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Gran Turismo Sport (Rennspiel) – Das iRacing für die PlayStation 4?

Gran Turismo Sport markiert einen neuen Anfang für die Serie: GT-Schöpfer Kazunori Yamauchi und Polyphony Digital verabschieden sich vom gigantischen Fuhrpark, dem Tuning und der klassischen Karriere, sondern richten ihren Fokus auf kompetitives Online-Racing mit dem offiziellen Segen der FIA. Ob diese Neuausrichtung gelingt, analysieren wir im Test…

© Polyphony Digital / Sony

Zurück in die Fahrschule

Für Offline-Rennfahrer hat der Ableger nicht besonders viel zu bieten: Das, was im Spiel als Kampagne bezeichnet wird, stellt im Prinzip nur eine Aneinanderreihung von überwiegend kurzen Herausforderungen und Lektionen dar. Für Anfänger dürfte diese virtuelle Fahrschule willkommen sein, doch Veteranen werden gelangweilt abwinken, obwohl die Anforderungen für den Gewinn der Goldmedaille durchaus knackig ausfallen können und der direkte Vergleich mit Freunden trotz des mageren Informationsgehalts auf den Bestenlisten hinsichtlich der verwendeten Fahrhilfen oder der verwendeten Steuerung durchaus motiviert.

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In den Fahrschul-Lektionen lernt man u.a., wie man Sportgeschosse von Porsche & Co beherrscht. © 4P/Screenshot

Zwar lernt man im Rahmen der Kampagne angesichts der zahlreichen Veranstaltungen die Fahreigenschaften unterschiedlicher Boliden und Klassen genauso gut kennen wie die Streckenführung der einzelnen Pisten, doch ist das gebotene Programm als Ersatz für den klassischen GT Modus enttäuschend: Man vermisst die altbekannten Cups und auch das Tuning spielt bis auf simple Leistungs-Upgrades und die Möglichkeit zu einer dreistufigen Gewichtsreduktion hier keine Rolle mehr. Neben der Kampagne haben Offline-Fahrer noch die Chance, sich in Arcade-Rennen mit einer auffälligen Gummiband-KI zu messen, beim Zeitfahren neue Rundenrekorde aufzustellen oder in Drift-Wettbewerben lässig durch die Kurven zu schlittern.

Racing á la carte

Zudem darf man in Benutzer-Rennen eigene Rahmenbedingungen definieren, darunter Rundenanzahl bzw. Rennzeit, Starttyp (stehend oder fliegend) und wie genau das Strafsystem in festgelegten Bereichen greifen soll. Zudem lässt sich auf Wunsch ein volles Schadenssystem aktivieren, das zwar visuell mit seinen leichten Kratzern massiv enttäuscht, sich aber trotz mancher Inkonsequenzen spürbar auf die Fahrphysik auswirkt. Selbst Reifenverschleiß und Benzinverbrauch lassen sich optional aktivieren und sogar bis zu einer zehnfachen Geschwindigkeit skalieren. Klar, dass auch Boxenstopps nicht fehlen dürfen, die nicht nur taktische Möglichkeiten bei der Reifenwahl und dem Spritverbrauch eröffnen, sondern auch klasse inszeniert werden. Zwar darf man seine Crew nicht manuell ansteuern und auch Faktoren wie das Überfahren der weißen Linie spielen hier keine Rolle, doch wird die Zeit während der automatischen Anfahrt sinnvoll dafür genutzt, um die gewünschte Mischung der neuen Pneus und die Treibstoffmenge festzulegen.

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Es finden sich wieder einige Konzeptfahrzeuge im Fuhrpark. © 4P/Screenshot

Bei der KI hat man nicht nur die Wahl zwischen drei Schwierigkeitsgraden: In Einzelrennen darf man zusätzlich die Intensität des Gummibands bzw. der Boost-Funktion einstellen oder die Funktion zum Glück sogar komplett deaktivieren. Insgesamt hinterlässt die KI vor allem ohne die künstliche Unterstützung einen guten Eindruck: Sie verteidigt ihre Linie und weiß auch zu attackieren, falls sich eine Gelegenheit ergibt. Gleichzeitig ist sie aber darauf bedacht, nicht zu aggressiv zu Werke zu gehen und Kollisionen möglichst zu vermeiden. Auch unseren Crash-Test besteht sie mit Bravour und weicht Hindernissen auf der Strecke geschickt und geordnet aus. Vorwerfen kann man ihr lediglich, dass sie ohne den Boost selbst auf der höchsten Stufe noch etwas zu gemütlich unterwegs ist und mitunter fast schon ein wenig zu zahm agiert. Tatsächlich gibt sie durch Blinker-Signale sogar zu erkennen, wenn sie sich überholen lassen will. Eine Möglichkeit, von der man übrigens auch als Spieler Gebrauch machen kann. Umgekehrt darf man den Vordermann mit einer Lichthupe weiter unter Druck setzen oder die Warnblinker anschalten, falls man irgendwelche Probleme hat. Vielleicht hätte man trotzdem mehr vorgefertigte Abstufungen beim Schwierigkeitsgrad zur Verfügung stellen sollen anstatt sich für enge Duelle vor allem auf die Boost-Funktion zu verlassen. Schade auch, dass man lediglich Einzelrennen absolvieren und keine eigenen Mini-Meisterschaften erstellen kann. Eine solche Option hätte zumindest im Ansatz für den Verlust der Karriere entschädigen können.