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DJ Hero (Musik & Party) – DJ Hero

Musikspiele. Wo man auch hinschaut. Überall Musikspiele. Und Hardware, die sich stapelt und das heimische Wohnzimmer wie den Proberaum Bon Jovis aussehen lässt. Gitarren in der einen Ecke, Schlagzeuge und Mikrofonständer in der anderen. Aber nach Meinung von Activision geht da noch was. Sowohl spielerisch als auch was neue Hardware betrifft. Auftritt: DJ Hero.

© Freestyle Games / Activision

Allerdings wirkt es letztlich nicht ganz so rund wie z.B. die Guitar Heroes. Denn obwohl sich DJH bemüht, ein vergleichbares Spielgefühl aufkommen zu lassen, ist die Rockstar-Illusion deutlich größer. Warum? Weil es beim Solo- oder Bandspiel in erster Linie darauf ankommt, etwas Vorgegebenes (in der Realität bei Bands natürlich Einstudiertes) abszuspulen.

Alternativ auch zu zweit lokal oder online spielbar, fehlt dem Multiplayer der „Kampf“-Charakter.

DJ-ing hingegen ist in dieser Form ein kreativer Prozess. Da man hier mit der sehr eingeschränkten Ausnahme der Samples nicht selber kreativ tätig ist und die Abmischung nicht aktiv beeinflussen kann, sondern sich statt dessen als „Wiederkäuer“ eines anderen Kreativprozesses betätigen muss, bleibt unter dem Strich „nur“ eine nicht bis ins letzte Detail durchdachte Weiterentwicklung des Rhythmus-Prinzips, die ihre Faszinationen hauptsächlich durch den coolen Turntable-Controller gewinnt.

Qualität? Quantität? JA!

Ein Rhythmus-Spiel steht und fällt natürlich mit der Qualität der Musik. Hier lässt sich Activision nicht lumpen: Insgesamt haben die Hobby-DJs auf mehr als 90 Mashups Zugriff, die sich wiederum aus jeweils zwei von über 100 einzelnen bekannten Hits verschiedener Genre von Rock bis Hip-Hop zusammensetzen.
Bemerkenswert dabei ist, dass sich viele namhafte Künstler zur Zusammenarbeit bereit erklärt haben, angefangen von Jay-Z oder Eminem über das französische DJ-Duo Daft Punk bis hin zu Altmeistern wie Grandmaster Flash oder DJ Jazzy Jeff, die alle eigene Mixes für das Spiel genehmigt haben und teilweise auch als Figuren freispielbar sind.

Natürlich hängt die Qualität der Mixe stark vom eigenen subjektiven Musikgeschmack ab und man wird sicherlich nicht mit allen angebotenen Tracks warm werden. Doch die Anzahl der Songs, die für mich persönlich hart an der akustischen Schmerzgrenze entlang schrammten, ist angesichts der enormen Anzahl verschwindend gering.

Schönheitsfehler

Idee, mechanische Umsetzung, Hardware und Umfang können also überzeugen. Doch der Teufel steckt im Detail. Und ausgerechnet hier leistet sich der Titel, der mit seinem „Hero“ im Namen eine nicht zu verachtende Erwartungshaltung

Bringen mit einem Gastauftritt die Disco zum Kochen: Daft Punk.

aufbaut, einige kleine Schwächen, die deutlich machen, dass hier letztlich nicht mehr, aber wahrlich auch nicht weniger als ein rundum gelungener Einstieg in eine neue Franchise wartet, dessen Schwächen im nächsten Schritt ausgeräumt werden müssen.

Nehmen wir z.B. die Karriere. Auf der einen Seite ist eigentlich alles vorhanden, was man benötigt, um langfristig motiviert zu werden: Fünf Schwierigkeitsgrade, ein non-lineares Fortschrittssystem, bei dem wie bei den letzten Guitar Hero-Ablegern abhängig von der Gesamtzahl erreichter Sterne neue Abschnitte, sprich: Tracks, Locations usw.  freigeschaltet werden.
Allerdings haben die Entwickler es verpasst, abseits der „Sounderfahrung“ eine Herausforderung einzubauen. Sicher: Man muss sich Sterne erarbeiten, um in der Karriere fortzuschreiten. Doch während man bei Guitar Hero auch mal von der Bühne herunter gebuht wird, wenn man zu schlecht ist, passiert hier…

…gar nichts. Und das ist dann doch zu wenig. Man kann nicht scheitern. Selbst wenn man absichtlich falsch spielt, wird irgendwann (zumindest für einen kurzen Zeitraum) die Soundspur wieder eingeblendet.
Dass man den Spieler nicht frustrieren möchte, ist eine Sache und durchaus löblich. Doch wenn man schlecht spielt, sollte man auch wie in der Guitar Hero-Serie dafür bestraft werden. Doch die letzte Konsequenz fehlt, wodurch der Reiz der Herausforderung relativiert wird. Es ist schade, dass das Sounderlebnis -so gelungen es auch sein mag- sich über die Spielmechanik hinwegsetzen konnte.

Mit zahlreichen Möglichkeiten, seinen DJ bzw. seine DJane mit entsprechendem Arbeitsmaterial wie Plattenspielern, Klamottendesigns oder Kopfhörern auszurüsten, wird ebenfalls einiges geboten. Nur die Option, seinen eigenen Platten-Helden mit einem Editor zu erstellen, wird sehr schmerzlich vermisst. Denn mit einer eigenen Figur -und sei sie auch nur aus

Trotz kleinerer Auflösung: Auch auf Wii sieht DJ Hero gut aus.

einer kleinen Anzahl an Versatzstücken angefertigt- spielt man einfach gleich doppelt so gern. Von der Möglichkeit, wie in Guitar Hero 5 mit seinem Avatar hinter den Turntables herumzuturnen und die Massen anzuheizen, will ich gar nicht erst anfangen.

Akustisches Für und Wider

Die Abmischung der Mashups ist erwartungsgemäß sehr gut. Bei Einsatz des Crossfaders werden die Spuren gut überblendet, die eingespielten (teils frei wählbaren Samples) sind technisch ebenfalls sehr sauber und die geforderten Soundveränderungen bei Einsatz des Drehreglers können sich ebenfalls hören lassen.
Und dennoch: Im Umfeld musste sich die Akustik auch den beatgewaltigen Tracks beugen. Nicht nur, dass „Verspieler“ auf Dauer keine Auswirkung haben und die Tracks wie bereits erwähnt automatisch wieder „in die Spur finden“ – auch das Publikum, das wie bei einem Rockkonzert statisch der „Bühne“ zugewandt ist anstatt auf der Tanzfläche abzufeiern, zeigt sich unbeeindruckt und jubelt fröhlich (oder unter Drogeneinfluss) vor sich hin. Auch wenn man am DJ-Pult eine weitestgehend talentfreie Performance abliefert.