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Hellblade: Senua’s Sacrifice (Action-Adventure) – Fluch und Segen

Das ungleiche Paar Monkey und Trip, die einem Trauma entflohene Kat oder die mit der Realität fremdelnde und trotzdem starke Kai: Tameem Antoniades hat faszinierende Figuren erschaffen, seit er als kreativer Kopf des britischen Studios Ninja Theory actionreiche Abenteuer kreiert. Kein Wunder also, dass ausgerechnet er tiefer in den Kopf einer Heldin eindringt, als es je ein Entwickler getan hat. Aber kann Hellblade: Senua’s Sacrifice in unserem Test auch spielerisch überzeugen?

© Ninja Theory / Ninja Theory

Hölle auf Erden

Nun ist Antoniades nicht der Erste, der sich für die Psyche seiner Protagonistin interessiert; das haben gerade in den vergangenen Jahren sogar recht viele getan. Und dennoch standen die psychologischen Besonderheiten im Vorfeld der Veröffentlichung von Hellblade vollkommen zurecht im Mittelpunkt, denn der Spieleregisseur und sein Team haben mit großem Aufwand die Symptome geistiger Störungen recherchiert und einer keltischen Kriegerin zuteilwerden lassen, die sich auf den ersten Blick kaum von Nariko, Bayonetta und anderen Heldinnen unterscheidet. Offensichtliche Teile ihrer Geschichte werden wir in den folgenden Abschnitten übrigens vorwegnehmen.

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Um die Seele ihres Geliebten zu retten, geht Senua in die Hölle. © 4P/Screenshot

Immerhin kämpft auch Senua gegen mythische Kreaturen und löst Rätsel, um Türen zu öffnen. Sie tut das, um ihren Geliebten zu retten. Seine Seele steckt wohl in dem Schädel, den sie bei sich trägt, und sie reist dafür in die Hölle – oder vielmehr einen Ort, den sie dafür hält. Denn anders als die Widersacher gewöhnlicher Heldinnen scheinen „ihre“ Kreaturen nicht real zu sein: Nach dem Tod lösen sie sich in den Schatten auf, aus denen sie gekommen sind. Und die Tore, durch die Senua gehen muss, sind vermutlich nie verschlossen.

Gegen die Grenzen der eigenen Fantasie


Antoniades zeichnet das Bild einer psychisch Kranken, die nur deshalb von einer Dunkelheit spricht, weil zur ihrer Zeit, der Zeit der Wikinger, keine andere Diagnose möglich war. Was Hellblade dabei so besonders macht ist die Intensität, mit der Ninja Theory Senuas Kampf gegen die inneren Dämonen erlebbar macht.

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Wirklichkeit und Wahnsinn verschmelzen zu einem Fantasy-Abenteuer, in dessen Mittelpunkt seine Heldin steht, nicht der Kampf. © 4P/Screenshot


Zum einen ist da natürlich die Tatsache, dass man als Spieler nicht vorankommt, ohne die Kreaturen zu besiegen. Man tut das, indem man leichte und schwere Angriffe verschieden kombiniert, mit einem schnellen Schritt ausweicht, ankommende Hiebe im richtigen Moment zurückwirft und Schildträger mit einem Kniestoß aus dem Gleichgewicht bringt. Die Kämpfe sind wuchtig und taktisch geprägt – Ninja Theory lässt hier erfolgreich seine Muskeln spielen, obwohl die Gefechte im Gegensatz zu Heavenly Sword, Enslaved und Devil May Cry nur einen relativ kleinen Teil des Abenteuers ausmachen.

Zum anderen sind da Rätsel, die nichts mit Schaltern oder Mechanismen zu tun haben, sondern meistens auf dem Beobachten der Umgebung beruhen. Oft muss man etwa die Form eine Rune finden – z.B. in den Ästen eines Baums, wenn man aus der richtigen Richtung drauf schaut. An anderer Stelle wechselt Senua scheinbar zwischen zwei Dimensionen: Mal sieht sie eine Ruine in der Gegenwart, mal das Haus, das sie gewesen ist. Man erlebt also nichts, was nicht auch Tyler Durdens Fantasie hätte erschaffen können, ist dabei aber stets von dem gefangen, was auch Senua aufhält.