Veröffentlicht inTests

Detroit: Become Human (Adventure) – Was bin ich?

Führt der Erfindungsreichtum des Menschen zu seinem Untergang? Kann
künstliche Intelligenz ein Bewusstsein entwickeln – und wie geht die
Gesellschaft damit um
, wenn sich ein eigener Wille formt? Diese Fragen
stellen sich derzeit nicht nur Wissenschaftler, sondern auch David Cage,
der drei Androiden auf eine dramatische Reise zwischen Selbstfindung
und den Kampf gegen feindselige Menschen schickt. Auf die technischen Besonderheiten der PC-Umsetzung  gehen wir übrigens auf Seite 5 ein.

© Quantic Dream / Sony

Knifflige Abwägungen

Wer sich schon als Mensch manchmal sozial unbeholfen fühlt, sollte sich erst einmal in die Haut eines Androiden im Science-Fiction-Adventure Detroit: Become Human versetzen. Stellt euch vor, ihr seid euch selbst nicht im Klaren darüber, ob ihr überhaupt ein Bewusstsein besitzt. Oder ob die neuen „Gedanken“ lediglich ein Systemfehler sind, die einen freien Willen nur simulieren. Das allein ist eigentlich schon verwirrend genug, wenn man vor der Persönlichkeitsänderung tagein, tagaus nur Befehlen folgte. Zusätzlich muss man sich ständig entscheiden, wie man mit Menschen interagiert, die auch im Jahr 2038 noch extrem unterschiedlich auf ihre elektronischen Helfer reagieren. Wem vertraut man sich auf der Flucht an, ohne Minuten später von einem Rückholkommando des Herstellers Cyberlife demontiert zu werden? Wie viel ist die eigene Existenz eigentlich wert – und ist man bereit, dafür menschliches Leben zu opfern? All diese Fragen muss der Spieler im Laufe des Abenteuers immer wieder beantworten, was uns manchmal verdammt schwer fiel.

[GUI_STATICIMAGE(setid=83676,id=92564081)]
Genug ist genug: Karas Ausbruch aus der Herrschaft ihres gewalttätigen Besitzers wird cool inszeniert. © 4P/Screenshot

Wer schon einmal ein Adventure von David Cage gespielt hat, kann sich vorstellen, wie solche Momente ablaufen. Rätsel gibt es hier nur sporadisch zu lösen, im Zentrum steht neben zahlreichen Reaktionstests vor allem die Geschichte mit ihren Entscheidungen, welche die Handlung an zahlreichen Abzweigungen beeinflusst. Man schlüpft abwechselnd in die Rolle von drei Androiden, welche die Epidemie der elektronischen „Abweichler“ aus unterschiedlichen Perspektiven erleben. Die aus der frühen Technik-Demo bekannte Haushaltshilfe Kara rettet die Tochter ihres gewalttätigen Besitzers und befindet sich danach auf der Flucht, während sie ihre mütterlichen Gefühle und eigenen Wünsche erforscht. Pfleger Markus hat dagegen Glück mit seinem gutmütigen Besitzer: Der alternde Künstler versucht sogar, seinem synthetischen „Ziehsohn“ die Konzepte einer eigenen Persönlichkeit und von Kreativität zu vermitteln. Nach einem dramatischen Zwischenfall mit dem echten Sohn muss aber auch Markus fliehen und begibt sich auf die Suche nach einem sagenumwobenen Geheimversteck abtrünniger Androiden.

Innere Ruhe der Maschine


Auf der anderen Seite steht der synthetische Ermittlungsspezialist Connor. Er ist ein kriminalistischer Prototyp, der den rapide ansteigenden Fehlfunktionen und sogar Morden ehemals treuer Androiden auf den Grund geht. Obwohl er sich als ordnungsgemäß funktionierende Maschine nicht mit Selbstzweifeln herumplagen muss, ist es auch für ihn gar nicht so einfach, mit seinem launischen menschlichen Partner Hank umzugehen. Ist es überhaupt die richtige Strategie, sich gegenüber dem dauerbesoffenen Kollegen einfühlsam (oder kumpelhaft schroff) zu geben? Der depressive Cop hat offenbar an seiner Vergangenheit zu knabbern und kann Androiden ganz und gar nicht leiden.

[GUI_STATICIMAGE(setid=83676,id=92564092)]
Der T-1000 lässt grüßen: Cop-Androide Connor bleibt auch in brenzligen Lagen wie einer Geiselnahme die Ruhe selbst. © 4P/Screenshot

Wie wird Connors strenge Auftraggeberin es aufnehmen, wenn der eigentlich auf Rationalität und Zielstrebigkeit getrimmte Agent plötzlich „menschelt“, um im Team besser voranzukommen? Steht es ihm als Maschine überhaupt zu, Menschlichkeit zu imitieren und nachzubohren? Der Spieler entscheidet, wie sehr er der Sache im Laufe der Geschichte auf den Grund geht, was sich auch im späteren Verlauf erfreulich stark bemerkbar macht. Zudem dürfte manch ein Spieler lange drüber nachgrübeln, ob er überhaupt möchte, dass die Ermittlungen Erfolg haben. Die anderen Schützlinge befinden sich schließlich auf der Flucht vor den Behörden. Diese gegensätzlichen Ziele bringen zusätzliche Dynamik ins Spiel. Immer wieder hält man plötzlich inne und überlegt, ob es überhaupt etwas Gutes ist, wenn man geradeso erfolgreich den „Gegner“ infiltriert und mit perfektem Timing ein paar Widersacher KO schlägt.