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Microsoft Flight Simulator (Simulation) – Flug in den siebten Himmel

14 Jahre nach dem Flight Simulator X kehrt Microsoft mit einer neuen Flugsimulation zurück und möchte sowohl Neulinge als auch anspruchsvolle Fans realistischer Fliegerei mit halbem Cockpit auf dem Dachboden in die Lüfte schicken – und größtenteils gelingt dem französischen Entwickler-Studio Asobo dieser Coup. Dennoch ist die immens aufwändige und weltumspannende Simulation nicht frei von Macken.

© Xbox Game Studios / Asobo Studio / Microsoft

Eine Flugsimulation für eine neue Generation
 
Der Einstieg in diese waschechte Flugsimulation ist gut gelungen, da man viele Assistenzsysteme, Automatismen und Vereinfachungen anpassen kann – einen kinderleichten Arcade-Modus sollte man allerdings nicht erwarten. 33 Assistenz-Optionen und drei globale Schwierigkeitsmodi lassen sich konfigurieren. So kann man die Checkliste vor dem Start einfach an den virtuellen Co-Piloten delegieren und ihm gleich die Kommunikation mit der Flugverkehrskontrolle (ATC) aufs Auge drücken, wenn man sich lieber auf das Fliegen konzentrieren möchte. Landepfade können beim Anflug auf die Landepiste helfen und Navigationspunkte auf der Weltkarte helfen bei der Orientierung. Die gewünschte Flugerfahrung kann anhand der Assistenzsysteme auf die eigenen Bedürfnisse und Erfahrungen zugeschnitten werden – und auf den „einfacheren Stufen“ kann man kuriose Landungen hinlegen.
 
Trotzdem sollte man zunächst das achtteilige Tutorial mit einer Cessna 152 absolvieren, das einem teils in hervorragender Form die wichtigsten Aspekte des Fliegens beibringt – inkl. deutscher Sprachausgabe und Texte. Nach Abschluss der Flugschule kann man starten, landen, die Höhe halten, Geschwindigkeit anpassen und vermeidet allzu hektische Manöver. Allerdings werden nur die Grundlagen angeschnitten und viele fortgeschrittene Aspekte wie Flugverkehrskontrolle oder Autopilot werden nicht thematisiert. Hier hätten zumindest kurze Einführungen geholfen, denn so muss man sich selbst reinfuchsen. Aber es ist ja auch eine Simulation, die Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl erfordert.  

Die Güteklasse der Simulation

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Über den Dächern von Hongkong. © 4P/Screenshot


Die Komplexität der Simulation ist beeindruckend: Die Aerodynamik und die auf das Flugzeug wirkenden physikalischen Kräfte werden an bis zu 1.000 Stellen der Flugzeugoberfläche berechnet – nicht bloß an einer Stelle wie beim Vorgänger. Luftmassen, Winde und dynamische Wolkenbildung werden simuliert – und selbst leichter Wind übt einen spürbaren Einfluss auf die Flugsteuerung je nach Masse des Fluggeräts aus. Es geht sogar so weit, dass Auftrieb und Turbulenzen direkt mit der lokalen Temperatur in der Umgebung zusammenhängen. Hinzu gesellen grafisch und spielerisch relevante Wettereffekte, da die Wolken die Sicht einschränken und die Maschine sogar vereisen kann – die Wetterdarstellung sucht ihresgleichen. Übrigens: Wer lieber das „alte Flugmodell“ nutzen möchte, kann dies in den Optionen anschalten.  
 
Während Schnellstarter gleich mit einem Flugzeug in der Luft losdüsen können, kann der Flugalltag für Fortgeschrittene so aussehen: Flugplan einrichten und Wegpunkte setzen. Die Checkliste im Cockpit durchgehen. Auf dem Flughafen-Vorfeld herumfahren. Funkgespräche führen. Startvorbereitung treffen, abheben, Reiseflughöhe erreichen und den IFR-Routeneinflug einleiten. Autopilot setzen. ATCs wechseln, Landeanflug starten, am Ziel landen, zum Gate fahren und sich auf den simulierten „Ground Service“ freuen. Passagieraufkommen wird nicht sichtbar simuliert.  

 

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Die 3D-Wolken sind absolut beeindruckend und blickdicht. © 4P/Screenshot


Navigation und spontane Ausfälle
 
In dem Microsoft Flight Simulator ist eine Navigationsdatenbank in Zusammenarbeit mit Navblue eingebaut worden, die man sich als Satellitennavigationssystem für Flugzeuge vorstellen kann. Wenn ein Sichtflug nicht möglich ist, z.B. weil das Wetter zu schlecht oder es zu dunkel ist, lässt sich das Flugerlebnis auf platzierbare und editierbare Wegpunkte umstellen, die man im Instrumentenflug abklappert. Die geplanten Flugrouten können auch in der Community geteilt werden.
 

Vertrieb, Download und Co.

Das Spiel wird als digitale Version im Microsoft Store, Xbox Game Pass für PC und Steam angeboten. Der erste Download fällt sehr klein aus. Danach müssen knapp 100 GB an Daten runtergeladen werden, weswegen man viel Zeit vor dem Start mitbringen sollte. Da der Download quasi im Spiel stattfindet, könnte es danach problematisch werden, das Spiel zurückzugeben, da die Zwei-Stunden-Schwelle schnell erreicht ist. Alternativ kann man eine Disc-Version mit zehn DVDs von Aerosoft im Einzelhandel kaufen, aber auch dieser Version erforderlich zusätzliche Downloads (ca. 10 GB). © 4P/Screenshot

Simulation, Flugkontrolle und Navigation können einige Schwachstellen nicht verbergen: Der größte Störenfried ist der Autopilot, der bei Langstreckenflügen mit den großen Maschinen richtig viel Blödsinn machen kann – und das ohne ersichtliche Gründe für das Durchdrehverhalten. Außerdem haben wir im Testlauf bemerkt, dass das Live-Wetter nicht immer mitspielte, das Flugzeug nach dem Ende der aktiven Pause seltsame Kapriolen machte und sogar die Flugsicherung nicht vor Fehlern oder Ausfällen gefeit war. Solche Bugs können in einem so komplexen Spiel natürlich auftreten, sollen jedoch nicht unerwähnt bleiben.  
 
Apropos Ausfälle: Ausgewählte Bordsysteme können je nach Einstellungen ausfallen, wobei es kein optisches Schadenssystem gibt. Abstürze und zerstörte Flugzeuge werden nicht gezeigt. Bevor eine Maschine „zerstört“ wird, kommt eine Schwarzblende mit einer simplen Textbotschaft – oder es kommt zu kuriosen Landungen mit starren Flugzeugen. Trotz des Verbots von klaren Abstürzen ist es möglich, dass sich beschädigte Flugzeuge z.B. mit defektem Fahrwerk, Vereisungsschäden und Triebswerksausfällen „sicher“ landen lassen – selbst auf dem Wasser. Die Simulation soll solche Szenarien begünstigen, erklärten die Entwickler in einem Interview.