Im Jahre 2023 ist Paris nicht mehr das, was es mal war. In Nikopol erinnert es eher an die verregneten Hinterhöfe aus Blade Runner als an die Stadt der Liebe. Typische Sehenswürdigkeiten wie Eiffelturm, Notre Dames oder Seineufer sind allenfalls
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Die Herrschaft von Sarkozy hat Paris wohl nicht gut getan. Im Jahr 2023 erinnert es eher an Mordor als an die Stadt der Liebe. |
noch schemenhaft zu erkennen. Die Stadt wirkt finster, herunter gekommen und hat ihre Leichtigkeit eingebüßt. Stattdessen gibt es überall Blinklichter, Neonreklame und Schmierereinen an der Wand. Was ist nur geschehen? Hat Law&Order-Mann Sarkozy doch noch den berüchtigten Dampfstrahler raus geholt, um in den Vorstädten aufzuräumen? Wenn ja, hat es nicht viel genützt, denn nun sieht es überall so aus wie in den trostlosen Plattenbauten der Banlieues.
Kein Wunder – verschanzen sich die Herrschenden doch in einem hermetisch abgeschotteten Stadtviertel, das von allen nur der Bunker genannt wird. Außerhalb lebt der Abschaum der Gesellschaft, wozu auch der Held Alexander Nikopol gehört. Für Ordnung sorgt eine zynische Diktatur, die mit einem riesigen Polizeiaufgebot die Leute kontrolliert und die Reichen bewacht. Wer auffällt, dem werden monströse Wächter auf den Hals gehetzt. Damit nicht genug schwebt wie ein Menetekel eine gigantische Pyramide über der Stadt, die an den Stargate-Film erinnert. Was geschieht da? Die Ankunft führt dazu, dass neben der offiziellen Amtskirche des Diktators Weißkohl (Name klingt lächerlich, stimmt aber) jegliche Form von Aberglaube blüht. Es mischen sich Obrigkeitsglaube, christlicher Fanatismus und altägyptische Gottesfurcht.
Sand im System
Alexander Nikopol ist eigentlich Künstler. Er lebt in einer abgewetzten Wohnung und zeichnet Frauen-Portraits, von denen er
mehr schlecht als recht lebt. Als der allgegenwärtige Überwachsungsstaat unvermutet an seine Haustür „klopft“, gelingt Nikopol gerade mal so eben die Flucht, die der Spieler unter Zeitdruck organisieren muss. Schutz verspricht sich der Held wider Willen von einem ominösen Orden, dem er erst kürzlich beigetreten ist und der auf dem Friedhof beheimatet ist. Es wird immer deutlicher, dass Alexander wegen seiner Herkunft vom Regime verfolgt wird. Sein Vater, der Raumfahrer war, verschwand unter mysteriösen Umständen im All. Gibt es da einen Zusammenhang mit dem pyramidenförmigen Fluggefährt über der Stadt? Fürchtet sich das Regime etwa vor einem einzelnen Mann?
Leider ist diese vielschichtige Hintergrundgeschichte kaum zu verstehen, da sie nicht gescheit erzählt wird. Das recht linear ablaufende Adventure kümmert sich mehr um seine Rätsel, die mit Müll gepflasterten Schauplätze und den coolen Look als um den roten Faden, der von Enki Bilals Comic-Trilogie vorgegeben wird. Und das ist schade, denn so ist es fast ein Wunder, dass überhaupt noch einige Anklänge von Kritik an unserer realen Welt rüberkommen. Auf dem High-Tech-Gottesacker gibt es etwa einen Automaten, an dem man Urnen samt Inhalt rauslassen kann. Um sich die Blechdose mit seiner Mutter „zu ziehen“, muss der Spieler allerdings erst die Kollekte des Wärters plündern. Wenn das mal keine Kritik an unserem kommerziellen Bestattungswesen ist?