Geist – gestört
Der neue Schwerpunkt hat allerdings auch gute Seiten: So sehr Taktik und Grusel nämlich vernachlässigt werden, so sehr rückt das gemeinsame Spiel in den Vordergrund. Mir hat es vor allem das kooperative Erleben der Kampagne angetan, denn wer dem Spiel eines Kumpels beitritt (man kann die Kampagne jederzeit alleine oder zu zweit bestreiten), schlüpft in die Haut von Paxton Fettel, dem Bruder des Point Man. Und der hat einiges auf dem Kasten! Zur Erinnerung: Im Finale des ersten F.E.A.R. richtete Point Man seinen Bruder mit einem Kopfschuss hin. So kann Fettel zwar keine Zeitlupe aktivieren, dringt als Geist aber in die Körper seiner Feinde ein, lässt sie von innen zerplatzen, schweben, zerquetscht sie in seiner Faust oder schleudert explosive Gegenstände nach ihnen. Was für ein bestialischer Spaß! Fettel ist als gestörtes Abbild Darth Vaders einer der krassesten Charaktere, die man in einem Spiel verkörpern kann.
Wieso erkennt Day 1 nicht das volle Potential des fiesen Biests? Wieso erhält man mit einem frühen Stufenaufstieg zwar die Möglichkeit, mit einem Kick auf einen Gegner zuzurutschen, schaltet später aber keine weiteren Fähigkeiten frei? Für beide Figuren werden lediglich passive Werte wie die Dauer der Zeitlupe automatisch gesteigert. Wenn es schon eine XP-Ballerbude sein muss, sollte man sie richtig aufstellen und gerade das Hinzukommen weiterer Fähigkeiten wäre überaus reizvoll. [GUI_PLAYER(ID=72218,width=525,text=F**king Run!: Das Video erklärt die tolle Mehrspieler-Variante.)] Dennoch: Als Paxton Fettel und mit einem Freund an meiner Seite hat mir die Kampagne richtig Spaß gemacht! Zumal beide Spieler um die Gunst von Alma kämpfen: Wer die meisten Punkte macht, wird ihr Lieblingssohn.
„Lauf, lauf, lauf!!!“
Und obwohl ich bevorzugt für mich alleine genieße, hat es mir sogar der Onlinekampf angetan. F.E.A.R. 3 erfindet das Rad weiß Gott nicht neu – es belebt aber z.B. den inzwischen schnöden Stellungskrieg gegen immer stärkere Gegnerwellen. Denn während die Geister attackieren, findet man außerhalb des sicheren Unterschlupfs Waffenkisten. Knifflig: Man kann nicht sprinten, während man die Kisten ins Versteck trägt. Also schleppt man sich durch das Schauben und Schiefen der anrückenden Untoten und hofft auf treffsichere Kameraden… Nur auf den Konsolen darf man jede Mehrspieler-Variante einschließlich der gemeinsamen Kampagne übrigens am geteilten Bildschirm erleben.
In einer zweiten Variante ist man selbst tot, kann aber in die Körper der zahlreichen Soldaten eindringen. Nur so kann man überhaupt angreifen, um im Wettlauf gegen die Mitspieler die meisten Seelen einzufangen. Und dann gibt es noch zwei Spieltypen, die frappierend an Left 4 Dead erinnern. Im ersten wehren sich bis zu vier Mann gegen schier unendliche Geister-Massen. Wunderbar makaber: Wer Alma anschaut oder nicht rechtzeitig von einem Kameraden wiederbelebt wird, verwandelt sich selbst zum Gespenst und kann auch hier in die Körper anderer Untoter oder Soldaten schlüpfen, um seinen ehemaligen Kumpels das Leben schwer zu machen.
So richtig hektisch wird’s aber erst im Modus „F**king Run!“ (die verunglückte Übersetzung ins Deutsche muss man ignorieren), denn dort läuft das ganze Team um sein Leben. Hinter ihm: eine gigantische Nebelwand, die „Wand des Todes“. Verschluckt sie auch nur einen Spieler, ist die Runde verloren – für alle! Also rennen, klettern und kämpfen vier arme Schlucker um jeden Meter, von Checkpunkt zu Checkpunkt. Jedes Mal, wenn ihnen die Todeswand bedrohlich nahe kommt, kündigt sie sich mit einem grausigen Brummen an. An diesem Punkt war es natürlich längst zu spät, aber hier hatte sie mich dann endlich doch gepackt: die pure Angst.