Die ist übrigens erstaunlich leicht zu erlernen. Solange man genug Energie hat, kann man jederzeit über die Schultertaste in den Zeitlupen-Fokusmodus gehen und nun entweder über die Schlagtasten oder noch zielgenauer per rechtem Stick Schnitte anbringen. Allerdings sollte man darauf achten, dass der Gegner bzw. einzelne Körperteile geschwächt sind, da ansonsten die gesamte Angriffsenergie verpufft.

Ist der Status des Feindes jedoch entsprechend, spielt die „Schnittengine“ ihre ganze Stärke aus. Man kann die Cyborgs und Maschinen fein säuberlich nach allen Regeln der Kunst filettieren und in ihre Einzelteile zerlegen. Diese Mechanik wird jedoch nicht zum Selbstzweck eingesetzt – zumal sie sich so auf Dauer schnell erschöpfen würde.
Doch wenn man auf diese Art und Weise einen geschwächten Gegner angreift, kann man zum einen versuchen, die linken Hände zu amputieren, die für den befreundeten Wissenschaftler (deutscher Herkunft) von Bedeutung sind, aber letztlich nur Bonuspunkte versprechen. Zum anderen, dies ist wesentlich wichtiger, kann man über gezielte Schnitte versuchen, das maschinelle Gegenstück zu Herz oder Wirbelsäule freizulegen und dann einzusammeln – mit dem Ergebnis, dass die eigene Gesundheit sowie die Energieleiste wieder bis zum Anschlag gefüllt werden. So stelle ich mir die gelungene Einbindung eines Features vor, das ursprünglich auf mich nur wie ein Blickfang wirkte. Insofern begrüße ich, dass auch in bestimmten Kämpfen die Nutzung der 360-Klingensteuerung forciert wird – auch wenn dafür der rechte Stick mitunter etwas zu sensibel reagiert.
Nur schmückendes Beiwerk?
Die passable Kulisse hat nur eingeschränkt Anteil daran, mich zur Rückkehr ans Pad zu motivieren. Zwar passt das Gegnerdesign und vor allem die geschmeidigen Kampfanimationen Raidens sorgen für einige Hingucker. Doch Defizite im Umgebungsdetail sorgen dafür, dass sich die Waagschale auf einem leicht überdurchschnittlichen Niveau einpendelt. Auch die immer wieder eingestreuten Abweichungen wie Abschnitte, in denen man sich schleichend bzw. in Dunkelheit vortasten muss, haben nur geringen Anteil daran, die Motivation hochzuhalten. Dazu bleiben die Mechaniken zu oberflächlich und vor allem die Entdeckungs-KI der Gegner lässt stark zu wünschen übrig. Es ist zu leicht, sie zu überraschen oder sie in die Irre zu führen. Mitunter konnte ich sogar beobachten, wie sie bei der Wegfindung Probleme hatte und nicht an Hindernissen vorbei kam, so dass ich mich noch ungefährdeter z.B. in einem Karton heranschleichen konnte. Dennoch hat Platinum gut daran getan, diese Elemente einzubauen – nicht nur, weil man sich damit vor der Herkunft der Serie verbeugt, sondern weil sie als Kontrapunkt zu der rasanten Action gut geeignet sind, um den angesprochenen Adrenalinspiegel auf ein vernünftiges Niveau einzupegeln.

Doch machen wir uns nichts vor: Wenn es nur um die Kämpfe oder Kulisse ginge, sind Dämonenjäger aus eigenem oder fremden Hause weiter.
Doch im Zusammenspiel mit der Geschichte, die gut ins Metal Gear-Universum eingebunden wurde und auch mit einem gelungenen Cameo überrascht, wurde bei mir der Grundstein gelegt, mich durch das recht kurze Vergnügen (bis zum Endboss ca. vier bis fünf Stunden) zu kämpfen. Um Revengeance erzählerisch nachvollziehen zu können, muss man die Teile 2 und 4 nicht unbedingt gespielt haben. Doch um Anspielungen oder Raidens Motivation zu verstehen, ist die Kenntnis der Metal Gear-Serie durchaus sinnvoll. Denn entgegen der Erwartung vieler Fans (mich eingeschlossen), spiegelt sich Platinums Bewusstsein hinsichtlich der erzählerischen Serientradition wider, was auch damit zusammen hängt, dass Hideo Kojima weiterhin als ausführender Produzent ein Auge auf Revengeance hatte und die Story von Kojima Productions‘ Etsu Tamari geschrieben wurde.