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Der Luchador ist nix für Lutscher

Doch man wird häufig genug fluchen. Nicht nur, weil einem die akkurate Kollisionsabfrage im Kampf schmerzhaft vor Augen führt, dass die in der Selbsteinschätzung eingeräumten Fähigkeiten wohl doch nicht ausreichen. Sondern vielmehr weil drinkbox bei der Levelgestaltung bzw. bei den Anforderungen, die Abschnitte zu durchqueren, alle Register zieht. Neben sorgsamer Sprungplanung und entsprechender Fingerfertigkeit wird die Bewegungskoordination aufs Härteste geprüft, wenn man Sprünge, Doppelsprünge und Hilfsaktionen wie das Festklammern an Wänden mit der Möglichkeit des Weltenwechsels kombinieren muss, weil bestimmte Wände oder Portale nur in der einen oder nur in der anderen Dimension erscheinen. Knoten in den Fingern und im schlimmsten Fall herzhafte, definitiv nicht jugendfreie Flüche werden zur normalen Begleiterscheinung. Im Gegenzug ist die Genugtuung enorm, wenn man nach X Fehlversuchen doch die Passage bewältigt und damit einen der für das „gute“ Ende benötigten Orbs  oder eine Truhe mit wertvollem Inhalt einheimst. Ganz zu schweigen von dem Glücksgefühl, wenn der Boss nach 30 oder mehr Fehlversuchen doch endlich ans Ende seiner Energieleiste geprügelt wurde.

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Auch wenn die Gegnervielfalt zu wünschen übrig lässt: Guacamelee ist auch ein Jahr nach Erstveröffentlichung immer noch ein forderndes sowie unterhaltsames Action-Adventure. © 4P/Screenshot
Dass man dabei in den Tiefen der Abschnitte gelegentlich immer noch auf unverzeihliches Trial&Error trifft, ist ebenso bedauerlich wie die als Füllmasse eingestreuten Gegnerwellen. Zu groß war dennoch der Ehrgeiz, den Beweis abzulegen, dass sowohl die Reaktionsgeschwindigkeit als auch die Fingerfertigkeit in der Lage sind, mit dem fertig zu werden, was mir El Churro in den Weg stellt. Selbst wenn das bedeutet, dass sich der Held in manchen Situation in ein Huhn verwandeln muss, das mit stolz gerecktem Kopf, aber dennoch unheimlich nervös sowie hektisch zu steuern, über den Bildschirm gackert und bei Angriffen weniger Schaden anrichtet als der Sturm des HSV in der letzten Bundesligasaison! Wohl dem, der vor allem in den Bosskämpfen einen Freund an der Seite hat, der mit der zweiten spielbaren Figur Tostada (ebenfalls maskiert, aber definitiv weiblich) ins Geschehen eingreift. Natürlich kann man nicht nur die Kämpfe, sondern das komplette Abenteuer als Duo in Angriff nehmen. Dann teilen sich beide einen Bildschirm und der „Zurückbleibende“ wird ähnlich der Wii-Version von Super Mario Bros. in einer Blase auf den aktuellen Bildschirm transportiert, wenn der Abstand zu groß wird. Abgesehen von dem gemeinsamen Erleben von Drama und Komödie bietet der Zweispieler-Modus allerdings nichts, was das Abenteuer verbessern würde.

Super. Turbo. Championship.


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Man kann auch zu zweit versuchen, das Gleichgewicht zwischen den Welten wieder herzustellen. © 4P/Screenshot
Ganz im Gegensatz zu den Erweiterungen bzw. Ergänzungen, die in der Super Turbo Chamionchip Edition hinzugefügt wurden. Dazu gehört z.B. die „Intenso“-Fähigkeit, die richtig eingesetzt sogar die turmhohen Skelette mit nur wenigen Schlägen zerbröselt. Weiterhin gibt zwei zusätzliche Abschnitte, neue Speicherplätze, neue Kostüme sowie eine neue Dimensionswechsel-Option. Mit den neuen Inhalten wird Guacamelee zwar unter dem Strich nicht besser, da sich kein neues bzw. anderes Spielgefühl einstellt. Doch man bekommt noch mehr von Anfang bis Ende gelungene Action-Adventure-Unterhaltung in einer stimmungsvollen Kulisse geboten. Die hat sich übrigens auch nicht stark verändert, wirkt aber auf PS4 und Xbox One noch einen Tick klarer, scheint farbenfroher und hat mehr Bewegung in der Umgebung wie z.B. die davon laufenden Hühner oder Tauben im Startlevel.

Sprachausgabe gehört ebenfalls immer noch nicht zur Welt von Guacamelee. Doch obwohl ich viel hinsichtlich gelungener Spielatmosphäre an der Akustik festmache, bin ich hier schnell darüber hinweggekommen. Zwar hätte ich es klasse gefunden, wenn die Figuren einen ähnlichen Eindruck wie Mel Blanc als Speedy Gonzales hinterlassen hätten. Doch letztlich waren die Bedenken wohl zu groß, dass die witzigen Texte akkurat vertont worden wären, ohne die empfindliche Balance zwischen Hommage und peinlicher Lächerlichkeit zu stören.