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Just Cause 4 (Action-Adventure) – Explosive offene Welt

Das Spielejahr endet mit einer ganzen Kanonade an Bildschirm füllenden Explosionen – wenn es nach Avalanche geht. Pünktlich zum Fest der Liebe schnappt sich Rico Rodriguez wieder einen ganzen Haufen an Waffen, seinen Fallschirm, Greifhaken sowie Wingsuit und kümmert sich im fiktiven Staat Solís erneut um einen Diktator. Kann Just Cause 4 den leichten Durchhänger des Vorgängers vergessen lassen und wieder an alte Erfolge anknüpfen? Im Test findet ihr die Antwort.

© Avalanche Studios / Square Enix

Was wäre, wenn?

In einem anderen Punkt hat man ebenfalls aus dem Vorgänger gelernt: Die deutsche Lokalisierung ist deutlich besser gelungen als seinerzeit der Versuch, mit u.a. Gronkh und Moritz Bleibtreu (den ich als Schauspieler schätze) neue Zielgruppen über die Popularität der Sprecher zu gewinnen. Denn das Ergebnis konnte sich nur eingeschränkt hören lassen, was mich allerdings nur mehr darin bestärkte, auf die englische Sprachspur zu schalten, die damals deutlich besser war. In Solís bevorzuge ich auf Dauer zwar auch die englische Variante, muss mich aber bei der lokalisierten Variante nicht immer schütteln – alles klingt deutlich angenehmer, die Sprecher machen einen besseren Job. Insofern: Selbst wenn es immer noch Moritz Bleibtreu wäre, füllte er die Rolle hier überzeugender aus. Weniger zufrieden hingegen bin ich bei der Kulisse, die mich durch ein Wechselbad der Gefühle jagt. Avalanches Engine ist mächtig, keine Frage. Sowohl die unterschiedlichen Vegetationszonen wie Wüste, Grasland, verschneite Gebirge oder Küstenareale als auch die Städte und Gemeinden werden ebenso stimmungsvoll auf den Bildschirm gebracht wie Wettereffekte und die allgegenwärtige explosive Zerstörung. Man macht hinsichtlich des Detailgrads deutliche Fortschritte zum Vorgänger. Auch die Geschwindigkeit lässt keine Wünsche übrig. Und solange man in Bodennähe bleibt, stört nur die Bewegungsunschärfe ein wenig, die man am PC mit seinen eher spartanischen Grafikoptionen auch deaktivieren darf.

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Die Bewegungs-Dynamik beim Wechsel aus freiem Fall, Wingsuit und Fallschirm wurde im Vergleich zum Vorgänger deutlich verbessert. © 4P/Screenshot

Je höher man sich jedoch bewegt, umso deutlicher wird der Hardware-Appetit, den Apex stellt, um die Sichtweite zu maximieren, in der Levelarchitektur oder Detailtexturen aufploppen. Um die Kulisse überzeugend darstellen zu können, sind 16 GB RAM, ein aktueller i7- oder Ryzon-R5-Prozessor sowie mindestens eine 1070TX (oder gleichwertig) nötig – und das ist nur, um eine saubere Darstellung mit 60 Bildern bei einer 1080p-Auflösung mit hohen Grafikeinstellungen anzubieten. Alles darunter, die Premium-Varianten von PlayStation 4 oder Xbox One eingeschlossen, macht Probleme. Damit man aber auch auf One X oder PS4 Pro eine weitgehend flüssige Kulisse erleben darf (von 4K darf hier nicht einmal geträumt werden), wurden einige Kompromisse in Kauf genommen, die mich wünschen lassen, dass Avalanche noch ein paar weitere Monate Zeit bekommen hätte, um Apex nicht nur für Konsolen, sondern auch im Allgemeinen zu optimieren. Die auf Konsolen nicht abschaltbare Bewegungsunschärfe stört mich dabei nicht einmal. An die Kantenbildung, die einen über das gesamte Spiel hinweg begleitet, gewöhnt man sich irgendwann, auch wenn man angesichts von Assassin‘s Creed Odyssey, Spider-Man oder Red Dead Redemption 2 in diesem Jahr einen anderen Umgang mit offenen Welten kennengelernt hat. Nicht zu vergessen Far Cry 5 oder Ghost Recon Wildlands, die ihrerseits auch mit Problemen kämpften, aber einige der in Just Cause 4 auftretenden Mankos besser im Griff hatten und das Schicksal der erhöhten Vertikalen teilten. Doch das unschöne Einblenden von Texturen, das plötzliche Auftauchen von Gebäuden, Felsformationen oder anderen Levelbauten sowie einige andere mit Zeichendistanz in Verbindung stehende Mankos sorgen bei mir vor allem auf den Konsolensystemen in visueller Hinsicht für ein bittersüßes Spielerlebnis, während selbst Rechner der oberen Mittelklasse immer wieder zu ähnlichen Aussetzern neigen. Und was so gar nicht geht: Die vorberechneten Zwischensequenzen, bei denen man auch den Abstand der Mimikqualität zu den anderen erwähnten offenen Welten bemerkt, sind nicht nur auf allen Systemen sehr niedrig aufgelöst und mit einem merkwürdigen Farbfilter versehen. Zudem ruckeln sie und überspringen gerne mal ein paar Bilder – gleichgültig, ob man mit PC, PS4 oder One unterwegs ist. Und wieso es ausgerechnet bei der Betrachtung bzw. dem Verschieben der Übersichtskarte vor allem auf den Konsolen zu Bildratenproblemen kommt, kann ich mir auch nur damit erklären, dass Avalanche den Titel auf Teufel komm raus fertigstellen musste. Was letztlich nach hinten losgeht, denn eigentlich macht dieses Just Cause richtig Spaß, wird aber durch technische Sperenzchen ausgebremst.