie die neue Sense könnt ihr euch in neun Waffengattungen spezialisieren. Auch wenn Nioh-Veteranen viele bekannte Bewegungen bemerken werden: Mit jeder Klinge ändern sich die Kampfmanöver und je nach hoher, mittlerer oder tiefer Haltung nochmal der Schaden, die Reichweite, das Ausweichen. Es macht richtig Spaß, schon mit leichten und schweren Hieben zu experimentieren, denn sie werden präzise ausgeführt, sobald man den Gegner als Ziel fixiert und in bekannter Manier umrundet. Aber Vorsicht: Die Zeitfenster für eigenes Ausweichen sind sehr gering und man muss bestimmte Konter zunächst freischalten, so dass man selbst von scheinbar einfachen Feinden schnell zu Yokai-Futter verarbeitet wird.

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In welchen Yokai wollt ihr euch verwandeln? © 4P/Screenshot
Erst die fortgeschrittenen Techniken sorgen für komplexere martialische Faszination mit reichlich Martial-Arts-Flair. Sie verbergen sich in eigenen Talentbäume für jede Waffe: Wer hier nach einem Levelaufstieg (oder dem häufigen Gebrauch einer Klinge bzw. einer Fähigkeit) Punkte investiert, schaltet neue passive Boni oder aktive Bewegungen und Kombinationen frei, die in kurzen Videos vorgestellt werden – sehr vorbildlich. Selbst diese einzelnen Talente kann man teilweise nochmal aufwerten! Zwar werden einige Freischaltungen erst nach dem Meistern einer Mission verfügbar, aber hier entsteht von Beginn an eine angenehme Qual der Wahl in der freien Kampf- und Charakterentwicklung. Wer Lust auf Feintuning hat, kann sich so richtig austoben. Keine Angst vor dem „Verskillen“: Sobald man den Schmied freischaltet, kann man gegen Gold alles neu verteilen.

Das Schöne ist, dass man seine Entscheidung direkt in einem der brachialen Gefechte spürt, wenn man eine elegante Parade mit Seitwärtsschritt, einen doppelten Axtwurf oder den akrobatischen Speersalto ausführen kann. Es gibt ja keine festen Klassen, aber hinzu kommen mit Samurai, Ninja, Gestaltwechsler und Magier vier berufliche Talentbäume mit weiteren nützlichen Freischaltungen: Die Attacke von hinten, Shuriken, Feuerbomben, Trittfallen und Katzenläufe, diverse Verzauberungen für Waffen, aber auch ganz wichtige Ki- und Regenerationsfähigkeiten sowie die Weiterentwicklung der dämonischen Verwandlung sowie der Schattenreich-Talente als Yokai. Und genau damit verändert sich das Kämpfen spürbar gegenüber dem Vorgänger.