Mittlerweile dürfte sich rumgesprochen haben, dass
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So ähnlich kommt der Dogfight in den Filmen vor allerdings mit anderem Ausgang. Eine der wenigen Szenen, die einen mal überrascht. |
Lost Horizon einen auf Indy macht: Ein wohl gehütetes Geheimnis im eisigen Tibet, verrückte Nazis, die Artefakten nachjagen und ein Trip quer durch die Welt der 30er-Jahre – all das sind Versatzstücke der Indiana Jones-Abenteuer, die auch im neuesten Adventure von Animation Arts vorkommen. Auf Schritt und Tritt wird man an den Archäologen erinnert, der so gerne seine berühmte Peitsche schwingt – auch wenn der Hauptakteur bei weitem kein Dr. Jones ist, sondern ein gescheiterter englischer Offizier. Aber die junge chinesische Begleitung gibt sich ebenso zickig wie manche Frau, die Indiana auf seine Touren mitgenommen hat. Handelt es sich also um einen reinen Abklatsch oder fügt Lost Horizon auch Neues hinzu?
Leider gewinnt man den Eindruck, dass das Spiel die Ideen von George Lucas weitgehend reproduziert: Szenen, in denen etwas Unerwartetes passiert oder Indiana Jones mal auf die Schippe genommen wird, bilden die Ausnahme. Es gibt sie vereinzelt, etwa wenn man den Jagdflieger, der einen wie in Der Letzte Kreuzzug verfolgt, auf spezielle Art und Weise loswerden muss. Auch neigt das Spiel aufgrund des Rätselgenres dazu, vom Hundersten ins Tausendste zu kommen. Immer wenn man denkt, man hat etwas gelöst, bauen sich neue Barrieren auf, was auf seine Art eine Persiflage ist – ganz unabhängig davon, ob man das nun witzig oder nervig findet. An einer Stelle kommt sogar Indys Werkzeug für Bullentreiber vor, allerdings auf eine ebenso witzige wie gebrochene Weise. Derartige Szenen bleiben aber die Ausnahme.
Weichgespülte Nazis
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Was machen die Deutschen in Tibet? Solche ketzerischen Fragen sollte man nicht stellen, wenn man Lost Horizon noch ein bisschen genießen will. |
Die Story entspricht in etwa dem, was man von einem nett gemachten Abklatsch erwarten würde: Den Helden, Fenton Paddock, verschlägt es innerhalb der sieben Kapitel an allerhand exotische Schauplätze, die von Hongkong über Marakesch bis nach Berlin reichen. Obwohl ein Großteil in Asien spielt, erinnert die Geschichte dennoch eher an den ersten Film, Jäger des Verlorenen Schatzes, weil die Nazis nach mystischen Artefakten suchen, die ihnen im kommenden Krieg den Sieg bringen sollen. Das ist fiktiv, aber es könnte auch so oder so ähnlich gewesen sein, da insbesondere SS-Chef Himmler einen Hang zum Okkulten hatte. Sogar die Thule-Gesellschaft kommt vor, die es tatsächlich gab und die hier Ausgrabungen in Tibet macht. Genau dorthin wird Paddock geschickt, um nach einer verschollenen britischen Expedition zu suchen. Kam es zum Zusammenstoß mit den Deutschen?
Obgleich es 1936 spielen soll, nimmt sich der Plot selbst nicht ganz ernst, was man an den übertriebenen Charakteren, lachhaften Einfällen und Phantasie-Uniformen sieht. Dabei lehren doch gerade die Filme von George Lucas eines: Auch wenn man eine dümmliche, im Wesentlichen auf Habwissen basierende Geschichte erzählt, muss man es wenigsten mit Inbrunst tun. Daran fehlt es Lost Horizon all zu oft, da vieles nicht sonderlich glaubwürdig ist. Das gilt insbesondere für die ganzen Nazis, die seltsam harmlos wirken, ganz so als wären sie weichgespült. Etwas Schwung bringen die actionreichen Filme, die wie schon bei Geheimakte gelungen sind. Alles ist auf cineastisches Flair getrimmt, sogar das Startmenü sieht aus wie ein zeitgenössischer Kinopalast.
Frauen an jeder Ecke?
Indiana Jones ist natürlich auch ein
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Langweilige Frauen unter sich. Frau Gräfin taugt so wenig als Bösewicht wie Kim als Objekt der Begierde. |
großer Frauenheld,
so dass er mindestens eine Frau pro Schauplatz aufreißt. Die weibliche Welt scheint auf vermeintlich verstaubte Archäologen zu stehen, die unkonventionell vorgehen. Paddock hingegen ist kein Wissenschaftler, sieht zwar besser aus, ist aber auch in dieser Beziehung kein vollwertiger Ersatz. Er hat auch so seine Techtelmechtel, die sich aber im Wesentlichen auf eine Frau beschränken. Zu Beginn denkt man noch, dass er die chinesische Sängerin aus dem Club abkriegt, aber dann fährt er doch eher auf die junge Kim ab, ohne dass das so gesagt wird. Es hat übrigens ganz schön lange gedauert, bis ich gemerkt habe, dass Kim nicht die Sängerin ist, denn sie sehen sich als Figuren einfach zu ähnlich.
Doch auch die schlagfertige Chinesin ist leider kein vollwertiger Ersatz für all die Frauen, die so durch die Indy-Filme geistern. Kim zickt zwar ebenso rum, aber dies ist eher nervig als erfrischend, so dass sie nur bedingt als weiblicher Stichwortgeber taugt. Zudem bleibt ihre Figur seltsam blass, weil man eigentlich nur wenig über sie erfährt. Dagegen besitzt Paddock zumindest eine gewisse Vorgeschichte, denn er hatte das Kommando während eines Aufstandes der Chinesen gegen die Kronverwaltung. Das macht ihn ein wenig sympathischer, da er kein Kommisskopf ist, denn er gab nicht den Befehl zum Feuer auf die Menge. Ein wenig mehr Format könnte auch Gräfin von Hagenhild vertragen, die nur bedingt als weiblicher Bösewicht taugt. Statt sexy und gefährlich zu sein, wirkt sie eher lächerlich. Lost Horizon hat erzählerisch ein Frauenproblem, da die weiblichen Charaktere ihre Trümpfe nicht ausspielen
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