Der dritte und letzte DLC zum Überraschungserfolg Immortals Fenyx Rising krempelt das Spielprinzip gehörig um: Mit der neuen Heldin Ash müsst ihr zwar wieder Aufträge selbstgerechter Götter erfüllen, allerdings wird aus einem Erkundungsspiel mit toller Aussicht und Flugeinlagen ein starres Simpel-Diablo aus isometrischer Kameraperspektive. Wie sich das auf den Spielspaß auswirkt, verraten wir im Test von „Die verlorenen Götter“.
Wer wie ich schon das das reguläre Spiel mit einer weiblichen Fenyx bestritten hat, dem dürfte der Werdegang der neuen Heldin Ash allzu bekannt vorkommen – mit ihrer mutigen, offenen Persönlichkeit ähnelt sie sehr deren Heldentypus. Das ist ein wenig schade, weil sich das neue Abenteuer damit etwas anfühlt, als habe Ubisoft Quebec schlicht sein erstbestes Erfolgsmodell kopieren wollen. Zum Glück wird nach den trägen Gesprächen von „Mythen aus dem Reich des Ostens“ wieder das Dialogniveau des Grundspiels erreicht – die Gottheiten agieren zotig bis selbstverliebt, es gibt Albernheiten und dümmliche Wortspiele. In der neuen, recht großen Spielwelt muss Ash allerhand Aufträge für Götter und Göttinnen übernehmen, die sonst oft in der zweiten Reihe stehen – z.B. Demeter oder Hestia. Anders als im Hauptspiel oder dem zweiten DLC gibt es in der prinzipiell offenen Spielwelt natürliche Grenzen wie z.B. Abgründe, die erst überwunden werden können, wenn man eine bestimmte Mission absolviert hat. Hier hat sich Ubisoft eher am klassischen Zelda-Prinzip orientiert statt auf dessen Open-World-Novellierung aus Breath of the Wild zu setzen.
In puncto Erkundung schlagen mir diese Einschränkung plus die mangelnde Flugfähigkeit sowie die neue Kameraperspektive – eine dreh-, aber nicht zoombare Draufsicht – gehörig auf den Magen: Weil ich nicht mehr in die Ferne sehen kann, entfällt die Lust, das weite Land zu erschließen, fast komplett – das bedeutet mehr als einen kleinen Kratzer im Hochglanz-Lack von Immortals Fenyx Rising. Im Verlauf des gut zehnstündigen Abenteuer verdient sich Ash zwar wichtige Fähigkeiten (Klettern, kurzer Gleitflug) – doch erstens kommen diese Freischaltungen spät, zweitens berauben sie mich für lange Zeit essentieller Dinge aus dem Hauptspiel. Das hatte der zweite DLC mit seinem frischen Helden zwar schon nicht optimal, aber noch besser gelöst: Ku konnte sich bewegen Fenyx und fast so variabel angreifen, Ash muss sich all das erst erarbeiten.
In der Theorie spielt sich das Kampfsystem ähnlich wie bisher: Man weicht aus, haut mit zwei Schultertasten unterschiedlich wuchtig zu, feuert mit dem Bogen, zieht sich zu fliegenden Feinden empor und achtet auf die Ausdauer. Aus der Draufsicht fühlt sich aber kaum ein Element davon so dynamisch und rund an wie bislang. Man wird häufiger getroffen, spürt die Wucht der eigenen Attacken schlechter und das Verschießen von Pfeilen ist nur leidlich erfolgsversprechend. Man kann diese Kämpfe freilich bestreiten, ohne sich groß zu ärgern – trotzdem beraubt sich Immortals eine seiner großen Stärken. Energiespendende Tränke gibt es übrigens nicht mehr – man sammelt entweder rote Kugeln von getöteten Feinden auf oder heilt sich abseits der Kämpfe an Altaren. Diese dienen nicht nur dafür (sowie als Schnellreisepunkte), sondern werden auch zum Speichern und Upgraden benutzt. Warum ich das Speichern überhaupt erwähne? Weil man nicht mehr jederzeit seinen Fortschritt festhalten kann, sondern an den Altären dafür eine Feige opfern muss. Zwar hat man immer genug dieser Früchte dabei, ich empfinde das sperrig-altmodische System aber als Rückschritt.