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Destiny: Das Erwachen der Eisernen Lords (Shooter) – Daueraction ohne Köpfchen

Ein Effektgewitter donnert über den Bildschirm, wenn drei Hüter mit Äxten durch eine Arena wüten, in der farbenfrohe „Edelsteine“ den Boden wie eine funkelnde Tanzfläche erleuchten. In einem oft stundenlangen Rausch fliegen Munition, Granaten, Schwerter, Schweber, Hüter, Bosse und Freischalt-Schlüssel für die jeweils nächste Runde zu lauter Rockmusik umher. Die furiosen Gefechte in der neuen Archon-Schmiede sind symptomatisch für Das Erwachen der Eisernen Lords. Sie sind die auf den kleinsten Nenner reduzierte Essenz von Destiny: griffige Action und eine nicht enden wollende Jagd nach stärkerer Ausrüstung – mehr nicht. Denn mehr hat die aktuelle Erweiterung auch nicht zu bieten.

© Bungie / Activision

Doppelt verschnupft

Warum unser Test so spät erst kommt? Der Herbst und seine Viren haben mich vom Spielen und Schreiben abgehalten. Ausgerechnet beim ersten Anlauf auf den Boss des neuen Raids hatte es mich plötzlich erwischt. Das flaue Gefühl kam jedenfalls nicht von den Gegnern; die Erkältung hatte zugeschlagen.

Allerdings – und das ist der entscheidende Punkt – spätestens in diesem Moment wäre ich auch ohne den Infekt ausgelaugt gewesen. Denn ich bin enttäuscht von der gleichförmigen Action im neuen Raid, von den neuen Gegnern ganz allgemein, dem neuen Schauplatz und der neuen Geschichte in Das Erwachen der Eisernen Lords. Während die letztjährige Erweiterung König der Besessenen nämlich aus dem ursprünglichen Destiny ein besseres Spiel machte,

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Wenn’s in der neuen Archon-Schmiede erst mal so aussieht… © 4P/Screenshot

fügt ihm Die Eisernen Lords nur Masse hinzu. Das ewige Streben nach höheren Levels bleibt dabei wie es war. Und das hatte für mich schon mit dem hohen Schwierigkeitsgrad des letztjährigen Raids seinen Höhepunkt erreicht.

Ein Kill allein ist nichts wert

Das Erwachen der Eisernen Lords ist beileibe kein schlechtes Aufblähen! Dank der Erweiterung hatte ich einmal mehr Dutzende Stunden Spaß mit Destiny und werde noch einige dazukommen lassen. Das ist auch dem neuen Mehrspieler-Modus Vorherrschaft zu verdanken, in dem man Kontrahenten nicht nur abschießt: Denn damit der Kill zählt, muss ein Mitglied des eigenen Teams noch das Signum des Gefallenen auflesen, erst dann gibt es dafür und für den Schützen einen Punkt.

Diese Variation sorgt dafür, dass PvP-Teams besser zusammenarbeiten; immerhin muss man so ein Signum erst einmal erreichen, wenn das feindliche Team vielleicht das Gebiet um den Toten herum bewacht oder dessen Zeichen gar zurückzuholen versucht. Das richtige Timing aus Angriff und Positionswechsel gewinnt so

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… dann quillt die Post bald über. Die Laufrinne zwischen Kryptarch und Lager war nie tiefer. © 4P/Screenshot

an Bedeutung. Auch so stehen bei den Gefechten im Schmelztiegel noch immer schnelle Zeigefinger und Automatik-Kills im Vordergrund (das Auslösen mancher Super-Fähigkeiten verlangt ja nicht das geringste Können), Vorherrschaft fügt ihnen aber eine interessante taktische Note hinzu.

Gleichförmige Tontauben statt clevere Tricks

Und immerhin ist der Shooter weiterhin einer der Besten seiner Art: In Sachen Präzision, Trefferfeedback und Bewegungsfreiheit macht Bungie selbst zwei Jahre nach Erscheinen des eigentlichen Spiels niemand etwas vor. Und deshalb ist die zuvor erwähnte Schmiede auch so etwas wie der symbolische Mittelpunkt seiner aktuellen Erweiterung, weil Bungie dort das hervorragende Spielgefühl mit dem zweiten großen Standbein seines Destiny direkt zusammenführt: In der Schmiede sammelt man im Eiltempo bessere Waffen und Rüstungsteile.

In der neuen Arena wird aber auch schnell klar, was der aktuellen Erweiterung im Vergleich zur letzten fehlt: Musste man im Hof von Oryx, also der im vergangenen Jahr eingeführten Arena, nämlich erst Schwächen der Gegner finden und sie anschließend durch geschicktes Teamwork ausnutzen, ballert man in dem neuen Areal stets munter drauf los. Schwachstellen sind die bekannten Trefferzonen – mehr muss man nicht wissen. Das macht natürlich Laune, ist aber auch oberflächlicher und auf Dauer kräftezehrend. Die Spannung lässt irgendwann nach, der Spaß ebenso.