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Diablo 4 (Action-Rollenspiel) – Unterwerft euch diesem verflucht guten Gameplay, ihr Grind-Zombies!

“Nahe an der Perfektion” – “Bester Teil der Reihe” – “Game of the YearCentury” – “Wer braucht schon Teil 2?” – “Dafür würde ich meinen Erstgeborenen opfern”. Es wurde schon sehr viel Gutes über Diablo 4 gesagt. Es grenzt an ein Wunder, wenn der Duden danach überhaupt noch Superlative übrig hat. Und alle anderen sind nur Ketzer, die irgendetwas Negatives in Diablo 4 finden wollen. Bei diesen hunderten verzückten Augen muss ich trotzdem eine entscheidende Frage stellen: Ist da nicht auch dämonische Magie am Werk? Denn ein bisschen ironisch ist es schon. Ich ziehe los, entschlossen und stark, um die böse Dämonin Lilith aufzuhalten. Aber Blizzards Mächten wiederum verfalle ich ab der ersten Minute. Ohne jegliche Gegenwehr. Diesem süßholzraspelnden Entwickler, der mich mit seinem immer gleichen Gameplay-Loop in den Bann ziehen will. Das heißt, wenn er mir nicht gerade mit Ingame-Käufen vor der Nase herumwedelt. Das kann doch nicht so viel Spaß machen! Wann kann ich mich daraus befreien? Morgen! Niemals! Argh! Als Nicht-Teilnehmer der stark limitierten, 10-tägigen Testphase kann ich dem Wertungsbild keine neuen Punkte mehr hinzufügen. Aber vielleicht eine unverschönte und ehrliche Meinung. Gebildet auf der PlayStation 5.

© Blizzard / Activision Blizzard

Eine Einsteigerperspektive

Können die Droprates in Diablo 4 über lange Zeit zufriedenstellen? Wie ist die Endgame-Motivation zu bewerten? Ist Teil 4 würdiger als Teil 2 und 3 zusammen? Keine Ahnung. Als Neueinsteiger und Nicht-Diablo-Professor kann ich euch nichts dazu sagen. Und für meinen Test ist es auch unbedeutend. Ich bewerte das Spiel für sich selbst und biete eine frische Perspektive, denn es wird garantiert auch viele Spieler geben, die mit Diablo 4 neu in die Reihe oder gar in das Hack&Slay-Genre einsteigen. Meine bisherige Diablo-Erfahrung zusammengefasst: Ich war für Teil 2 damals zu jung und die Resurrected-Edition fühlte sich trotz aller Modernisierungen zu altbacken für mich an. Teil 3 dagegen scheiterte trotz aller Spaßigkeit an einer absolut oberflächlichen Sache: Dem Look.

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Diablo 4 erzählt seine Geschichte die meiste Zeit über beeindruckende Rendersequenzen. Optisch großartig, inhaltlich recht dünn. © 4P/Screenshot

Genauso wie das alberne und in den Dad-Jokes-Topf gefallene Dungeons 3 der “Dungeon Keeper”-Alternative seinen Biss genommen hat, wollte auch das Cartoonige von Diablo 3 bei mir keine Abenteuer-Stimmung aufkommen lassen. Meine Erwartungen an Diablo 4 lauteten daher im Vorfeld: Schmiede und perfektioniere die Formel so gut, du kannst, Blizzard. Und halte dich nicht zurück, wirf mich in die düsterste Düsternis, die der Teufel ausspucken kann. Sei mystisch und nostalgisch. Verpasse der aufpolierten, Remake über Remake spamenden Gaming-Landschaft von heute etwas Anderes, mit Kanten und Narben. Verleih mir eine isometrische Perspektive auf die Welt, um Schlachten und Orte in seiner vollen Gänze zu erleben. Das waren meine Erwartungen. Jetzt kommt die Realität.

Jagt dem Kinofilm hinterher


Eine Gruppe Räuber begibt sich immer tiefer in ein Gewölbe, auf der Flucht vor zahlreichen Monstern. Am Ziel angekommen, in einer finsteren Kammer, werden sie Teil eines Beschwörungsrituals, das sie mit ihrem Leben bezahlen. Ihrem geopferten Blut entspringt Lilith, die Tochter des Hasses. Mit einem Umhang aus Blut. Und einem finsteren Plan. Das ist die erste von vielen Rendersequenzen, über die Diablo 4 seine Geschichte erzählt. Die Grafik ist popcorn-eimer-leerfressend, der Inhalt eher briefkasten-broschüren-dünn. Versteht mich nicht falsch: Das ist eine Dark Fantasy, wie man sie schon lange auf den Bildschirmen vermisst hat. Kein malerischer

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Nicht immer wird die Story in aufwändigen Cinematics erzählt, manchmal findet auch alles komplett Ingame statt. © 4P/Screenshot

0815-Drachen-Elben-Magier-Schmarrn, sondern der Stoff, von dem selbst Dämonen Albträume bekommen. Was zumindest das Optische angeht.

Fasst man den Inhalt dieser Szenen zusammen, bleibt es dabei, dass die Charaktere sich mit unheilvollen Phrasen bewerfen und sich auf irgendetwas Vergangenes aus der Diablo-Lore beziehen. Cooler Fan-Service für Insider, zahlreiche Hä’s für Uneingeweihte. Zum Glück spielt sich die Geschichte im Hintergrund ab und zielt eher auf Atmosphäre ab. Um euch im Blut und Licht dieser Welt unterzutauchen. Um euch zu vermitteln, zu welchem Helden ihr werden müsst, um die größte Bedrohung aufzuhalten. Eine lange Zeit aber haben Gameplay und Geschichte kaum etwas miteinander zu tun. Die Geschichte diktiert im Grunde nur die Reihenfolge der Areale. Und bevor ihr Lilith persönlich begegnet, werdet ihr erstmal ihren vielen Rendersequenzen hinterherjagen. Der Hauptanreiz des Spiels bleibt das Spielerische.