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Football Manager 2016 (Sport) – Die Emotion in der Excel-Tabelle

Fußball ist Emotion. Doch wenn man jemandem erklärt, dass grafisch aufbereitete Statistiken diese Emotionmitunter besser transportieren als FIFA oder Pro EvolutionSoccer, wird man schief angeschaut. Dabei schafft das Phänomen Football Managergenau das. Die nach wie vor wegen lizenzrechtlicher Probleme nur alsImport erhältliche Kultserie geht in ihre alljährliche neue Runde -mehr dazu im Test.

© Sports Interactive / Sega

Fehler im System

Ob es jetzt daran liegt, dass die offizielle deutsche Lizenz fehlt und man dementsprechend nicht auf bestimmte Details achtet, kann ich nicht beurteilen. In jedem Fall wird der deutsche Fußballbetrieb nicht ganz akkurat umgesetzt. So stimmen die Anstoßzeiten bzw. die Spielverteilung am Wochenende nicht immer. Mal gibt es zwei Freitagsspiele, es werden auch gerne am Samstag zwei Abendspiele angesetzt, so dass im Zweifelsfall die Standardanstoßzeit 15:30 Uhr nur von zwei oder drei Partien belegt wird. Da dies jedoch den Ruherhythmus aller teilnehmenden Mannschaften betrifft, ist dies letztlich nur ein kosmetisches Problem. Nachhaltiger wird es schon bei den als Strafe ausgesprochenen gelben und roten Karten, deren Sperren normalerweise hierzulande nur im jeweiligen Wettbewerb gelten. Es kann hier allerdings vorkommen, dass ein Spieler in der Liga vom Platz fliegt, aber wegen seiner Sperre auch im deutschen Pokal nicht antreten darf. Hier (wie offensichtlich auch bei den Terminierungen) hat Sports Interactive einfach des englische System aus der Premier League sowie dem Capital One Cup (Ligapokal) auf das deutsche Ligensystem gestülpt. Das wirkt sich zwar in Einzelfällen nachteilig aus, kann den Spaß auf lange Sicht aber in keiner Form gefährden.

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Football Manager Touch ist die schnelle „Zwischendurch“-Variante, die zwar weniger Optionen bietet, aber dafür Spielstände zwischen PC und Tablets hin und her schieben kann. © 4P/Screenshot

Denn dafür macht der Football Manager 2016 einfach zu viel richtig – und richtig gut, nein: sehr gut. Die Illusion, die sportlichen Geschicke eines großen (oder kleinen) Fußballvereins zu lenken, ist enorm hoch. Man hat mehr als genug Statistiken und Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Mannschaft einzustellen. Und das nicht nur offline im Solo- oder Hotseatbetrieb. Denn wer will, kann z.B. auch das Manager-Gegenstück zu FIFAs Ultimate Draft starten, den „Fantasy Draft“. Hier stellt man das zur Verfügung stehende Budget ein sowie die Anzahl an Spielern, aus denen man sein Team im Rahmen der durch die Geldmittel vorgeschriebenen Grenzen auswählt. Und dann kann man wahlweise in einem KO-System oder in kleinen Liga-Formaten wie z.B. zwei Teams, die je fünf Mal zu Hause und auswärts antreten, oder bis sechs Mannschaften, die im klassischen Liga-Betrieb je zweimal gegeneinander spielen, gegen andere menschliche Manager antreten.

Viel zu tun


Wer solo oder online schnelle Spiele bevorzugt, bei denen eine Saison (je nach Matchpräferenz und Eingriffsfrequenz) nicht zwischen fünf und 15 Stunden dauert, wendet sich der so genannten „Touch“-Variante zu. Hinsichtlich der Management-Optionen eingeschränkter und auf ein zugänglicheres Erlebnis abgestimmt, ist dieser Modus zwar nicht ganz so intensiv wie das „volle“ Spiel, aber dennoch sehr reizvoll. Zusätzlich wird es hier möglich sein, die Spieldaten mit den kommenden Tablet-Versionen auszutauschen, so dass man seine Karriere nahtlos unterwegs fortsetzen kann. Nett, aber

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Derzeit gibt es über alle Mannschaften hinweg unverhältnismäßig viele Verletzungen. © 4P/Screenshot

nur leicht mit dem ähnlichen Modus der deutschen Fussball Manager vergleichbar ist „Create-A-Club“. Beim FM von Bright Future hat man einen Verein komplett aus dem Boden gestampft und sich quasi als Präsident auch um alle möglichen wirtschaftlichen Aspekte gekümmert. Hier darf man sich zwar auch eine Stadt zur Vereinsgründung suchen, sich in vielen Bereichen (Logos, Trikots, Name, Fassungsvermögen des Stadions etc.) austoben, innerhalb eines bestimmten Budgets sein Team frei zusammenstellen und sogar eigene Spieler erstellen.

Doch ab diesem Moment wird es ein bekanntes Spiel: Man ist immer noch dem Vorstand unterstellt und hat keinerlei Einfluss auf die wirtschaftliche Ausrichtung des Clubs. Daher ist dieses Angebot in dieser Form wie der erstellte Avatar zwar nett, aber letztlich nur eine sehr individualisierte Form des mächtigen Editors, der sich in der Tools-Bibliothek von Steam finden lässt – und definitiv kein wertungsbeeinflussendes Element. Konzeptionell interessant ist auch der Online-Modus, der abseits des Fantasy Draft Mehrspielerpartien ohne Hotseat im normalen sowie im Touch-Modus ermöglicht. Die Entscheidungen finden für die Spieler parallel statt, wobei man optional auch Zeitlimits für die einzelnen Bereiche festlegen kann, bevor ein „Zwangsfortschritt“ stattfindet. Allerdings bin ich ein FM-Spieler der alten Schule, weswegen ich dem Online-Spiel nicht viel abgewinnen kann und für Mehrspieler-Duelle den Hotseat bevorzuge.