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Devil May Cry 5 (Action-Adventure) – Stylische Action mit Schönheitsfehler

Nachdem Ninja Theorys Neuinterpretation von Dämonenjäger Dante in DmC zu gespaltenen Reaktionen führte, setzt Capcom jetzt mit einem internen Entwicklungsteam die Ur-Serie fort, deren letzter Teil ursprünglich 2008 auf PS3 und Xbox 360 erschien. Kann Devil May Cry 5 an die Glanzzeiten der Reihe anknüpfen, die schon „stylische Action“ definierte, als Bayonetta noch nicht einmal eine Idee war? Die Antwort geben wir im Test.

© Capcom / Capcom

Erneuter Neustart oder echte Fortsetzung?

Dass Hideaki Itsuno als Game Director für Devil May Cry 5 nicht nur viel eigene Erfahrung mit der Serie mitbringt, sondern auch viele Capcom-Veteranen um sich geschart hat, die unter anderem schon an den vorherigen Episoden, aber auch Resident Evil gearbeitet haben, spürt man vom ersten Moment. Auch, dass man sich für prinzipielle Designfragen und die Inszenierung der Zwischensequenzen externe Hilfe geholt hat, u.a. bei Studios, die bereits bei Bayonetta 2, Nier Automata, Project Zero dafür sorgten, die Geschichten in das richtige Licht zu rücken. Dabei war man sich der Seriengeschichte durchaus bewusst.  Zwar haben sich die Figuren im Vergleich zu Teil 4 visuell etwas verändert: Nero z.B. zeigt eine gewisse Ähnlichkeit zum bei vielen Fans verhassten Dante aus Ninja Theorys Neuinterpretation DmC, während Dante im Wesentlichen nur leicht gealtert ist, aber hinsichtlich des jungenhaften Schalks in der Mimik gelegentlich an Tom Cruise erinnert. Doch bei der Inszenierung ist man so herrlich überzogen wie in Teil 3, dessen Einstieg mit seinen hanebüchenen Sequenzen in Dantes Devil-May-Cry-Büro die Essenz von Capcoms stylischer Action seinerzeit auf den Punkt brachte und definierte. Vom Intro über die markanten Zwischensequenzen, die ebenso wie der Rest der Kulisse die Qualität von Capcoms hauseigener RE Engine zeigen und die mit ihren teils albernen, teils sehr subtil witzigen Dialogen punkten, schafft Devil May Cry 5 eine spannende erzählerische Grundlage. Dass diese um ein paar neue Figuren ergänzt wird, wie die Waffenschmiedin Nico mit ihrem herrlichen Südstaatenakzent oder den gleichermaßen charismatischen wie geheimnisvollen V, der neben Nero und Dante als dritte Figur spielbar ist, tut der Geschichte ebenfalls gut und sorgt für interessante Wendungen.

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V mit seinen beschworenen Helfern ist der Neuzugang – aber auf seine Art ist er mindestens ebenso cool wie Dante. © 4P/Screenshot

Wer übrigens keinen der anderen Teile gespielt hat, bekommt mit der DMC-Historie einen guten Überblick über die bisherige Story. Ein pikantes Detail: DmC wird hier nicht einmal ansatzweise erwähnt, was den Stellenwert des Reboots für Capcom deutlich aufzeigt. Gleichgültig, ob man das Kernwissen der erzählerischen Hintergründe aus den HD-Neuveröffentlichungen, den Originalen oder des mit cooler Musik unterlegten Geschichtsvideos kennt, stellt man fest, dass die Story hier geschickt in die bestehenden Elemente eingewoben wurde, wobei natürlich auch die eine oder andere Überraschung wartet. Eine Kleinigkeit stört allerdings bei der ansonsten sehr aufwändigen Inszenierung: Während in der Story an einem Punkt V sehr geschwächt durch die Zwischensequenzen wankt, bewegt er sich als Figur vom Spieler gesteuert so, als ob nichts wäre. Das zerstört ein wenig die Illusion der Geschichte, die Capcom ansonsten sehr clever konstruiert. Und dass es auch anders geht, zeigt man bei der gleichen Figur an späterer Stelle. Doch diese Diskrepanz sorgt für nur kleine Abzüge bei der B-Note. Denn ansonsten kann man sich auf zahlreiche herrlich absurde Momente freuen. Capcom nimmt zwar die Devil-May-Cry-Welt ernst, zeigt aber mit den darin platzierten Figuren immer wieder genug Selbstironie.

SSStylisch


Doch natürlich steigt und fällt ein Devil May Cry mit der Art und Weise, wie die Action inszeniert wird. Glücklicherweise gibt man sich keine Blöße. Es fällt angenehm auf, dass es hinsichtlich der Geschwindigkeit etwas träger als in DmC oder auch Bayonetta zur Sache geht. Das wird aber durch die allgemeine Dynamik sowie die Unterschiede der drei Haupthelden mehr als ausgeglichen. Denn trotz aller Gemeinsamkeiten bei der Steuerung sorgen die mechanischen Unterschiede von Nero, V und Dante für ein abwechslungsreiches Spielerlebnis. Beim ersten Story-Durchlauf ist die Charakterauswahl für die 20 Missionen vorgegeben. Nur in wenigen Levels kann man wählen, mit wem man den Kampf aufnimmt. Erst danach kann man im zur Verfügung stehenden quasi „freien Spiel“ mit neuen Fähigkeiten und Aktionen ggf. auch die bislang noch nicht entdeckten Geheimnisse der zwar linearen, aber immer wieder versteckte Abzweigungen bietenden Areale entschlüsseln.  Das Orb-Konto für die vielfältigen Upgrades teilen sich die Figuren ebenso wie die Lebensleiste nach dem Ableben oder die goldenen Orbs, die eine Wiederbelebung erlauben. Sehr schön übrigens: Man kann an bestimmten Punkten sehen, wo sich die Wege überschneiden und der anderen Figur beim Kampf oder anderen Aktionen zusehen.

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Bei den Endgegnern zelebriert Capcom die Tradition japanischer Bosskampfkultur. © 4P/Screenshot

Teilweise wird man dabei sogar Zeuge, wie andere Spieler die Situation bewältigt haben und kann ihnen Stil-Punkte geben. Eine nette, aber letztlich vollkommen nutzlose Online-Einbindung.

Doch zurück zu den unterschiedlichen Kampfstilen: Nero setzt auf seine austauschbaren Arme und die damit verbundenen Spezialaktionen, um seine Schwert- bzw. Schrotflintenkünste zu ergänzen. V hingegen verlässt sich auf seine beschworenen Begleiter, die er auf die Gegner hetzt und als vermeintlich schwächster der drei Helden nur dann aktiv in die Auseinandersetzungen eingreift, um den Finisher zu setzen. Dante wiederum setzt sich mit seinem durchschaltbaren Arsenal an Nah- oder Fernkampfwaffen sowie  den bereits aus den direkten Vorgängern bekannten Stilen wie Trickster oder Swordmaster gegen die Dämonen zu Wehr. Doch egal, mit wem oder welcher Bewaffnung man unterwegs ist, reicht es nicht, die fiese und durchaus abwechslungsreiche Brut wieder in die Hölle zurückzuschicken. Klar: Man kommt ans Ziel, doch wer hohe Punktzahlen und damit viele Bonus-Orbs für die Upgrades einheimsen möchte, muss auch stylisch kämpfen. Soll heißen: Man muss seine Angriffe in den Arenen möglichst variantenreich gestalten, um seine Kampfwertung bis zu einem Dreifach-S zu bringen. Aber Achtung: Wer von den Gegnern getroffen wird, büßt einen Großteil seiner bis dahin erreichten Wertung ein. In Momenten, in denen man von einem Doppel-S auf ein C runtergestuft wird, ist der Ärger groß. Und er schlägt in leichten Frust um, wenn der gegnerische Treffer aufs Konto des suboptimalen Ausweichmanövers geht, das in der ansonsten vorzüglichen sowie prompt auf die Eingaben reagierenden Kampfmechanik ein ums andere Mal auffällt.