Schöne tote Welt
Neu ist die Idee freilich nicht, den Spieler ohne große Worte in eine rätselhafte, entvölkerte Welt zu werfen, die irgendwo zwischen Anmut und Leere angesiedelt ist. Wie Touristen im realen Sperrgebiet rund um den Tschernobyl-Reaktor das Gefühl von Vergänglichkeit aufsaugen, wenn sich die Natur menschlisches Siedlungsland zurückholt, so kennen auch Videospieler den Reiz, ein scheinbar totes Land zu erkunden. Man trifft auf unbekannte, unverständliche Relikte untergangener Kulturen, findet die Leichen gescheiterter Entdecker am Wegesrand, legt sich mit der Fauna an und versucht letztlich, das große Rätsel der jeweiligen Spielewelt zu lüften. Solche Aspekte kennen und schätzen wir, an großen Hits wie Shadow of the Colossus und den Souls-Spielen sowie Indie-Produktionen wie Hyper Light Drifter, Journey oder ITTA. Acid Nerve, die Entwickler der toughen Boss-Rush-Abenteuers Titan Souls, gehen den Weg ihres gelungenen Erstlingswerks konsequent weiter und polstern das Grundgerüst an allen Ecken so gelungen auf, dass diesmal unser Gold-Award herausspringt.
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Der augenscheinlichste Schritt nach vorn ist die Grafik: An die Stelle der charmanten, aber auch zweckmäßigen Pixel-Optik von Titan Souls tritt in Death’s Door ein wunderschöner 3D-Look, der von einer isometrischen Kameraperspektive hervorragend in Szene gesetzt wird. Die Optik ist detailliert, scharf und toll koloriert, an den passenden Stellen gleichzeitig aber wunderbar weich und rund. Als Wanderer staunt man über im Wind flatternde Wimpel, herrliche Rauch-und Feuereffekte bei Angriffen und einen generell ästhetisch sehr ansprechenden Aufbau der Welt – die Kompositionen aus Wegen und Abgründen, aus Burgmauern und Brücken, aus Teichen und Statuen ist durch die Bank äußerst ansehnlich. Ohne zu viel von der stimmigen Geschichte, die sich stets im Hintergrund hält, zu verraten: Als Krähe geht man seiner Arbeit als Schnitter nach, der die Seelen von Toten einsammeln muss. Nach einem Abstecher in die schwarz-weiße Bürowelt, wo andere Rabenvögel hinter ihren Schreibtischen brüten, tritt man durch magische Türen in die echte Spielwelt, wo es große Seelen einzufangen, Schlüssel zu finden, Wege freizusprengen, Feinde zu meucheln und Dungeons zu erkunden gilt.
Abkürzung freigeschaltet!
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Ähnlich wie in Bloodborne oder bei den Katakomben-Klettertouren in einem älteren Assassin’s Creed (vielleicht erinnert ihr euch), aktiviert man an vielen Stellen praktische Abkürzungen (z.B. Leitern), die bei einem Tod oder Absturz den erneuten Laufweg dramatisch reduzieren. Im Falle von Death’s Door sind die verwinkelten Areale (es gibt keine Karte!) stets so klug aufgebaut, dass sich in jedem zweiten Raum lohnenswerte Abkürzungen oder neue Wege auftun.
Mal schließt man schlicht ein Tor auf, mal fällt man durch einen Brunnen in die Etage darunter. Mal öffnet sich nach dem Besiegen aller Feinde eine Pforte, mal hilft eine frisch erhaltene Fähigkeit beim Beseitigen einer Barriere. Meine Krähe kann normal zuhauen, ihren Schlag aufladen, per Hechtrolle ausweichen und eine Fernkampf-Attacken lancieren. Während die im Spielverlauf gefundenen Klingen das Spielerlebnis nur marginal verändern, kommt der Fernattacke große Bedeutung zu: Nicht nur erlauben Pfeil, Feuerball, Explosivgeschoss und Greifhaken stets neue Fernkampf-Taktiken, diese Werkzeuge sind auch eng mit dem Leveldesign verknüpft: Mit dem flammenden Geschoss z.B. brennt man Rankenbarrieren nieder oder löst kleine Rätsel, wo man in einem Raum rasch alle Fackeln anzünden muss. Death’s Door ist zwar kein Metroidvania, hat aber für fortgeschrittene Spieler immer wieder Überraschungen und neue Wege parat, wenn man in alte Bereiche zurückkehrt. Letzteres ist dank der vielen Schnellreise-Pforten stets komfortabel möglich.
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