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Need for Speed (Rennspiel) – Erfolgreiches PC-Tuning?

Mit Need for Speed wollte Electronic Arts bereits auf Xbox One und PS4 erreichen, was sichauch VW nach dem Abgasskandal am meisten wünscht: einen gelungenenNeustart. Aber Ghost Games scheiterte dabei, die schwindende Faszination der einstruhmreichen Rennspiel-Reihe auf den Konsolen neu zu entfachen. Jetzt ist der PC dran: Entlockt das Technik-Tuning mit 4K-Darstellung, höherer Bildrate und Lenkrad-Unterstützung der Raserei auch mehr Spielspaß-PS? Wir sind erneut durch die Stadtgeheizt, haben uns in der Garage als Tuner versucht und als Outlaw die Cops aufgemischt, um es herauszufinden.

© Ghost Games / Electronic Arts

Wie in alten Zeiten

Schon seit Jahren wünschen sich Fans von Need for Speed entweder Neuauflagen oder eine Fortsetzung der Underground-Ableger, die ab 2003 u.a. auf PS2, Xbox und dem Gamecube die Faszination illegaler Straßenrennen sowie der Tuning-Kultur zelebrierten – auch getragen vom Erfolg der Kinofilm-Reihe The Fast and the Furious. Der Reboot, der bei Ghost Games übrigens unter der Leitung des ehemaligen Criterion-Chefs Craig Sullivan entstand, bringt tatsächlich viel mit, was die Underground-Serie damals ausgezeichnet hat: Zum einen geht es ausschließich bei Nacht oder im Morgengrauen auf die Straßen der fiktiven Metropole Venture Bay. Diese ist an Los Angeles angelehnt und hat mit ihren stimmigen Lichteffekten sowie sehenswerten Spiegelungen auf dem nassen Asphalt optisch viel zu bieten. Auf dem PC sogar noch mehr als auf den beiden Konsolen: Zum einen sind die Texturen knackiger und die Auflösung darf sogar auf 4K erhöht werden. Zum anderen muss man sich nicht länger mit einer leicht schwankenden Konsolen-Bildrate von maximal 30fps zufrieden geben, sondern erhöht auf 60, 120 oder mehr Bilder pro Sekunde – je nachdem, was die Hardware hergibt. Schade nur, dass die Metropole mit wenig Verkehr sowie fehlenden Passanten weiterhin viel zu leer ausfällt und nach den ersten Stunden entsprechend langweilig wird, zumal die Spielwelt nicht sonderlich groß ist. Trotz der höheren Bildrate will außerdem selbst bei hohem Tempo kein echtes Geschwindigkeitsgefühl aufkommen. Und so verliert man recht schnell die Lust daran, bis zum nächsten Event durch die Gebiete der Metropole zu tuckern, die neben der Innenstadt auch Highways, Serpentinen und Gebirgsabschnitte umfasst, und nutzt stattdessen die praktische Teleport-Funktion. Denn bis auf ein paar überflüssige Fotopunkte oder kleine Donut-Herausforderungen gibt es ohnehin nicht viel zu entdecken und auch die spontanen 1:1-Duelle sind nur ein kurzer Zeitvertreib, den man nicht unbedingt braucht. 

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Manchmal darf man noch ins Morgengrauen hinein fahren, doch richtiges Tageslicht gibt es für die Streetracer nie zu sehen. © 4P/Screenshot

Zum anderen feiern auch die Anpassungsoptionen ein Comeback im großen Stil: Von Motorhauben über Front- und Heckpartien sowie Seitenschwellern und Auspuffrohren bis hin zu Felgen, Spoilern, Scheinwerfern, Außenspiegel und sogar dem Text auf dem Nummernschild darf man hier so ziemlich alles austauschen oder dem eigenen Geschmack anpassen, was man möchte. Hinzu kommt eine ganze Palette an Werkzeugen, mit denen man die Lackierung und das Designen sowie Platzieren von Aufklebern aus der großen Auswahl an Vorlagen in Angriff nehmen kann. Wer sich dagegen nicht lange mit einzelnen Teilen aufhalten will, den Proll-Faktor seiner Karre aber trotzdem erhöhen möchte, greift einfach zu vorgefertigten Bodykits. Kurzum: Man erreicht bei visuellen Anpassungen zwar nicht ganz das Niveau der alten Underground-Teile oder die individuelle Gestaltung des Autosculpt-Systems, bietet aber trotzdem eine erfreulich große Bandbreite an optischem Schnickschnack, mit dem man den BlingBling-Faktor erhöhen kann.

Tuning als Geduldsprobe

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Wer will, kann mit Freunden als Crew die Straßen der fiktiven Metropole unsicher machen. © 4P/Screenshot

Tuning war spätestens seit Underground immer ein fester Bestandteil der Reihe. Und auch der jüngste Ableger scheint die Tradition mit einer Vielzahl an Potenzmitteln wie Upgrades für Nockenwellen, Ladeluftkühler, Fahrwerk, Differential, Auspuffanlagen, Nitrosystem, Turbolader, Bremsen, Reifen und weiteren Bauteilen würdig fortzuführen. Dabei stehen manche Verbesserungen erst dann zur Verfügung, wenn man einen gewissen Fahrerlevel erreicht oder bestimmte Missionen absolviert hat. So weit, so gut. Doch leider versaut ein gewaltiger Designfehler immer noch den ganzen Spaß am Aufmotzen: Man erfährt nie, in welcher Kategorie aktuell neue Teile für den Einbau zur Verfügung stehen. Das bedeutet, dass man zwischendurch immer und immer wieder das gesamte Tuning-Angebot durchwühlen muss und mit etwas Glück in manchen Bereichen auf neue Upgrades trifft. Das ist absolut nicht durchdacht und hätte sich so leicht durch ein simples Hinweis-Icon lösen lassen, das viel Zeit und Nerven beim Aufrüsten sparen würde.

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Das Driften funktioniert prima, wenn man das Setup entsprechend einstellt. © 4P/Screenshot

Deutlich gelungener wurde das Wagensetup umgesetzt, das mit seiner Fülle an Einstellungsmöglichkeiten fast schon den Eindruck erweckt, bei diesem Need for Speed könnte es sich um eine waschechte Rennsimulation handeln: Hier lässt sich u.a. der Reifendruck getrennt für die vorderen und hinteren Pneus regeln, der Lenkeinschlag verändern sowie Anpassungen an der Bremsbalance, dem Abtrieb oder Differential vornehmen. Zusätzlich darf man auch am Fahrwerk bzw. der Federhärte und den Stabilisatoren rumschrauben – einzig Veränderungen an der Getriebeübersetzung bleiben tabu und leider ist auch das Abspeichern mehrerer Setups nicht erlaubt. Das ist ärgerlich, da für das gebotene Spektrum an Veranstaltungen unterschiedliche Abstimmungen sinnvoll erscheinen, denn während man bei Drift-Herausforderungen schnell ins Schlittern kommen will, ist in Sprintrennen oder beim Zeitfahren eine höhere Stabilität gefragt. Und so bleibt nichts anderes übrig, als immer wieder den Umweg über die Garage zu gehen, um Anpassungen am Fahrzeug vorzunehmen. Oder aber man schafft sich für die unterschiedlichen Disziplinen jeweils einen eigenen Boliden an. Immerhin: Das Fahrverhalten lässt sich optional im Schnellverfahren über einen einfachen Schieberegler verändern, der in mehreren Stufen zwischen maximalem Grip und Drift-Ansprechverhalten verschoben werden darf. Die manuelle Schaltung, die auf den Konsolen als Option nachgereicht wurde, steht auf dem PC selbstverständlich von Anfang an zur Auswahl.