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Civilization: Beyond Earth (Taktik & Strategie) – Die galaktische Chipstüte

Was für eine Tradition: Seit 1991 sorgt das vom gleichnamigen Brettspiel inspirierte und von Bruce Shelley sowie Sid Meier konzipierte Civilization für anspruchsvolle digitale Unterhaltung. Mit Civilization: Beyond Earth katapultiert Firaxis die über zwanzig Jahre alte Rundenstrategie in den Weltraum – inklusive Aliens, Orbit & Co. Kann die futuristische Expansion überzeugen? Mehr dazu im Test.

© Firaxis Games / 2K Games

Spannendes Finale nach 300 Runden

Wir schreiben Runde 323 –  und da erscheinen endlich die ersten Kolonisten von der Erde in meinem rot glimmenden Warptor. Ein kurzer Blick auf die Konkurrenz: Ha, sie sind noch nicht so weit! Wenn ich zwanzig dieser Erdlinge auf diesem Planeten ansiedle, habe ich das Spiel gewonnen. Aber noch ist Vorsicht angesagt, denn ich kann pro Runde nur eine Gruppe aus dem Teleporter rufen und muss in der dicht bevölkerten Region erstmal Platz für die Siedlungen finden. Moment, wo soll ich den denn schaffen? Muss ich etwa noch einen Krieg riskieren? Und hey, wieso brauchen die Neuankömmlinge so lange? Ich sollte mehr Magnetschwebebahnen errichten, damit sie schneller von A nach B kommen…so ein Mist, wieso habe ich meine Infrastruktur nicht früher ausgebaut. Ach ja, wegen der Energiekosten.

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Alles fängt ganz bescheiden mit einer Siedlung auf einem fremden Planeten an. © 4P/Screenshot

Eigentlich wollte ich mit dem Warptor schon den Siegestaumel einleiten, aber irgendwie wirken diese Siedler auch sehr verletztlich – und ich bräuchte ja minimal 20 Runden! Diese Endphase ist ohnehin heikel: Einer meiner sieben KI-Rivalen könnte sein Projekt eher vollenden als ich meine Ansiedlung. Zwar habe ich über meinen mittlerweile sehr erfahrenen Agenten einiges geklaut und sabotiert oder zum Überlaufen animiert, was die Nachbarn so entwickelten, aber ich weiß auch, dass sie an zwei Siegen sehr nah dran sind. Außerdem haben sie in mindestens zwei meiner Städte ihre miesen Spione…

Und sie könnten mich natürlich überfallen. Bisher habe ich einen sehr loyalen Verbündeten in der „Afrikanischen Volksunion“ an meiner Westgrenze – das ist gut. Aber im Süden und Osten lauern mit dem „Südamerikanischen Staatenbund“, „Franco-Iberia“ sowie der „Slawischen Föderation“ drei sehr misstrauische und teilweise hoch gerüstete Nachbarn, die sich immer wieder abfällig über mich geäußert haben. Ich sei „armselig“ und „bedauernswert“ – ach ja? Diese skrupellosen Transgenetiker züchten doch nicht nur Aliens, sondern kreuzen sich mit ihnen! Ich musste ihnen Paroli bieten und sie ein wenig überwachen, damit die Tradition der Erde hier in der Galaxie nicht vor die Xenohunde geht.

Zwischen Harmonie, Reinheit & Vorherrschaft

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Da ist das rote Ding: Nach mehr als 300 Runden lockt das Warptor die Siedler von der Erde – der Spielsieg naht! Aber wo baue ich bloß die Siedlungen? Ist ja alles voll! Und hoffentlich werde ich nicht angegriffen… © 4P/Screenshot

Warum sie mich nicht mögen? Weil ich als Anführer(in) der „Amerikanischen Rekultivierungs-Gesellschaft“ (ARG) eine etwas andere, recht konservative humanoide Weltanschauung verfolge. Es gibt zwar keine Religionen in Civilization: Beyond Earth, aber die drei Affinitäten „Harmonie“, „Reinheit“ sowie „Vorherrschaft“. Und je nachdem wie man spielt bzw. forscht, kann man sich entweder auf einen Bereich konzentrieren oder sie kombinieren. Da ich mit 14 Punkten auf Reinheit eine klar alienfeindliche und erdtreue Expanison betrieben habe, wurden die so tolerant scheinenden Kollegen kürzlich sehr, sehr gehässig – viele miserable Angriffe ihrer „Alien-Kavallerie“ oder „Alien-Schwärme“ habe ich mit meinen tapferen AEGIS-Läufern und schwebenden LEV-Zerstörern bereits abgewehrt. Da fühlt man sich fast wie das Imperium, wenn die Jungs in den schweren Kampfanzügen da mit diesen Mutanten aufräumen!

Zu Beginn des Spiels habe ich allerdings noch sehr zurückhaltend und ausgeglichen agiert sowie alle drei Affinitäten gefördert, denn nur so konnte ich auch schrittweise deren Vorteile freischalten: z.B. weniger Schaden im Miasma, kostenlose Xenomasse, zusätzliche Expeditionen oder bessere Orbitüberwachung. Und vor allem die wichtige Gesundheit ließ sich nur durch gezielte Forschung oder Kulturboni aufrecht erhalten. Erst die moralisch und politisch brisante, aber recht militärisch effiziente Fixierung auf Reinheit, verbunden mit der produktionsfördernden Vorherrschaft, hat mich dann ab der Mitte des Spiels auf diese Siegerstraße gebracht und in der Gunst der Gegner in den Keller katapultiert. Sollen diese Alienfreunde doch ihren transzendalen xenoliberalen Hokuspokus betreiben!