So viele Tode…
In der realen Welt erlebten so genannte „Escape the room“-Spiele im vergangenen Jahr einen respektablen Beliebtheitsschub. Passend dazu kam eine der ersten VR-Umsetzungen des Konzepts von einem Entwickler, der auch Attraktionen für Parks und Freizeiteinrichtungen entwickelt. Als Geheimagent muss man sich aus einer Reihe brenzliger Situationen befreien, um inmitten feindlicher Anlagen die Weltherrschaftspläne des Superschurken Dr. Zor zu durchkreuzen. So schmuggelt man sich z.B. als Fensterputzer vor die Fassade eines Labors, in dem an einer verheerenden Biowaffe gearbeitet wird.
Schießt man mit der schallgedämpften Pistole die Scheibe in Stücke, wird der Raum danach natürlich standesgemäß mit sich kreuzenden Laserstrahlen vor Eindringlingen geschützt. Gut also, dass man geheime telekinetische Fähigkeiten mitbringt und mit Hilfe eines leuchtenden Strahls Objekte zu sich heran ziehen kann. Damit der Alarm deaktiviert bleibt, schnappt man sich vorher den Zerstäuber des Fensterputzers, so dass die Laserstrahlen kurzzeitig durch den Dampf sichtbar werden. Als nächstes mogelt man mit vorsichtigen Bewegungen allerhand Dokumente und Karten zu sich auf die Plattform – im Slalom durch die Lichtstrahlen.
…so wenig Zeit
Dabei wird deutlich, wie gut die für Oculus Touch entworfene Steuerung auch mit den leicht abgewandelten Exemplaren des Quest-Headsets funktioniert. Das ständige Greifen, Ziehen und Drehen von Hebeln und Werkzeugen geht intuitiv von der Hand. Das Inside-out-Tracking erfasst alles sehr präzise, so dass man vor und neben sich mit den Armen nach Objekten greift, allerlei Klappen öffnet, an Rädchen dreht und anderweitig herumzupfuschen kann. Diesmal geriet ich nicht mehr in tote Winkel der Sensoren: Ähnlich wie bei der Vive reagieren die virtuellen Handhschuhe noch verlässlicher, statt manchmal herumzuzucken oder hängen zu bleiben. Komplett nach hinten muss man sich aber meist ohnehin nicht umdrehen. Auch grafisch sind uns trotz der Mobil-Hardware kaum Abstriche aufgefallen. Die kleinen Areale hinterlassen erneut einen stilvollen, technisch sauberen Eindruck.
Immer wieder muss man mit Hilfe von geschickt versteckten Hinweisen Chemikalien brauen oder Bomben entschärfen, manchmal sogar unter dem Zeitdruck eines Countdown-Timers. Meist fliegt einem das Sammelsurium aus Handgranaten, Fallen und anderen Gemeinheiten erst einmal um die Ohren. Per Funk werden die Experimente von den süffisanten Kommentaren des Auftraggebers begleitet. Seine Sprüche lockern die Puzzles mit einsteigerfreundlichem Schwierigkeitsgrad schön auf. Auch überraschende Wendungen tragen viel dazu bei, dass die Rätsel in dem eigentlich statischen Raum (man bewegt sich nicht vom Fleck) dynamischer wirken. Immer wieder bauen sich vor den eigenen Augen neue abenteuerliche Maschinen des hinterhältigen Superhirns auf.
Gediegene Mischung
Ich will nicht zu viel vorwegnehmen, aber die Entwickler haben eine schöne Mischung unterschiedlicher Aufgaben gefunden, bei denen die spielerische Neugier fast immer die Spannung aufrecht hält. Hier noch ein paar Objekte aus dem Regal ziehen, dort ein wenig zündeln – und irgendwann kommt immer der rettende Einfall. Ein wenig nervig ist allerdings, dass man manche Puzzles zu Beginn eines Raums teils zehnfach wiederholen muss, weil es in den Levels keine Speicherpunkte gibt. Außerdem ist man grob geschätzt nur knapp zwei Stunden lang beschäftigt – je nach Knobelgeschick auch kürzer oder länger. Im Prinzip lässt sich die kleine Zahl an Levels in wenigen Minuten durchzocken. Da man meist erst eine Weile lang experimentiert und nach zahlreichen Toden viel wiederholen muss, nimmt der erste Anlauf aber deutlich mehr Zeit in Anspruch. Nach dem Durchspielen kann man sich lediglich noch mit der Jagd nach weltweiten Bestzeiten beschäftigen – oder man begibt sich auf die Suche nach kleinen Geheimnissen in den Kulissen, so dass eine kleine Fanfare ertönt. So kann man sich z.B. in einer Hütte des Bösewichts erst einmal einen Hut aufsetzen und standesgemäß eine Zigarre schmöken. Oder man verschüttet wertvollen Scotch über dem Kamin, um den Auftraggeber zu triezen, der nebenbei offenbar Spirituosenliebhaber ist.