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Frostpunk (Taktik & Strategie) – Überleben im Eis

Im Mai 2018 inszenierte Frostpunk auf dem Rechner ebenso ungewöhnliche wie unterhaltsame Aufbau-Strategie: Als Anführer einer Gruppe apokalyptischer Exilanten musste man in eisiger Kälte eine funktionierende Siedlung aufbauen. Und dabei setzten die 11bit studios den Spieler ähnlich wie in This War of Mine mit moralischen und ethischen Fragen unter Druck. Wie spielt sich der Hit aus Polen auf Konsolen?

© 11 bit studios / Games Republic / Headup Games / 11 bit studios / Wild River

Zurück nach London

Dabei entsteht schon in den ersten Stunden eine eindringliche Atmosphäre, die mit Themen wie Kinderarbeit, Hunger & Co an die Schattenseiten des viktorianischen England erinnert. Man fühlt sich fast wie in einem düsteren Steampunk-Roman von Charles Dickens, wenn Mütter für ihre Kinder um Extrarationen bitten. Lässt man Ausnahmen zu oder bleibt man hart? Hinzu kommt eine futuristische Orwell’sche Komponente, wenn Suchscheinwerfer alles abdecken oder ein Riesenroboter auf zwei Beinen durch die engen Gassen stakst. Plötzlich formiert sich eine Gruppe Aufständischer, die die Enklave verlassen und nach London zurückkeheren will – kann man ihre Anhänger zurückgewinnen, vielleicht Arenen, Wirtshäuser und Bordelle bauen?

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An der Oberwelt schickt man Scouts auf Erkundungen oder ganze Expeditionen los. © 4P/Screenshot

Egal ob man Suppen mit Holzspänen verdünnt, schwer Kranke sterben lässt oder die Leute zu 24-Stunden-Schichten zwingt – alles wirkt sich aus. Hat man zu Beginn noch das Gefühl, dass es reichlich Nahrung, Kohle, Stahl und Holz gibt, werden die Rohstoffe immer seltener und die ersten Engpässe führen dazu, dass man noch konsequenter regieren muss. Dann fällt der Reaktor aus, weil die Kohle zur Neige geht, die Kälte führt zu mehr Unzufriedenheit, zu mehr Kranken, für Zulauf bei den Aufständischen und man wartet verzweifelt auf die Expedition, die irgendwo da draußen 800 Einheiten Kohle ins Lager schleppt – sie braucht noch acht Stunden, die ersten Toten werden beerdigt…

Überwachung oder Opium fürs Volk

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Wenn man dem Weg der Ordnung folgt, kann man auch Wachtürme und -stationen bauen, um die Aufständischen „Londoner“ im Auge zu behalten. © 4P/Screenshot

Trotz der gnadenlosen Themen gibt es aber auch Grund zur Hoffnung, muss man nicht alles auf die harte Tour lösen, kann man Kompromisse finden und so clever haushalten, dass alle eine Bleibe haben und versorgt sind – zumindest für ein paar Tage. Hinzu kommt Abenteuerflair über Scouts an der Oberfläche, denn die schickt man auf Erkundungstour und kann auch dort kleine Entscheidungen treffen, Beute finden oder Außenposten gründen – ganz so depressiv wie in This War of Mine wird es hier nicht. Aber die Dramaturgie zieht irgendwann spürbar an, wenn man zwischen zwei grundsätzlichen Strategien mit eigenen Technologiebäumen wählen muss: Auf der einen Seite den Weg der Disziplin und Ordnung inkl. Überwachungs- und Polizeiapparat, auf der anderen Seite Glaube und Spiritualität inkl. religiöser Propaganda und Heilsbotschaften. Es gibt also keinen „demokratischen“ Weg der Vernunft hinaus.

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Neben der Kampagne gibt es einen Endlos-Modus sowie drei Szenarien. © 4P/Screenshot

Auch wenn man vielleicht Waren-Management en detail vermisst und der Widerstand gegen das Regime ähnlich abläuft: Da sich unterschiedliche Ereignisse und Reaktionen ergeben, wird der Wiederspielwert der Kampagne zumindest auf ideologischer Ebene erhöht. Dazu trägt auf der Konsole bei, dass alle bisher erschienenen kostenlosen Updates der PC-Version enthalten sind. Es gibt also sofort einen Endlos-Modus, den man auch mit reichlich Ressourcen gemütlich angehen kann, und drei Szenarien mit eigenen Zielen. Beide Spielmodi kann man zudem in mehreren Punkten hinsichtlich des vierstufigen Schwierigkeitsgrades anpassen, außerdem andere Regionen wie Schlucht oder Felsen wählen. Darüber hinaus sind für die Zukunft weitere Inhalte geplant.