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Broken Age (Adventure) – Zurück zu alter Rätselstärke?

Über ein Jahr lang hat Tim Schafer die Fans und Unterstützer auf die Geduldsprobe gestellt. Doch jetzt reicht Double Fine endlich den zweiten und abschließenden Akt des schwarmfinanzierten Adventures Broken Age nach, das die Kickstarter-Welle überhaupt erst ins Rollen gebracht hat. Ob das klassische Abenteuer nach dem holprigen Start endlich schwerere Rätselgeschütze auffährt und die Reise von Shay und Vella stilvoll beendet, verraten wir im Test – und das möglichst spoilerfrei!

© Double Fine Productions /

Getrennte Wege

Wir erinnern uns: Im ersten Akt verweigerte sich die kämpferische Vella dem Opferritual, sondern pustete das hungrige Monster Mog Chothra lieber vom Himmel. Zur Überraschung aller kletterte danach Shay aus dem Wrack – also der Junge, den man parallel zu der aufmüpfigen Dame steuerte und von dem man glaubte, er befindet sich wohlbehütet (oder besser: übertrieben behütet) an Bord eines Raumschiffs. Und so wurde am Ende der Schauplatzwechsel eingeleitet, nachdem Vella ins Innere des Wracks stolperte, Shay am Strand landete und beide erneut durch eine Wand voneinander getrennt wurden.

Der zweite Akt steht ganz im Zeichen dieses Wechsels: Während Shay sich durch das idyllische Fischerdorf und die Wolken-Gemeinde rätselt, um die nötigen Teile für ein Ersatzraumschiff aufzutreiben, setzt Vella im Inneren des verhassten „Mog Chothra“ alles daran, diesem Hightech-Gefängnis wieder zu entkommen. Dieser Austausch, der beide Protagonisten aus ihrer vertrauten Welt reißt, ist ohne Zweifel interessant und hat durchaus seine Reize. Doch er bringt leider auch einen gewaltigen Nachteil mit sich: Fast alle Räume, Schauplätze und Figuren kennt man bereits aus dem ersten Akt und angesichts des massiven Recyclings darf man sich zurecht die Frage stellen, woran Schafer und sein Team so lange gearbeitet haben. Ja, vor allem an Bord der vermeintlichen Raumschiffs wurden einige Bereiche schon alleine aufgrund der visualisierten Beschädigungen leicht umgestaltet, aber der Aufwand dürfte sich in

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Vella hat einen Plan – und dieser beinhaltet erneut Zerstörung. © 4P/Screenshot

Grenzen gehalten haben. Wo sind neue Abschnitte? Wo findet man weitere schrullige Charaktere? Trotz des Schauplatzwechsels für die Hauptfiguren und den daraus folgenden Ereignissen war ich enttäuscht darüber, wie wenig Neues man im zweiten Akt zu Gesicht bekommt.

Mehr Kopfarbeit


Auf der anderen Seite ist es faszinierend zu sehen, wie viele weitere Rätsel man in diese beschränkte und überwiegend bekannte Umgebung gepackt hat. War der erste Akt nicht nur von einer kurzen Spielzeit, sondern auch den viel zu leichten Rätseln geplagt, läuft Double Fine hier punktuell zur Hochform auf und präsentiert clever designte Kopfnüsse, deren oft kreative Lösungen sich trotz der weiterhin simplen Point’n’Click-Mechanik nicht länger auf den ersten Blick zu erkennen geben. In diesem Zusammenhang gefällt es mir auch gut, dass die beiden Protagonisten aufgrund ihrer räumlichen Trennung zwar nicht so effektiv zusammenarbeiten können wie etwa das Team aus Day of the Tentacle, sich einige wertvolle Hinweise für Shay-Aufgaben aber nur durch bestimmte Untersuchungen mit Vella ergeben und umgekehrt – toll!

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Die meisten Schauplätze und Charaktere kennt man bereits vom ersten Akt. © 4P/Screenshot

Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch einige Momente, die von nervigen Timing-Aktionen und dem redundanten Verkabeln eines putzigen Roboters geprägt sind. Gerade Letzteres wird so oft aufgegriffen, dass man fast schon meinen könnte, den Entwicklern wären irgendwann die Ideen für weitere Herausforderungen ausgegangen. Hier hat man es für meinen Geschmack etwas übertrieben. Etwas zu kurz kommt dagegen weiterhin der Humor, der teilweise sogar künstlich erzwungen wirkt – vor allem, wenn man Schafers andere Arbeiten wie Psychonauts, Day of the Tentacle oder Brütal Legend als Vergleich heran zieht. Zwar sorgen vor allem die verbalen Auseinandersetzungen mit dem sprechenden Besteck für den einen oder anderen Lacher, aber den Witz und Charme früherer Werke bringen die Abenteuer von Shay und Vella nur selten auf den Bildschirm.

Von Frodo bis Wil Wheaton


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Die Dialoge laufen im Multiple-Choice-Verfahren ab und enthalten oft wichtige Hinweise. © 4P/Screenshot

Eine klasse Arbeit leisten erneut die englischen Sprecher, darunter Elijah Wood und Jack Black. Die Lokalisierung, die man mittlerweile auch mit deutscher Sprachausgabe erleben darf, kann dem Original zwar nicht das Wasser reichen, geht aber insgesamt in Ordnung. Allerdings werden manche Dialogoptionen in den Multiple-Choice-Gesprächen auf Deutsch nicht komplett angezeigt, sondern am Ende einfach abgebrochen. Auch enden manche Gespräche abrupt. Das englische Original wirkt insgesamt professioneller, leidet mit zu leisen Stimmen allerdings hin und wieder unter leichten Abmischungsproblemen. Gut gefallen hat mir, dass man erfolglose Aktionen nicht immer wieder mit einem lapidaren „Das geht nicht“ oder „Das kann ich nicht“ abschmettert, sondern praktisch jeder noch so unsinnigen Idee eine eigene Dialogzeile spendiert hat.