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Death’s Door (Action-Adventure) – Es ist ein Schnitter, der heißt Tod

Die Macher des harten Boss-Rush-Abenteuers Titan Souls haben fünf Jahre an einem neuen Spiel gearbeitet – nun ist es fertig. Das Action-Adventure Death’s Door staubt unseren Gold-Award ab, dank wunderschöner Welt, knackigen Kämpfen und einer ganz tollen Abenteuer-Stimmung.

© Acid Nerve / Devolver Digital

Schöne tote Welt

 

Neu ist die Idee freilich nicht, den Spieler ohne große Worte in eine rätselhafte, entvölkerte Welt zu werfen, die irgendwo zwischen Anmut und Leere angesiedelt ist. Wie Touristen im realen Sperrgebiet rund um den Tschernobyl-Reaktor das Gefühl von Vergänglichkeit aufsaugen, wenn sich die Natur menschlisches Siedlungsland zurückholt, so kennen auch Videospieler den Reiz, ein scheinbar totes Land zu erkunden. Man trifft auf unbekannte, unverständliche Relikte untergangener Kulturen, findet die Leichen gescheiterter Entdecker am Wegesrand, legt sich mit der Fauna an und versucht letztlich, das große Rätsel der jeweiligen Spielewelt zu lüften. Solche Aspekte kennen und schätzen wir, an großen Hits wie Shadow of the Colossus und den Souls-Spielen sowie Indie-Produktionen wie Hyper Light Drifter, Journey oder ITTA. Acid Nerve, die Entwickler der toughen Boss-Rush-Abenteuers Titan Souls, gehen den Weg ihres gelungenen Erstlingswerks konsequent weiter und polstern das Grundgerüst an allen Ecken so gelungen auf, dass diesmal unser Gold-Award herausspringt.

 

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Tief im Wald trefft ihr auf eine illustre Siedlung – helft dem Waldgeist, damit er euch beim eurem Abenteuer unter die Arme greift. © 4P/Screenshot

Der augenscheinlichste Schritt nach vorn ist die Grafik: An die Stelle der charmanten, aber auch zweckmäßigen Pixel-Optik von Titan Souls tritt in Death’s Door ein wunderschöner 3D-Look, der von einer isometrischen Kameraperspektive hervorragend in Szene gesetzt wird. Die Optik ist detailliert, scharf und toll koloriert, an den passenden Stellen gleichzeitig aber wunderbar weich und rund. Als Wanderer staunt man über im Wind flatternde Wimpel, herrliche Rauch-und Feuereffekte bei Angriffen und einen generell ästhetisch sehr ansprechenden Aufbau der Welt – die Kompositionen aus Wegen und Abgründen, aus Burgmauern und Brücken, aus Teichen und Statuen ist durch die Bank äußerst ansehnlich. Ohne zu viel von der stimmigen Geschichte, die sich stets im Hintergrund hält, zu verraten: Als Krähe geht man seiner Arbeit als Schnitter nach, der die Seelen von Toten einsammeln muss. Nach einem Abstecher in die schwarz-weiße Bürowelt, wo andere Rabenvögel hinter ihren Schreibtischen brüten, tritt man durch magische Türen in die echte Spielwelt, wo es große Seelen einzufangen, Schlüssel zu finden, Wege freizusprengen, Feinde zu meucheln und Dungeons zu erkunden gilt.

 

Abkürzung freigeschaltet!

 

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Wunderschön! Solch erhabene Panoramen gibt es in Death’s Door zu bestaunen. © 4P/Screenshot

Ähnlich wie in Bloodborne oder bei den Katakomben-Klettertouren in einem älteren Assassin’s Creed (vielleicht erinnert ihr euch), aktiviert man an vielen Stellen praktische Abkürzungen (z.B. Leitern), die bei einem Tod oder Absturz den erneuten Laufweg dramatisch reduzieren. Im Falle von Death’s Door sind die verwinkelten Areale (es gibt keine Karte!) stets so klug aufgebaut, dass sich in jedem zweiten Raum lohnenswerte Abkürzungen oder neue Wege auftun. 

Mal schließt man schlicht ein Tor auf, mal fällt man durch einen Brunnen in die Etage darunter. Mal öffnet sich nach dem Besiegen aller Feinde eine Pforte, mal hilft eine frisch erhaltene Fähigkeit beim Beseitigen einer Barriere. Meine Krähe kann normal zuhauen, ihren Schlag aufladen, per Hechtrolle ausweichen und eine Fernkampf-Attacken lancieren. Während die im Spielverlauf gefundenen Klingen das Spielerlebnis nur marginal verändern, kommt der Fernattacke große Bedeutung zu: Nicht nur erlauben Pfeil, Feuerball, Explosivgeschoss und Greifhaken stets neue Fernkampf-Taktiken, diese Werkzeuge sind auch eng mit dem Leveldesign verknüpft: Mit dem flammenden Geschoss z.B. brennt man Rankenbarrieren nieder oder löst kleine Rätsel, wo man in einem Raum rasch alle Fackeln anzünden muss. Death’s Door ist zwar kein Metroidvania, hat aber für fortgeschrittene Spieler immer wieder Überraschungen und neue Wege parat, wenn man in alte Bereiche zurückkehrt. Letzteres ist dank der vielen Schnellreise-Pforten stets komfortabel möglich.

 

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TOD. Death’s Door hat den schicksten Game-Over-Screen seit langem. © 4P/Screenshot
Das Fehlen einer Karte sorgt für manch doppelten Laufweg beim Herumsuchen – doch die Größe der Welten ist gerade so, dass man sie sich noch gut einprägen kann. Zudem hätten die vielen Abkürzungen und Geheimwege große Herausforderungen an eine Karte gestellt. Unterm Strich finde ich es also gut, dass es keine gibt – wenngleich ich vor allem im Waldareal manchmal schon etwas doof herumgeirrt bin. Erstaunlich schwach finde ich das Auflevelsystem: Bei allen Kämpfen erbeutet man Seelenpunkte, die man im Zentralhub, der schwarz-weißen Krähen-Behörden-Welt am Schalter in vier Kategorien investiert. Leider merkt man die Fortschritte (bisschen schneller laufen, bisschen stärker zuhauen, bisschen rascher ausweichen) kaum, zudem sind die Kategorien so wachsweich, dass das Verbessern meines Seeleneintreibers keinerlei Motivation darstellte. Das Finden von etliche optionalen Sammelitems (ein bisschen wie in Uncharted) war da schon ein wenig spaßiger, wenngleich ich mir auch hier die Frage nach dem Sinn stellte und mir die Objekte zu sehr von der Spielwelt entkoppelt waren. Doch all das tat meiner Entdeckerlust keinen Abbruch: Ich war gespannt, wie der überflutete Sumpf, die Bergspitze oder das Haus der Hexe aussehen, habe in alle Türen geschaut und sich neu auftuende Wege sofort erkundet.